Bundesrat Stenographisches Protokoll 689. Sitzung / Seite 62

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aktivist in Österreich unterwegs sein wird. (Bundesrat Weilharter: Werden Sie dann dafür stimmen, Frau Kollegin?) Oder aber, Herr Minister, werden Sie etwa die dissonanten Stimmen, die zwar nicht sehr laut, aber in den Medien nachlesbar sind, etwa des Kollegen Bundesrat Hagen, zum Verstummen bringen, indem Sie aus der Liste der Bürgerwehraktivisten – wir konnten diese nachlesen, es gibt sehr viele in ganz Österreich – Personen für Recherche- und Spitzeldienste auswählen, diese so genannten privaten Hilfspersonen ausbilden und vielleicht auch rekrutieren, derer sich die Polizei und die Exekutive in Hinkunft per Entgelt und Belohnung bedienen sollen?

Herr Minister! Private Ermittler mit dem Schutz der geänderten Identität durch ein Gesetz legitimiert und behütet – das hat nichts mit Parteipolitik zu tun, sondern ich bin davon überzeugt, wie auch immer Ihre Antwort ausfallen wird, Sie können sich, auch wenn Sie nur ganz wenig Phantasie aufbringen, diesen demokratiepolitischen Missbrauch durchaus vorstellen. Daher ist es mir unverständlich, was Sie hier vorgelegt haben. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Im Übrigen habe ich mir am Anfang meiner Wortmeldung erlaubt, meiner Enttäuschung Ausdruck zu verleihen. Natürlich weiß ich auch, dass Enttäuschung nur mit zwei Dingen zu tun haben kann: mit Täuschung oder mit Selbsttäuschung, und das schließe ich auch nicht aus. Aber ich lasse Ihnen die Beantwortung meiner Fragen offen.

Herr Minister! Sie haben in der Vergangenheit hin und wieder recht keck formuliert oder haben etwaige Kritik aus dem südlichsten Bundesland und dessen derzeitigem Landeshauptmann pariert, indem Sie gemeint haben: Na ja, ich bin offensichtlich der Lieblingsminister des Herrn Haider. – Das habe ich dereinst vielleicht auch noch mit einem Lächeln zur Kenntnis genommen. Herr Minister! Angesichts dessen, was Sie in den letzten Wochen und Monaten vollzogen haben, ist diese Aussage: "Wahrscheinlich bin ich der Lieblingsminister des Jörg Haider!", nicht mehr ironisch und schon gar nicht mehr zynisch, sondern Sie sind ganz offensichtlich der Lieblingsminister dieses Landeshauptmannes. Vergleicht man Sie etwa mit – ich nehme nur einen Minister aus der FPÖ-Riege – Karl-Heinz Grasser, dann muss man sagen: Dieser ist ein kritisch revolutionärer Geist, der hin und wieder auch ganz offen dagegen hält. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Eine Bemerkung zu den neuen Sprachkreationen, denn Sie haben Ungeheures auch in der Begrifflichkeit geleistet. Ich gebe zu, ich bin Germanistin, aber ich werde das trotzdem herunterlesen, denn ich habe das nicht verstanden. Ein Exekutivbeamter – ausnahmsweise der ÖVP, weil auf die Roten kann ich mich ja laut Minister Strasser nicht verlassen – hat mir das erklärt: Ihre Methode heißt ASP-Methode. Ich habe gefragt: Was ist das? – Da hat man mir gesagt, das sei die Absystemisierungspolitik. Absystemisierung. – Ich gebe zu, "System" kenne ich, "ab" kenne ich auch, aber "Absystemisierungspolitik"!? – Das ist das gängigste Wort unter Gendarmen und Polizisten, und sie haben mir es erklärt.

Herr Minister! Sie werden mir zugestehen, dass ich hier nicht den Polizisten zitiere, sondern meine Interpretation formuliere: Sie bauen Personal ab und eliminieren nicht nur Generäle. Im Übrigen, Herr Minister: Sie haben nicht General Oskar Strohmeyer etwas Böses angetan. Sie haben selbst gemerkt, dass Sie sich mit diesem Eliminieren den eigenen, äußerst loyalen "Hitzeschild" selbst weggezogen haben. Das heißt, nicht Herr Oskar Strohmeyer hat massive Probleme – ein qualifizierter Beamter im öffentlichen Dienst ist überall einsetzbar –, sondern Sie haben sich diesen Hitzeschild mit dieser Maßnahme selbst weggenommen, und damit müssen Sie selbst fertig werden.

Sie liquidieren auch Kritik, Herr Minister, und Sie kommentieren es auch öffentlich. Sie manipulieren Kriminalstatistiken, beziehungsweise Sie lassen manipulieren. Das ist überhaupt etwas Merkwürdiges! Man hat mir erzählt, dass eine Kriminalstatistik erarbeitet wurde und im Nachhinein eine Gruppe ausgeschickt wurde, um dann noch einmal nachzuzählen, um andere Zahlen zu bekommen. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)


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