Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 185

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springen kann, steht der Turnusarzt, die Turnusärztin allein da. Und wir wissen alle, daß es gerade in Notfällen nicht auf Fachwissen ankommt, das die Absolventen und Absolventinnen eines Hochschulstudiums mit Sicherheit haben, sondern es kommt auf die Routine an, auf die Erfahrung. Man muß auch wissen, wie man mit vielleicht einigen gleichzeitig auftretenden Notfällen umgeht. Diese Situationen gibt es.

Ich sage Ihnen wirklich: Wenn diese Regelung auch nur einen einzigen Menschen in diesem Land gefährdet, dann haben Sie diese paar Millionen wirklich schlecht und am falschen Ort und in einer inhumanen Weise gespart. (Beifall bei den Grünen.)

Noch eines gebe ich zu bedenken, vor allem aus der rechtlichen Sicht der Haftung. Wie wird es denn aussehen? Wie werden denn vor allem Turnusärztinnen und -ärzte von ihrer Kollegenschaft im Spital angesehen werden, wenn zum Beispiel ein derartiger Arzt, eine derartige Ärztin den rufbereiten Facharzt, die rufbereite Fachärztin tatsächlich oft ins Spital holt?

Nehmen Sie an – auch das kann passieren –, daß dies vielleicht einmal, zehnmal, 20mal erfolgt, ohne daß es absolut notwendig gewesen wäre. Dann wird dieser Turnusarzt, diese Turnusärztin sicher sehr bald von der Kollegenschaft hören: Das ist derjenige, das ist diejenige, die bei jeder Gelegenheit um Hilfe ruft. Und vielleicht wird sie oder er es dann beim elften oder beim 21. Mal nicht mehr tun. Und dann kann jener Fall auftreten, der tatsächlich nicht mehr beherrschbar ist, außer mit größter Routine, und wo es vielleicht wirklich auf zwei, drei Minuten ankommt.

Meine Damen und Herren! Wir sagen Ihnen, auch der Frau Gesundheitsministerin, die im Moment offenbar anderes zu tun hat (Bundesministerin Dr. Krammer spricht mit der bei der Regierungsbank stehenden Abg. Hostasch ), bei vielen Gelegenheiten – und es spricht das, was hier läuft, für diese Debatte, daß die Gesundheitsministerin ganz offenbar während einer Nationalratsdebatte in eine völlig andere Unterhaltung vertieft ist und überhaupt nicht mehr beachtet, was hier seitens der Opposition ... (Bundesministerin Dr. Krammer: Nein! Zur Sache!) Die Sache ist das, was jetzt hier vom Rednerpult aus gesagt wird, und zur Sache ist nicht das, was an Nebengesprächen geführt wird – mit Verlaub, Frau Bundesministerin. (Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder. )

Sie sagen bei jeder Gelegenheit, die Opposition möge sich an ernsthaften Debatten beteiligen. Wenn diese Debatten stattfinden, dann hören Sie sich einmal an, wie sie sind und wie auch die zuständige Ressortministerin auf juristische Argumente, die hier noch nicht gefallen sind, reagiert, indem sie sich nämlich in ihre Unterlagen oder in Gespräche vertieft. Ich finde das nicht sehr fair.

Zur Kostensenkung gibt es sehr viele Ansätze. Sie sind aber allesamt nicht im Spital zu beginnen. Wenn Sie mit ökonomischen Überlegungen, mit Kostenargumenten im Spital beginnen, dann kommen Sie allemal und jedenfalls zu spät.

Sie können nur wirklich Kosten senken, wenn Sie bereit sind, die Strukturen des Gesundheitswesens grundsätzlich zu verändern, das heißt, viel, viel mehr in Prävention zu investieren, und zwar von der Schule an bis hin in die Arbeitswelt, bis hin zu Beratung und Aufklärung, und zwar durch möglichst kompetente Fachleute, durch Ärztinnen und Ärzte oder fachlich geschultes Personal. Es muß darüber Beratung erfolgen, wie man gesund bleibt, und Sie müssen auch die Strukturen im Gesundheitswesen ändern.

Wir brauchen tatsächlich Zusammenschlüsse von Ärztinnen, von Ärzten außerhalb des Krankenhauses, also Gruppenpraxen. Wir brauchen Sozial- und Gesundheitssprengel. Wir brauchen Tageszentren für Menschen mit speziellen Bedürfnissen, insbesondere für ältere Menschen. Diese brauchen nichts in Spital, aber sie brauchen eine ganz spezielle, und zwar hochkompetente Betreuung. Das kann alles sehr, sehr viel Geld sparen. Aber im Spital gerade bei der Notfallversorgung zu sparen, das ist unmenschliches und lebensgefährliches Sparen. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt viele Ansätze. Sie vergleichen ja so gern mit dem Ausland. Sie haben teilweise auch die Öffentlichkeit unrichtig informiert. Denn nirgends geht es um Turnusärztinnen und -ärzte frisch


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