Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 19

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Sie fordern auf der einen Seite eine direkte Mitgliedschaft bei der NATO und bei der WEU, und manchmal verbindet man beides sehr eng: Als ob es dort nicht zu Einsätzen käme! Andererseits aber sind Sie gegen diesen Einsatz der Hilfeleistung in Albanien, der wahrscheinlich verglichen mit dem Kuwait-Einsatz oder anderen viel menschlicher ist, bei dem man also Menschen helfen kann.

Glaubt wirklich jemand, daß diese Einsätze – wie etwa in der Bosnien- oder Kuwait-Krise – völlig ungefährlich sind, sowohl in ihrer Gesamtabwicklung als auch für die einzelnen Teilnehmer und leider wahrscheinlich bald auch Teilnehmerinnen? – Aber Sie sagen das und warnen davor, daß, was wir alle nicht hoffen, dort ein Österreicher verletzt werden könnte, wonach man sagen wird: Schaut’s, hätten wir sie nicht hingeschickt, dann wäre das nicht passiert. – Bei all diesen Einsätzen besteht leider diese Gefahr. Auch die Einsätze in Zypern und auf den Golanhöhen waren nicht ganz ungefährlich für die Teilnehmer. Wer sich aber dafür freiwillig zur Verfügung stellt – und ich muß dieses Wort "freiwillig" wirklich betonen –, muß dieses Risiko, weil er es ja vorher kennt, auch auf sich nehmen. Es geht einfach nicht anders.

Ich habe gestern im Radio Steiermark ein Interview mit einem Teilnehmer, der sich gemeldet hat, gehört. Er wurde gefragt: Warum tun Sie das? – Und er hat darauf geantwortet: Ich bin unverheiratet, ich habe keine Kinder. Mit meinen Eltern habe ich gesprochen, sie haben Bedenken, sind aber grundsätzlich nicht dagegen. Ich will dort unten Erfahrungen sammeln, ich will die Menschen und die Situation in diesem Land kennenlernen. Ich möchte mir bei diesem Einsatz auch etwas Geld ersparen. Und ich hoffe, daß es zu keinen Ereignissen kommt, bei denen ich verletzt werde oder gar in Lebensgefahr gerate. Diese Risken gehe ich durch meine freiwillige Meldung zu diesem Einsatz ein.

Glaubt jemand, daß diese Gefahren und Risken als NATO-Mitglied geringer wären? (Bundesrat Dr. Rockenschaub: Aber das ist doch keine Frage, Herr Kollege!) – Dort bestünde sogar noch mehr Verpflichtung mitzuwirken. Ich sehe die Mitwirkung als Hilfsaktion und Unterstützung im friedlichen Sinne und als doppelt freiwillig, sowohl was Österreich betrifft, das sich freiwillig dafür entscheiden kann, als auch was den einzelnen Teilnehmer betrifft. (Bundesrat Dr. Tremmel: Es geht nicht um den Einsatz, sondern um die Vorbereitung des Einsatzes!)

Erlauben Sie mir folgenden Vergleich, der die Betonung der Hilfeleistung in inhaltlicher Weise darstellen soll: Es geht also um die Sicherheit, um die Hilfe bei Katastrophen, technisch, medizinisch und so weiter, und auch um die Demokratie. Als Vergleich ziehe ich jene Institutionen heran, die es innerstaatlich gibt und die uns helfen, diese Probleme zu bewältigen: Polizei und Gendarmerie. Sie regeln den Verkehr. Dazu brauchen sie normalerweise keine Waffen, außer sie müssen einen Verbrecher aufhalten. Sie brauchen also Waffen zur Verteidigung. Für die Demokratie brauchen wir diese Stärke. Die Polizei schlichtet Streitereien, sie verhindert Gewalt, und sie führt letzten Endes Delinquenten vor Gericht. (Präsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben Organisationen, die man wegen ihrer Freiwilligkeit diesbezüglich vergleichen kann: Ich meine damit die Freiwilligen Feuerwehren auf dem Lande oder die Bergrettung. Was tun sie? – Sie tragen zur Brandverhütung bei, indem sie aufklären, wie man die Entstehung eines Brandes verhindert. Sie bekämpfen den Brand am Objekt und für die Nachbarn und halten nachher eine Brandwache, damit dieser Brand nicht nochmals ausbricht. Da kann es in der Gemeinde nicht vorher einen Gemeinderatsbeschluß – womöglich mit Zweidrittelmehrheit – geben, ob die Feuerwehr ausrücken soll oder nicht. Genau das ist ja auch in diesem Gesetz gemeint, daß bei Katastrophen zu Hilfe geeilt werden soll, nämlich daß es möglichst rasch gehen kann.

Ich möchte dann noch als Beispiel die medizinische Hilfe hernehmen, etwa auch die Geburtenhilfe. Wir helfen dort einem Staat bei den Schritten der Geburt der Demokratie. Sie wissen genau, wie lange es nach dem Ersten Weltkrieg in Mitteleuropa, also auch bei uns, gedauert hat, bis wir mit dieser Demokratie umgehen konnten. Dies gilt erst recht für einen Staat, der abgeschnitten von der Außenwelt von einem autoritären System beherrscht wurde.


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