Bundesrat Stenographisches Protokoll 689. Sitzung / Seite 44

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jetzt weit entfernt. Seien wir froh, dass sich die Umfeldbedingungen so geändert haben, dass wir nicht mehr eine 300 000-Mann-Armee benötigen, sondern auf eine viel kleinere, wahrscheinlich auch viel professionellere Armee hinweisen können und diese aufbauen wollen!

Es wird in Zukunft sicherlich notwendig sein, die Militärakademie und die Landesverteidigungsakademie größenordnungsmäßig, das heißt der Anzahl der Auszubildenden nach, dieser kleineren Armee anzupassen. Sonst wird man in wenigen Jahren wiederum einen großen Kopf und kurze Beine haben. Das haben wir am deutschen Beispiel erlebt. Auch in der deutschen Bundeswehr gab es Reformen, die mit einem Abbau des Personalstandes verbunden waren, und denen musste fünf Jahre später eine weitere Personalabbau-Aktion folgen. Es ist sicherlich nicht die Absicht dieser Reform, diesen Dingen auszuweichen. Es werden weitere kleine Schritte sukzessive folgen.

Wir sollen uns auch, so glaube ich, bei der Reform oder bei unserem Bundesheer nicht ständig vom 11. September nötigen lassen. Der Herr Bundesminister hat in einer Anfragebeantwortung darauf hingewiesen: Manche Dinge sind auf jeden Fall nötig, ob nun mit oder ohne 11. September des letzten Jahres. Ich denke zwar, dass der 11. September seine Auswirkungen hat, es ist jedoch mein Wunsch und ich halte es für notwendig, dass wir die österreichischen Bemühungen verstärken, um soziale und politische Gerechtigkeit in jener Krisenregion, auf die der 11. September wohl zurückzugehen scheint, herzustellen. Lassen wir uns nicht in Zugzwang bringen von einer oder mehreren Großmächten, die, gelinde gesagt, durch Untätigkeit daran beteiligt sind, dass soziale und politische Gerechtigkeit in diesen Bereichen der Welt noch nicht eingetreten ist! Aber Reformen des Bundesheeres müssen, wie ich sagte, unabhängig vom 11. September sein.

Die beste Anti-Terror-Allianz ist soziale und politische Gerechtigkeit (Beifall bei den Freiheitlichen) und nicht die Dominanz einer exterritorialen Großmacht. (Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es!) Daher stimme ich auch mit dem einen oder anderen Kritiker jenes Wortes – zum Glück ist dieses Wort in Österreich nicht gefallen – überein: "uneingeschränkte Solidarität"! Keine "uneingeschränkte Solidarität" mit einer Großmacht! Das sind andere Interessen, das sind nicht österreichische Interessen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Günter Grass – in der heutigen "Presse" kann man davon lesen, und wahrscheinlich auch in der "Frankfurter Allgemeinen" – meint, der jetzige Kampf gegen den Terrorismus tabuisiere die Fragen nach: erstens den Ursachen des Terrors, zweitens der Missachtung der Dritten Welt und drittens der Notwendigkeit einer neuen Wirtschaftsordnung. Ich glaube, das sind Punkte, die wir überlegen müssen, um dem Terror Herr zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist erfreulich, dass sich auch die sozialdemokratischen Kameraden und Kollegen hier im Hohen Haus um das Bundesheer, um die Landesverteidigung besorgt zeigen. (Bundesrat Gasteiger: Logisch!) Herr Kollege Gstöttner hat das heute in der Fragestunde bewiesen, und auch Herr Kollege Reisenberger hat große Sorge gehabt, insbesondere betreffend die Notwendigkeit der Hubschrauber, wenn ich mich richtig erinnere.

Unser aller Sorge soll sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier im Landesverteidigungsministerium, pardon im Hohen Haus (Heiterkeit), die auch gegenüber den Herren vom Landesverteidigungsministerium vorgebracht werden soll: Mit einem 0,8-Prozent-Budget lassen sich die Aufgaben einer ernst zu nehmenden Landesverteidigung nicht erfüllen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Wenn ich, ohnedies bescheiden, 1,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes fordere, dann sind wir noch weit unter dem internationalen Durchschnitt und weit unter einem Landesverteidigungsbudget, wie wir es im Jahr 1984 mit 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hatten.

Aber ich weiß, dieses Geld muss auch vom österreichischen Steuerzahler erwirtschaftet werden. Es müssen die Ausgaben entsprechend überdacht und durchgedacht werden, und das Geld muss zugewiesen werden. (Bundesrat Reisenberger: Und für was?) Ich sehe wenig Sinn darin, wenn es durch eine unglückliche Budgetierung zu einer Mehr-Klassen-Armee im österreichischen Bundesheer kommt: einer Gruppierung, den Luftstreitkräften, mit modernem Gerät


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