Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 57

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

noch mehr an Bedeutung gewinnen werden. Auch ich persönlich habe unter dieser Erwartungshaltung dieses Volksbegehren mit unterzeichnet.

Die Gentechnik ist also eine Technologie, die sowohl beträchtlichen Nutzen als auch Risken für Umwelt und Menschen bedeuten kann. Vor den Risken haben die Menschen Angst, und dies haben sie durch ihre Unterschrift dokumentiert.

Es war daher notwendig, ein neues, verbessertes gesetzliches Rahmengerüst zu konstruieren, das die Menschen in die Lage versetzt, vorhandene Chancen zu nützen und die Risken zu minimieren. Eine wichtige Forderung der sozialdemokratischen Fraktion war es daher, einen Interessenausgleich zwischen der Bevölkerung auf der einen Seite und der Wissenschaft und Wirtschaft auf der anderen Seite zu erreichen, um den Menschen Sicherheit ganz allgemein und Rechtssicherheit im besonderen zu geben. Dies kann man durch eine Vielzahl von Maßnahmen erreichen, und zwar durch mehr Information, durch mehr Transparenz, durch mehr Mitwirkungsmöglichkeit, durch verbesserte Haftungsregelungen und durch umfassende Kennzeichnung.

Das generelle Produktionsverbot ist aufgrund der fehlenden EU-Konformität und wegen des starken internationalen Warenverkehrs nicht umsetzbar. Eine wesentliche Bedeutung kommt daher der Kennzeichnung zu. Diese muß umfassend und lückenlos sein. Mit der Gentechnik-Kennzeichnungsverordnung vom 27. Februar 1998 und mit der Zusatzstoff-Kennzeichnungsverordnung zur Ergänzung der Novel-Food-Verordnung, welche im Entwurf vorliegt und bei der das Begutachtungsverfahren bereits abgeschlossen ist, befinden wird uns aber meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg.

Nun ist aber die EU am Zug. Ich glaube, daß der eingeschlagene Weg der umfassenden Kennzeichnung der einzig richtige ist. Denn wie könnte man sonst in einem freien Markt, in dem Lebensmittel aus der ganzen Welt in den Regalen unserer Läden stehen, diesem Problem begegnen? – Nur durch eine lückenlose Kennzeichnung können wir die Menschen vor dem Griff zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln bewahren.

Wir müssen aber auch den Druck auf die EU vergrößern und die Zeit unserer bevorstehenden Präsidentschaft dazu nützen, um in diesem Bereich europaweit etwas weiterzubringen. Das im Juli 1997 beschlossene Grundsatzpapier zur umfassenden Kennzeichnung, das noch in den entsprechenden Richtlinien und Verordnungen Eingang finden muß, sollte so schnell wie möglich umgesetzt werden.

Der zweite wesentliche Punkt des Volksbegehrens war: keine Freisetzung für genmanipulierte Lebewesen. Ein absolutes Freisetzungsverbot ist ebenfalls aufgrund fehlender EU-Konformität nicht möglich. Denkbar wäre allerdings – ich glaube, da bin ich mit meiner Fraktion eins; ich würde das wirklich sehr begrüßen –, regionale Verbote und Beschränkungen von Freisetzung und Aussaat gentechnisch veränderter Lebewesen in ökologisch sensiblen Gebieten zu erlassen. (Bundesrat Schaufler: Das ist eine Illusion!) Das glaube ich nicht, Herr Kollege! Ich glaube, daß das im Rahmen von Naturschutzlandesgesetzen geht. (Bundesrat Schaufler: Da müssen Sie die Bienen auch einsperren! Das ist ein Widerspruch!) – Okay. Meine Meinung ist eine andere.

Es hat aber bereits viele wichtige Neuerungen gegeben, die eine qualitative Verbesserung gebracht haben. Dies haben wir auch von meinem Vorredner gehört. Es handelt sich dabei um qualitative Verbesserungen, wobei zu sagen ist, daß kein Land in Europa – in Europa; ich betone dies deshalb, weil es zuerst eine Diskussion bezüglich Amerika gegeben hat – etwas Vergleichbares aufzuweisen hat. Viele dieser Verbesserungen konnten in diese Novellierung aufgenommen werden, wie etwa die Erweiterung der Parteienstellung, über die ausführlich diskutiert worden ist. Oder – das halte ich für besonders wichtig –: die Beweiserleichterung, die Auskunftspflicht der Betreiber und eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung.

Zusammenfassend kann festgestellt werden: Seitens meiner Partei hätte man sich sicherlich in mehreren Punkten die eine oder andere Verschärfung vorstellen können. Die heutige Gesetzesänderung stellt daher einen Kompromiß dar, aber einen Kompromiß, der für den Bürger mehr Sicherheit, mehr Transparenz und mehr Mitwirkung bringt. Eine Zustimmung zur vorliegenden


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite