Bundesrat Stenographisches Protokoll 729. Sitzung / Seite 63

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Ein maßgeblicher Punkt der Einspruchsbegründung ist der Hinweis auf die Notwendig­keit, für mehr als drei Monate dauernde Verkehrsbeschränkungen auf Autobahnen und Schnellstraßen die Zustimmung des Verkehrsministers einholen zu müssen, womit in die – unter Anführungszeichen – „Vollzugshoheit“ der Landeshauptleute eingegriffen werde. Gelegentlich – auch hier in dieser Debatte – hört man auch den Hinweis, es werde damit in Länderrechte eingegriffen.

Abgesehen davon, dass im Gesetz von keinem förmlichen Zustimmungsverfahren (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: So ist es!), sondern lediglich von herzustellendem Einvernehmen die Rede ist – was auch formlos, allenfalls durch Stillschweigen, erfol­gen kann –, ist Folgendes wesentlich: Beim Immissionsschutzgesetz-Luft handelt es sich gar nicht um eine Länderzuständigkeit, für die Gesetzgebung und die Vollziehung ist ganz eindeutig der Bund zuständig. Das ist in den Kompetenzartikeln unserer Bun­desverfassung nachzulesen.

Entsprechend der hier anzuwendenden mittelbaren Bundesverwaltung wird der im Ge­setz häufig genannte Landeshauptmann beziehungsweise die Landeshauptfrau nicht als Organ des Landes, sondern als Organ des Bundes tätig. Er hat im Rahmen des ihm eingeräumten freien Ermessens auch keineswegs eine Vollzugshoheit, wie Sie an­genommen haben, weil er dem Weisungsrecht des Bundes unterliegt. Die politische und rechtliche Letztverantwortung liegt also auch in der Vollziehung ganz eindeutig beim Bund.

Eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf einer Autobahn nach drei Monaten wieder zu­rückzunehmen, konnte der Bund schon bisher mit einer Weisung durchsetzen, und er kann das weiterhin tun. Neu und nun wirklich nicht ganz spannungsfrei ist lediglich, dass neben dem Umweltminister nun auch der Verkehrsminister faktisch eine gewisse Einflussnahme erhält, was, aller Arabesken entkleidet, darauf hinausläuft, dass der weisungsberechtigte Umweltminister und der zu konsultierende Verkehrsminister einen gemeinsamen Nenner vertreten sollten und wohl auch werden vertreten müssen.

Ein wesentliches Anliegen der Umweltreferentenkonferenz vom 25. November war die Rechtssicherheit für die bisher gesetzten Maßnahmen. Sie dürften, so die Umweltrefe­renten, durch die Novellierung des IG-Luft nicht beeinträchtigt oder gar außer Kraft ge­setzt werden. Diesem Anliegen ist, wie auch im Ausschuss deutlich wurde, Rechnung getragen worden. In § 9 Abs. 9 ist eindeutig festgelegt, dass für frühere Grenzwert­überschreitungen die bisherigen Regelungen weiter anzuwenden sind.

Für die Vertagung des Gesetzesbeschlusses über die „Familie & Beruf Manage­ment GmbH“ war geltend gemacht worden, man wolle das unterlassene Begutach­tungsverfahren nachholen, und der Ausschuss hat dazu auch die Einholung von Stel­lungnahmen der Länder beschlossen. Solche Stellungnahmen wurden auch diesmal eingeholt, allerdings nicht vom Ausschuss, sondern von den Fraktionsvorsitzenden der SPÖ und der Grünen. Die Rückantwort war auch nicht an die Bundesratskanzlei, son­dern an einzelne Klubmitarbeiter erbeten. Daher kennen wir diese Stellungnahmen gar nicht, was schade ist, weil ich mich mit dem Einwand der Umweltrechtsabteilung des Landes Oberösterreich gerne fundiert auseinander gesetzt hätte.

Das ist eine neue, durchaus merkwürdige Vorgangsweise. Sie erweckt auch bei vielen Empfängern dieser Briefe den Eindruck, es handle sich nicht um ein der Sache ver­pflichtetes Begutachtungsverfahren, sondern um eine parteipolitisch motivierte Suche nach Argumenten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) In der Einspruchsbegründung können bemerkenswerterweise auch nur Stellungnahmen von drei Ländern angeführt werden. Es wäre gut, die Sorge auszuräumen, dass sich zwei Fraktionen durch eine solche Vorgangsweise gleichsam selbst zum Bundesrat erklären wollten. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

 


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