Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 19

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ein solcher Ausschuß die einzige Möglichkeit ist, die politische Verantwortung der damaligen Minister und hohen Beamten aufzuzeigen, und seit der letzten Sitzung des Nationalrates am 14. April weitere Argumente hinzugekommen sind, ist die heutige Sondersitzung des Nationalrates und die Dringliche Anfrage an den offensichtlich nicht aufklärungswilligen Außenminister unbedingt notwendig.

Die Chronologie der Abläufe nach dem Mord an zwei kurdischen Iranern und einem Österreicher am 13. Juli, wie sie sich allein aus veröffentlichten Fakten aus heutiger Sicht ergibt (und daher in dieser Begründung nicht wiederholt werden muß), zeigt mögliche Verfehlungen der Bundesministerien für Inneres, Justiz und auswärtige Angelegenheiten auf, die nur durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß geklärt werden können. Da jedoch eventuelle Fehlleistungen der Polizei- und Justizbehörden nicht möglich gewesen wären (so sie nicht auf Schlamperei und Unfähigkeit beruhten), wenn nicht Druck seitens des Iran ausgeübt worden beziehungsweise die guten Beziehungen mit der islamischen Republik auf dem Spiel gestanden wären, ist der Umgang des Außenministeriums in dieser Angelegenheit von entscheidender Bedeutung.

Alles deutet darauf hin, daß die Verdächtigten Djafari Sahraroodi und Amir Mansour Bosorgian mit Hilfe österreichischer Behörden flüchten konnten, obwohl ein Tatverdacht ihnen gegenüber von Beginn an gegeben war. Dies war auch schon in der öffentlichen medialen Diskussion im Jahr 1989 klar ersichtlich, wie hier mit einigen Beispielen bewiesen werden soll:

Der Wiener Polizeivizepräsident Marek gab bereits am 17. Juli der Öffentlichkeit bekannt, daß sich Bosorgian in Widersprüche verwickle, ihn jedoch niemand am Verlassen des Landes hindern könne, da kein richterlicher Beschluß vorliege (STANDARD, 18. 7. 1989).

Um den 20. Juli kristallisiert sich heraus, daß der Iran hinter den Attentaten steckt. Der Haftbefehl gegen Bosorgian und den Unbekannten ist ausgestellt und wird prompt vom iranischen Botschafter als ,ungerecht‘ bezeichnet. ,Teheran protestiert gegen Haftbefehl‘ ist eine Schlagzeile des STANDARD am 20. 7. Außenminister Mock spricht erstmals gegenüber der PRESSE (21. 7. 1989) von ,Schweinerei‘ bez. der Haltung des Iran und vermutet einen ,Hinterhalt‘.

Am 22. Juli 1989 steht bereits in der PRESSE: ,Nervenkrieg mit Iran: Wien gibt Verdächtigen frei‘ und meint die Entlassung Sahraroodis aus dem Spital. Im Artikel heißt es: ,Die Widersprüche in den Aussagen der beiden Männer waren das bisher konkreteste Indiz in österreichischen Händen, das auf eine sonst nicht beweisbare iranische Verwicklung in den Terrorfall hindeutet. Diese Konzession dürfte in Zusammenhang mit der Sorge um in Iran lebende Österreicher stehen.‘

Am 25. Juli 1989 berichtet die PRESSE über den Abflug von Sahraroodi. Außenminister Mock will darüber nicht informiert gewesen sein.

Am 26. Juli 1989 ist in der AZ zu lesen, daß STAPO-Chef Schulz die Justiz beschuldigte, den Haftbefehl gegen Sahraroodi nicht ausgestellt zu haben, obwohl die Beweislage erdrückend war.

Am 27. Juli wird im KURIER bereits über den ,von der Polizei schon am 19. Juli angeregten Haftbefehl‘ gegen Sahraroodi in Zusammenhang mit dem Motorradkauf berichtet, dessen Ausstellung von Staatsanwalt Fasching abgelehnt wurde.

Bereits ab 27. Juli tauchen Vermutungen über Druckausübung der iranischen Behörden wegen der im Iran lebenden Österreicher auf. Die Schlagzeile des STANDARD vom 27. Juli: ,Kurdenmord: Behörden ließen Verdächtigen ausreisen‘. Im Artikel heißt es: ,Ein Geschäft zwischen Staatspolizei, Außenministerium und der iranischen Botschaft hat einem Verdächtigten ... die Ausreise aus Österreich ermöglicht.‘ Und weiter: ,Im Außenamt heißt es: Die Iraner sind gar nicht nobel, sondern beinhart. Sie schreckten auch vor Drohungen nicht zurück, Österreicher im Iran zu ermorden.‘

Am 28. Juli erscheint ein Interview mit Dr. Thomas Klestil im STANDARD: ,Die Iraner waren schon sehr aufgeregt, als Mock gesagt hat, daß diese Geschichte eine Schweinerei sei‘, sagte er wörtlich.


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