Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 7

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Europäischen Union. Wieder einmal ist eine Lunte ans Pulverfaß Südosteuropa gelegt worden. Ein militärischer Einsatz von außen ist grundsätzlich berechtigt. Es ist aber mit der Federführung durch Italien keine besonders taktische Meisterleistung gelungen.

Meine Damen und Herren! Seit Jahren hat Österreich bei derartigen Fragen Probleme mit der Interpretation seiner Neutralität. Die heutige Gesetzesvorlage, die einen militärischen Einsatz in Albanien legistisch ermöglichen soll, spiegelt meines Erachtens wieder einmal eine bedenkliche Verfassungskultur wider. Ich bedauere, daß Professor Schambeck heute nicht auf der Rednerliste steht.

Wir haben es bei diesem Gesetzesbeschluß mit einer Anlaßgesetzgebung im Emmentaler-Prinzip zu tun: Auf ein Loch mehr oder weniger in der Bundesverfassung soll es nicht ankommen. – Es ist ein unwürdiges Schauspiel, das die Mehrheit in diesem Haus mit der Neutralität aufführt. Die Neutralität hätte wahrlich einen ehrenvollen Abschied verdient, denn sie hat uns Jahrzehnte gute Dienste geleistet. Die Sozialdemokraten gehen mit der Neutralität um wie mit dem "Konsum": lange Zeit Mauern aufbauen, Beruhigungspillen verteilen, aber ein böses Erwachen zum Schluß. Da brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung immer mehr zunimmt.

Die heutige Vorlage sollte man lieber Neutralitäts-Beliebigkeitsgesetz nennen. Mir kommt es vor, als ob da ein goldenes Kalb aufgebaut wird – ein goldenes Kalb namens Neutralität, das durch den Klubobmann der ÖVP, Dr. Khol, im Nationalrat bereits vor zwei Jahren in das Museum wörtlich verabschiedet wurde. Dieses goldene Kalb befindet sich de facto bereits im Museum, es wird nur fallweise aus dem Museum herausgeholt, und zwar dann, wenn man es zum Tanz benötigt, dann, wenn beispielsweise gerade ein Parteitag der Sozialdemokraten stattfindet. Nach Abhalten derartiger Veranstaltungen und Proklamationen wird es wieder in das Museum zurückgestellt und kann dort von einschlägig Interessierten bewundert, beklatscht oder auch angehimmelt werden.

Wir haben es darüber hinaus wiederum mit einem schlechten Beispiel des sogenannten Koalitionsturbos zu tun – eines Koalitionsturbos, der ebenfalls vom Klubobmann Khol verkündet wurde. Die Mechanismen dieses Turbos sind immer dieselben, so auch diesmal: jahrelanges Verdrängen – Phase 1, monatelange Beratungen – Phase 2. Die Phase 3 ist diesmal ganz rasch gelaufen, denn jetzt gibt es sogar eine Sondersitzung des Bundesrates, weil man in der gegebenen Zeit nichts weitergebracht hat. Warum brauchen wir diese Sondersitzung? – Offensichtlich, um eine internationale Blamage zu vermeiden. Das nenne ich wirklich Regierungsarbeit mit "Weitblick", meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Freiheitlichen sind der Meinung, daß die richtige und einzige Lösung ein NATO-Beitritt ist. Die Verhandlung mit der NATO diesbezüglich sollte möglichst rasch und gezielt aufgenommen werden. Warum? – NATO und WEU sind doch in Wahrheit nicht voneinander trennbar. Wir Freiheitlichen sagen das seit Jahren. Aber es wird von seiten der Koalition bestritten. Das dürfte aber dennoch heute die wohl einhellige Überzeugung sein, auch wenn es so manche noch nicht wagen, es öffentlich zu äußern.

NATO-Beitritt – warum noch? – Stellen wir doch die Sicherheit Österreichs vor veraltete Ideologien. Die Nachbarstaaten im Osten Österreichs wollen in die NATO. Wir erhalten in der NATO ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis für die Sicherheit Österreichs und könnten endlich klare Rechtsgrundlagen schaffen und damit überfällige Hausaufgaben erledigen. Wie ich schon gesagt habe: Verabschieden wir offiziell die Neutralität in allen Ehren!

Die Diskussion um die Neutralität begann bereits im Jahre 1990. Damals haben die Freiheitlichen mit ihrem Obmann an der Spitze die Diskussion über die Neutralität eingemahnt und gesagt: Nun heißt es wohl Solidarität vor Neutralität! Vier Jahre lang, bis zum Jahre 1994, hat es gedauert, bis sich Bundespräsident Dr. Klestil diesem Gedankengut anschließen konnte. Im Jahre 1995 hat ÖVP-Klubobmann Khol umgeschwenkt. Im Jahre 1996 kam mit Dr. Cap der erste prominente Sozialdemokrat, der sich in die Reihe der Umdenker stellte. Und im Jahre 1997, ganz aktuell, hat es sogar ÖVP-Vizekanzler Dr. Schüssel geschafft. Bundeskanzler Klima


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite