Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 40

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damals noch festgefügten Osten, in der Sowjetunion, ein Erdbeben in Armenien, ein Erdbeben, bei dem Dutzende von Häusern von Zerstörung bedroht und Tausende von Menschen betroffen waren. Es war also notwendig, unmittelbar Hilfe zu leisten. Das damals geltende Gesetz hat aber die Möglichkeit einer Hilfe nur auf Ersuchen einer internationalen Organisation vorgesehen. Damals gab es kein Ersuchen einer internationalen Organisation, sondern ein Ersuchen der Sowjetunion. Wir haben zwei Tage damit verbracht, bis sich endlich irgend jemand bereit erklärt hat, ein solch formales Ersuchen an Österreich zu richten, zwei Tage, die abgegangen sind im Dienste der Rettung von Menschen.

Daher ist es eine wesentliche Verbesserung, daß heute diese Formalvoraussetzung für die Entsendung von Soldaten, nämlich daß diese nur aufgrund eines Ersuchens internationaler Organisationen erfolgen kann, nicht mehr gegeben ist, sondern wir selbst entscheiden können, ob wir solidarisch an solchen Aktionen teilnehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein dritter Punkt ist anzufügen. Es gibt eben auch Veränderungen in dieser internationalen Gemeinschaft, ob es sich heute um Missionen der OSZE handelt, ob wir im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union etwas zu sagen und mitzuwirken haben oder ob es um die "Partnerschaft für den Frieden" geht. Drei Organisationen, drei neue Anforderungen, zu denen wir uns bekennen, die aber in diesem Gesetz bisher nicht vorgesehen waren. Daher gibt es auch eine, würde ich sagen, wesentliche inhaltliche Weiterentwicklung.

Jetzt gibt es einen Anlaßfall, und zwar den Einsatz Österreichs in Albanien. Meine Damen und Herren! Aus diesem Anlaßfall heraus ergibt sich die Notwendigkeit, ganz unmittelbar gesetzliche Änderungen herbeizuführen. (Abg. Scheibner: Im Ausschuß haben wir gesagt, das ist nicht notwendig! – Abg. Jung: Vor Tisch kam es anders!) Herr Kollege Scheibner, es erheben sich zwei Fragen, die wirklich seriös beantwortet werden müssen. Die erste Frage dabei ist eine inhaltliche, die uns überhaupt in jeder Frage eines Auslandseinsatzes betrifft: Sollen wir uns überhaupt irgendwo beteiligen? Wenn andere einander den Schädel einschlagen wollen, sollen sie es doch tun! Warum sollen wir dort mit dabei sein?

Meine Damen und Herren! Wer diese Frage betreffend Albanien zu beantworten hat, der steht wohl vor zwei Herausforderungen. Zunächst stellt sich die Frage: Wo liegt Albanien? (Abg. Jung: Wenn das eine Herausforderung ist!) Wenn ich mir die Entfernung von Wien nach Tirana anschaue und sie mit der Entfernung von anderen europäischen Städten vergleiche, dann stelle ich fest, daß es sich um die gleiche Entfernung wie nach Neapel, Hamburg oder Bukarest handelt. Das heißt, wir sind unmittelbar vor Ort. Es handelt sich wirklich um eine Bedrohung in unserer unmittelbaren Nähe. Wenn ich mir anschaue, daß am Balkan ja nicht gerade eine Stabilitätszone vorliegt, sondern Ereignisse wie diese sehr wohl um sich greifen können, dann muß ich sagen, daß wir Österreicher betroffen sind.

Es gibt noch einen zweiten Punkt, meine Damen und Herren. Wir reden gerne immer über Europa und die große Friedensaufgabe. Und alle von uns stimmen gerne diesem großen Ziel zu. Aber dann, wenn es konkret wird, wenn wirklich in Europa selbst Konflikte wie diese ausbrechen, sollen wir einfach sagen, wir sind neutral, wir können eigentlich in dieser Frage leider nichts in dieser Richtung tun? Meine Damen und Herren! Das wäre wirklich unglaubwürdig! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Das machen Sie immer nur bei den Rechten, die uns entschlagen werden, die Verpflichtung wollen Sie nicht! ) Ich glaube daher, wir müssen sehr wohl in dieser Richtung aktiv werden.

Ein zweites Argument, das im Rahmen dieses Albanieneinsatzes bekannt geworden ist, stammt von der FPÖ. Haider sagt in der "Ganzen Woche", der Einsatz sei zu gefährlich. Nun liegt in dieser Argumentation durchaus etwas, worüber man nachdenken muß, denn ungefährlich ist es dort sicher nicht. Ich glaube aber, gerade dieses Gesetz trägt dazu bei, daß wir dieses Risiko, das bei jedem Einsatz gegeben ist, zu einem kalkulierbaren Risiko machen, indem wir ein Vorauskommando schicken, indem wir exakt beurteilen, wie sich die Situation in Tirana derzeit darstellt, bevor wir Soldaten dorthin schicken. Ich glaube daher, gerade das ist ein Punkt, warum wir dieses neue Gesetz brauchen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg.


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