Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 111

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So weit die Entschließungen des Bundesrates.

Meine Damen und Herren! Der hinhaltende Widerstand der Bevölkerung hat dann zum so genannten Melker Prozess geführt. Dieser Melker Prozess hat zwei ganz wichtige Bereiche festgelegt, nämlich zum einen eine umfangreiche UVP und zum anderen einen Prozess zwischen den beiden Regierungen. Die gesteckten Ziele sind bei weitem nicht erreicht worden. Zum Beispiel wurde die so genannte Nullvariante, die Ausstiegsoption, mit Tschechien überhaupt nicht diskutiert, obwohl sie Bestandteil der UVP hätte sein sollen.

Der österreichische Expertenbericht, der massive Sicherheitsmängel des Kernkraftwerkes aufzeigt, wurde von der Bundesregierung vorerst einmal wochenlang unter Verschluss gehalten. All diese Maßnahmen zeigen mir, dass es an der notwendigen Ernsthaftigkeit gefehlt hat. Außer knieweichem Herumtaktieren hat es von den handelnden Personen keine nennenswerten Aktivitäten gegeben.

Anstatt mit Tschechien intensiv und mit allem Nachdruck zu verhandeln und sich auch europäische Bündnispartner zu suchen, gibt es seit Wochen innerhalb der Bundesregierung nur divergierende Aussagen zum Thema Temelin. Der Melker Prozess findet sozusagen zwischen den Regierungsparteien statt.

Meine Damen und Herren! Die Aussage des Bundesministers Molterer, dass jetzt nichts mehr zu machen sei und Tschechien alles alleine entscheiden könne, ist eigentlich eine Bankrotterklärung. Ich frage mich: Wie soll man da weitere Verhandlungen führen, wenn man von vornherein eingesteht, dass man da sowieso nichts machen kann? – Dementsprechend sind auch die Medienberichte in den Zeitungen. Die "Kronen Zeitung" schreibt zum Beispiel nach dem Temelin-Umfaller: Tschechien feiert den Bundesminister Molterer.

Der Herr Bundeskanzler hat aber gesagt: Jetzt ist die Stunde der Verhandlungen – ich verstehe die ganze Aufregung nicht! – Das zeigt eigentlich die ganze Tragweite dieser Diskussion.

Die "Freundlichkeiten" zwischen den Regierungsparteien sind kaum mehr zu überbieten. Im "Standard" war heute zu lesen, dass die Freiheitliche Partei vom niederösterreichischen Landeshauptmann verlangt, er solle zu Temelin Stellung nehmen.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich, Erwin Pröll hat gesagt: Die Freiheitlichen sollen sich nicht aufplustern, denn der Zeitpunkt ist nahe, wo die Blauen auch bei Temelin eingehen werden wie die "böhmische Leinwand". – Anscheinend sind sie auch vorher schon ein paar Mal eingegangen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Bei uns sagt man eben "böhmische Leinwand."

Meine Damen und Herren! Während sich die Bundesregierung mit sich selbst beschäftigt, kämpft die Bevölkerung gegen Temelin und kann bereits erste – zwar kleine, aber immerhin – Erfolge vorweisen. So hat das Kreisgericht in Budweis einer Beschwerde stattgegeben und einen Teilbebauungsplan aufgehoben. Das ist sicherlich ein ganz kleiner Schritt, zeigt aber, dass man, wenn man sich intensiv einsetzt, doch etwas erreichen kann.

Meine Damen und Herren! Wir müssen den gesamteuropäischen Atomausstieg zum Ziel haben und diesen mit aller Vehemenz betreiben. Das ist aber nur dann möglich, wenn die Bundesregierung auch Taten setzt und sich nicht nur in inneren Streitereien ergeht. Gerade jetzt, meine Damen und Herren, nach dem 11. September muss uns allen bewusst sein, dass es für die Atomkraftwerke keinen absoluten Schutz vor Terrorangriffen gibt. Und wir alle müssen uns davor fürchten, dass, wenn ein solcher GAU passiert, auf zig tausend Jahre hinaus wirklich das ganze Land kaputt ist.

Abschließend fordere ich die handelnden Personen auf, den Melker Prozess endlich umzusetzen und auch die österreichische Bevölkerung über die Ergebnisse zu informieren. Mit Veto-Drohungen werden wir nichts erreichen, und vor allem schützen sie auch niemanden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

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