Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 39

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Die Diskussionen, die wir diesbezüglich in der Präsidiale geführt haben, gehen teilweise in eine völlig falsche Richtung. Wir haben allen Ernstes in der Präsidiale darüber diskutiert – zwar freilich mit einem negativen Ergebnis –, ob es denn nicht wieder so etwas ähnliches wie eine Ablehnung der Majestätsbeleidigung geben sollte in bezug auf das Staatsoberhaupt, in bezug auf die obersten Repräsentanten der Republik Österreich. Es kann ja wohl nicht der richtige Weg sein, daß berechtigte Kritik oder das Bestreben nach Aufklärung auf einmal als illegitim oder halblegitim dargestellt wird, sondern die einzig korrekte und richtige Antwort darauf ist: Natürlich soll und muß es einen Respekt vor den obersten Organen der Republik Österreich geben, aber dieser Respekt kann nur auf Dauer gesichert und erhalten werden, wenn es nicht den leisesten Zweifel an der Korrektheit und an der Lauterkeit der Handlungen und Motive dieser obersten Organe gibt.

Dieser Respekt muß erworben werden, und der beste und sicherste Weg, das zu erreichen, ist, in wenigen, aber zentralen aufklärungswürdigen Affären parlamentarische Untersuchungen nicht zu verhindern.

Ich habe angesichts des fragilen Zustandes der großen Koalition nicht den Eindruck, daß die Bereitschaft der Mehrheit, in wichtigen Fällen parlamentarische Untersuchungen, so wie es vor der XVIII. Gesetzgebungsperiode der Fall war, wieder zuzulassen, gegeben ist. Ich denke, beide Regierungsparteien haben große Angst davor, daß die Einwilligung in eine derartige Untersuchung entweder zu einem Bruch der Koalition führt oder zu verschiedenen ... (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Die Ängstlichkeit scheint bei Ihnen gegeben zu sein, Herr Abgeordneter Parnigoni! Sie ist mit Sicherheit nicht bei den Oppositionsparteien gegeben. Die Oppositionsparteien beharren mit guten Gründen seit geraumer Zeit auf der Einsetzung dieser Untersuchungsausschüsse.

Ich glaube nicht, daß die Koalition von sich aus die Kraft und die Größe aufbringt zu sagen: Ja, das ist ein Umstand, der hier in diesem Hohen Haus geklärt werden muß! Wie gesagt: Die Angst, daß das das Ende der Koalition bedeutet, oder die Angst, daß dann ein anderer Untersuchungsausschuß quasi als Retourkutsche kommt – so etwa nach dem Motto: Kurdenausschuß gegen Bankenausschuß oder Kurdenausschuß gegen einen Ausschuß, der sich mit irgendeinem anderen Skandalfall beschäftigt –, diese Angst ist groß.

Niemand von den Oppositionsparteien will eine derartige Aufrechnung von Untersuchungsmaterien, und niemand will eine inflationäre Handhabung dieses strengen und scharfen Instruments. Wir haben daher mit sehr viel Ernsthaftigkeit an einer Verfahrensordnung gearbeitet, und es liegt nun eine taugliche Diskussionsgrundlage vor, um im Herbst rasch zu einer Beschlußfassung zu kommen. Da aber, wie gesagt, meiner Meinung nach die große Koalition von sich aus schwerlich die Bereitschaft aufbringen wird, in den genannten Materien die dringend notwendigen parlamentarischen Klärungen auch tatsächlich in die Wege zu leiten, denke ich, daß der zentrale Punkt sein wird, wie die Berechtigung zur Einleitung derartiger Untersuchungsausschüsse ausgestaltet ist.

Daher gibt es – und zwar wieder geschlossen von den Oppositionsparteien – nicht nur den dringenden Wunsch, sondern sogar die demokratiepolitische Notwendigkeit, daß die Einleitung solcher Untersuchungsausschüsse als Minderheitsrecht ausgestaltet wird. Es kann doch nicht so sein, daß Kontrolle davon abhängt, wie fragil, wie brüchig der Konsens zwischen zwei Regierungsparteien ist, sondern es geht darum, Kontrolle handhabbar zu machen. Wir sind nicht der Meinung, daß jedes Verfahrensrecht ein Minderheitsrecht sein muß, aber das zentrale Recht der Einleitung von Untersuchungsausschüssen soll ein Recht sein, das von einem Viertel der Abgeordneten dieses Hauses in Anspruch genommen werden kann.

Meine Damen und Herren! Die Frage betreffend die Minderheitsrechte und die Rechte der Mehrheit ist bei den vorangegangenen Beratungen noch offengeblieben. Ich denke, es war richtig, zunächst einmal einen handhabbaren Entwurf für eine Verfahrensordnung auszuarbeiten. Doch diese Debatte wird gerade jetzt – auch im Lichte der jüngsten Skandalaffären, im Lichte der Haltung der Regierung, die wirklich allzu deutlich signalisiert: Was kümmert uns


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