Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 179

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Weltweit ist es auch ein Kampf zwischen jenen, die mehr oder weniger auf dem Geldsack sitzen, die wirtschaftlich denken müssen, und jenen, die für Patienten Leistung erbringen müssen. Einer sogenannten Kostenexplosion, die sehr oft weltweit und auch in Österreich beschworen wird, steht – und das wird leider oft verschwiegen – eine Leistungsexplosion gegenüber.

In Amerika beträgt der Anteil des Bruttonationalproduktes hiefür 14 Prozent, bei meiner Meinung nach mäßigem Erfolg, trotz Spitzenleistungen – in Österreich 10 Prozent. Stellen wir außer Streit, daß das österreichische System sehr kostengünstig ist – und das bei hoher Qualität.

Österreich gehört diesbezüglich meiner Meinung nach sicher zu den zehn besten Ländern der Welt. Und das österreichische Spitalswesen, um das es heute im wesentlichen geht, hat bei einer unabhängigen Untersuchung im Auftrag des deutschen Gesundheitsministers vor zwei Jahren den zweitbesten Platz, was die Wirtschaftlichkeit betrifft, eingenommen. Das heißt, mit Reformschritten wird dieses gute System hoffentlich zu einem noch besseren System.

Lassen Sie mich ein Zitat von Minister Seehofer – einem unverdächtigen Zeitzeugen – bringen, der heute in einer großen deutschen Zeitung gesagt hat: Ich will auch in Zukunft, daß ein 80jähriger eine künstliche Hüfte unabhängig von seinem Einkommen bekommt. – Das ist genau das Problem, von dem wir reden und das wir uns vor Augen halten sollten.

Wir alle hier sehen die Welt mit den Augen der Gesunden. Die Gesunden sagen mir immer, es ist alles zuviel, alles zu teuer. – Wenn sie krank werden, ist alles anders. Ich habe erst vor kurzem einem Manager erklären müssen, daß er eine chronisch-lymphatische Leukämie hat, jemandem, der mir immer lächelnd gesagt hat: Na, Herr Doktor, ich weiß ja genau, ihr Ärzte wollt gut verdienen, und das Ganze, was ihr macht, ist eigentlich nicht notwendig! Als er jetzt krank war, habe ich dasselbe gehört, was ich die ganzen 14 Jahre meiner ärztlichen Tätigkeit immer gehört habe, nämlich: Wo ist die beste Betreuung, und wie kann ich sie schnell bekommen? – Von Geld war nicht die Rede.

Ich möchte jetzt auf die Reformen eingehen.

Es ist ein beachtlicher Reformschritt, der jetzt in Österreich gemacht wird. Verkürzt gesagt: Es ist eine Verländerung des Spitalswesens. Das ist für die Länder eine große Verantwortung, dies auch optimal umzusetzen.

Die leistungsorientierte Finanzierung ist ein vernünftigeres Abrechnungssystem als das bisherige Tagsatzsystem, fordert aber auch die Verantwortung, daß man nicht in die sogenannten guten Leistungen ausweicht, nämlich Punkte schindet durch überflüssige chirurgische Leistungen, und daß man dann Leistungen vermeidet, wie etwa an alten komplizierten internistischen Patienten, die wahrscheinlich nicht so gut bepunktet sind. Das sind nicht meine Erfahrungen, sondern das sind internationale Erfahrungen. Da wird die Ethik der Ärzte, aber auch der Spitalserhalter und Länderverantwortlichen gefordert sein.

Ein Wort zur Rufbereitschaft. Ich persönlich möchte mich nicht verschweigen: Ich habe Sorge, daß man unter dem Kostendruck der Spitalserhalter möglicherweise in Richtung Minimallösungen geht. Für die Kleinspitäler mag die Rufbereitschaft angehen, und ich glaube, dort ist sie eine Qualitätsverbesserung. Für die 66 erweiterten Standardspitäler – für jene, die sich nicht auskennen in der Spitalslandschaft: das sind Spitäler mit vier bis neun Abteilungen –, glaube ich, ist sie meiner Meinung nach ein Risiko, ein Risiko auch für die Kleinsten, nämlich die Turnusärzte.

Mir wäre es persönlich lieber gewesen, wenn wir zumindest eine zweijährige Fachausbildung oder einen abgeschlossenen Turnus gehabt hätten.

Ich komme zum Abschluß, weil das Wochenende naht. In vier Jahren werden wir sehen, ob diese große Reformchance von den Ländern wahrgenommen worden ist. Ziel, meine Damen und Herren, muß es aber immer sein, die international hohe Qualität, die wir haben,


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