Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 133

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Wir alle haben uns zu sehr an die täglichen Segnungen der industriellen Produkte und die damit zwangsläufig gekoppelten Abfallströme gewöhnt, sodaß es komplett illusorisch wäre, eine totale Umstellung unserer Gesellschaft auf ein völlig neues Produktions-, Konsum- und Werteschema zu erwarten. Wir alle müssen aber möglichst viele Weichen stellen, um in diese Richtung zu arbeiten; innerhalb der nächsten 20, 30 Jahre werden wir dies aber mit Sicherheit nicht schaffen.

Auch die sogenannte – heute schon von Ihnen zitierte – Verpackungsverordnung hat nicht den gewünschten Erfolg im Bereich der Müllvermeidung gebracht, sondern eher zu einer Zunahme des Kunststoffmülls geführt. Erstens geht es daher jetzt darum, rohstoffschonende, abfallarme Produktionsverfahren zu entwickeln und zu fördern. Und zweitens geht es darum, die stoffliche Verwertung von Altstoffen – soweit dies ökologisch sinnvoll und technisch machbar ist –, die biologische Verwertung, aber auch die thermische Verwertung der nicht mehr verwendbaren, aber energiereichen Abfallstoffe voranzutreiben.

Als jemand, der seit Jahren im öffentlichen Leben für die Vermeidung und die stoffliche Trennung des Abfalles kämpft, wäre ich sehr glücklich, wenn wir keine entsorgungsorientierte Gesetzgebung mehr bräuchten. Tatsache ist aber, daß wir ohne eine solche nicht auskommen werden. Es geht also darum, neben allen Vermeidungs- und Verwertungsstrategien auch die ökologischste und ökonomischste Lösung für die Entsorgung von Reststoffen zu finden. Dabei wird man auch über das Thema der thermischen Abfallverwertung nicht umhinkönnen. Die heutige thermische Verwertung hat mit der Müllverbrennung der siebziger Jahre nichts mehr gemeinsam. Die thermische Abfallverwertung nach dem neuesten Stand der Technik gewährleistet die weitgehende Zerstörung von im Abfall vorhandenen organischen Schadstoffen.

Meine Damen und Herren! Die immer wieder zitierten Dioxine und Furane werden fast gänzlich zerstört. Anorganische Stoffe, wie die Schwermetalle Quecksilber, Kadmium und so weiter, werden über Rauchgasreinigung und Reststoffaufbereitung konzentriert erfaßt und gebunden und können als solche wieder zurückgewonnen werden. Würden all diese Reststoffe deponiert werden, würden diese organischen und anorganischen Schadstoffe diffus verteilt werden und über Deponiegase und Sickerwässer zu einer Luft- und Grundwasserbelastung führen. Derzeit wird leider Gottes viel zu viel an solchen Reststoffen deponiert; auch in Deponien gelagert, die unzulänglich ausgestattet sind, weil diese Reststoffe zu Dumpingpreisen übernommen werden. Auch das hat mit Müllvermeidung nichts zu tun. Dies gilt es vor allem aus ökologischen Gründen zu vermeiden.

Vor zehn Jahren war ich überzeugt davon, daß man den anfallenden Müllberg ohne entsprechende thermische Verwertung in den Griff bekommen könnte. Die Entwicklung hat mich eines Besseren belehrt. Ich glaube daher, daß man die thermische Verwertung sehr schnell ausbauen, parallel dazu aber auch alle neuen technologischen Möglichkeiten beachten muß. Auch andere alternative Möglichkeiten wie zum Beispiel – um nur eines zu erwähnen – das Restmüllsplitting müssen durch entsprechende Förderungsmaßnahmen weiterentwickelt werden. Will man bis zum Jahre 2004 das Ziel erreichen, daß nur noch inertes Material abgelagert wird, dann muß man auch zur thermischen Verwertung stehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir glauben, und wir sind uns der Verantwortung gegenüber unserer Umwelt und unserer Nachfolgegeneration bewußt, daß wir uns mit dieser notwendigen Novelle auf dem richtigen Weg befinden. Wir wissen aber auch, daß noch in vielen Fällen Handlungsbedarf besteht. Es ist hier schon angedeutet worden, daß eine Überarbeitung des Abfallwirtschaftsgesetzes im Sinne eines Abfallwirtschaftsgesetzes 2000 dringend notwendig ist – und dies nicht nur wegen seiner nicht mehr optimalen Lesbarkeit.

Die sozialdemokratische Fraktion wird daher den Änderungen die Zustimmung erteilen und gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch erheben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.35

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Karl Wilfing. Ich erteile ihm das Wort.


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