Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 177

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

wirtschaften und personalmäßig auf einen Mindeststandard bringen, daß ein Patient in einem Notfall, der einen akuten Herzinfarkt hat, Glück haben muß, wenn der entsprechende Internist im Spital anwesend ist. Da kommt der Chirurg daher, weil der dann zufällig da ist.

Montag ist Chirurgie, Montag dürfen nur die Blinddärme kommen, Dienstag Gynäkologie, da machen wir alle Geburten, Mittwoch – und so weiter. Das geht so weiter wie die Speisekarte in der Cafeteria. – So kann es doch wohl nicht sein! Bei Notfällen geht es um Minuten und Sekunden! Da kann ich nicht den Herrn Doktor von zu Hause holen.

Diese "15 Minuten" sind auch schon gefallen. Diese Rufbereitschaft heißt, er muß in einem absehbaren Zeitraum da sein, das kann vom kurzen Austreten bis über das ganze Wochenende sein. In der Zwischenzeit ist der Turnusarzt, der vom Gesetz her dazu überhaupt nicht berechtigt ist – er ist überhaupt nicht berechtigt dazu!, selbständig am Patienten tätig zu werden –, für alles verantwortlich. Das wird jetzt legalisiert. Während des Vormittags ist der Turnusarzt da, darf er nur unter fachärztlicher Anleitung am Patienten tätig werden und ärztliche Tätigkeiten ausüben, weil er das ius practicandi nicht hat, weil es vom Gesetz her so vorgeschrieben ist und weil es verantwortungslos wäre, einem Arzt, der nur die theoretische Ausbildung auf der Universität fertig absolviert hat, aber noch keine praktische Erfahrung im Spital hat, den Patienten eigenverantwortlich zu überlassen.

Schlag 12 Uhr mittag gehen die Primar- und Fachärzte oftmals schon nach Hause oder spätestens am Abend. Da kommt es zu einer seltsamen Umwandlung des Turnusarztes. Das ist ja so wie beim Werwolf, da wird er mächtig und stark, oder er wird "Popeye the Sailor". Da weiß er alles, da kann er alles, da ist er auf einmal der Primararzt – alleinverantwortlich für die gesamte Abteilung!

Kollege Rasinger, du verstehst das, darum lächelst du mir zustimmend zu. Du weißt das genau, darum weißt du auch, daß du deinen Mann in deiner Fraktion in diesem Fall gestellt hast. Du hast zwar bei den Verhandlungen versagt, denn du hast alles mitverhandelt mit der Frau Bundesminister, aber wenigstens jetzt zeigst du Stirn.

Aber, Kollege Rasinger, dein Engagement sollte ein bißchen weiter gehen. Die Oppositionsparteien haben miteinander 60 Mandate. 61 Mandate würden ein Drittel ausmachen, und ein Drittel der Abgeordnetenstimmen brauchen wir, um eine Gesetzesmaterie, die offensichtlich gesetzwidrig und verfassungswidrig ist, aus der Welt zu schaffen und vom Verfassungsgerichtshof prüfen zu lassen. Wir haben schon so einen Fall, Kollege Rasinger: Die Werkvertragsregelung wird bereits geprüft. 61 Abgeordnete haben unterschrieben, ein Drittel der im Nationalrat vertretenen Abgeordneten. Eine Kollegin, Frau Abgeordnete Cordula Frieser, stellt ihren Mann. Als einzige Abgeordnete der ÖVP wagte sie es, diesen Antrag zu unterschreiben, und diese Misere der Werkverträge kann jetzt vom Verfassungsgerichtshof geprüft werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was macht Kollege Rasinger? – Er könnte "die Frieser" in der Gesundheitspolitik sein. Rasinger könnte jetzt nicht nur heute bei der Abstimmung sitzenbleiben, er könnte wirklich weitergehen. In der Hand Rasingers würde es heute liegen, die 61. Unterschrift zu leisten. Wir lassen die gesamte Rufbereitschaftsmisere vom Verfassungsgerichtshof prüfen, und ich bin überzeugt davon, Kollege Rasinger, daß du dein Ziel erreichst, daß dieser Unsinn, wie du selber gesagt hast, endlich aus der Welt geschafft wird, daß unsere Patienten wieder eine ordentliche Versorgung haben und daß sich unser Pflegepersonal nicht weiter fürchten muß, denn das ist auch stark betroffen davon, ebenso alle in Ausbildung stehenden Ärzte. Sie haben Angst, schreiben sie.

Da schreibt mir eine Turnusärztin: Bei uns herrschen Angst und Verunsicherung. Die Idee, daß wir allein Nachtdienst machen sollen, ist für uns unvorstellbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe abschließend noch einen Entschließungsantrag einzubringen. Es geht ja nicht nur um die Rufbereitschaft, aber das mußte ich mit aller Deutlichkeit einmal gesagt haben, sondern es geht auch darum, daß die schon am Vormittag beschlossene und von mir kritisierte Limitierung der Gelder, der Zahlungen der Krankenkassen


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite