Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 33

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich möchte gleich in medias res gehen. Ich denke, es so darzustellen, als ob all das, was der Staat im Kunstbereich schützt, garantiert und ermöglicht, rückwärts gewandt, schlecht, korrupt und falsch wäre, engt die Kunst ein und ist konsumentenfeindlich. Das muß offensichtlich Ideologie sein. Diejenigen, die mit offenen Augen und Ohren durch das Land gehen, können doch nicht sagen, daß es in Österreich kein entwickeltes Kunstverständnis, keine Künstler gibt, die kreativ sein können, und daß hier nicht die Grundlagen dafür geschaffen wurden, daß das ermöglicht wird.

Man kann das eine oder andere Instrumentarium kritisieren. Man kann die eine oder andere personelle oder vielleicht auch budgetäre Einstellung kritisieren. Aber was mich stört, ist, daß es hier keine offene ideologische Debatte gibt, sondern nur eine versteckte ideologische Diskussion.

Nehmen wir das Beispiel Sponsoring. Wir haben das holländische Beispiel in diesem Zyklus der Auseinandersetzungen diskutiert. Wir kennen Modelle aus anderen Ländern wie aus England, wo versucht wird, auch private Gelder und den Markt zu mobilisieren. Aber eines möchte ich schon sagen – das möchte ich meinem Vorredner ins Stammbuch schreiben –: Sponsoring ist nicht bloß eine karitative Tätigkeit, sondern derjenige, der sponsert, will auch etwas dafür haben. Das ist in den meisten Fällen ein beinhartes Geschäft. Der Künstler, der gesponsert wird, muß eine entsprechende Leistung erbringen.

Der Herr Nestlé, der Herr Oetker oder all Ihre Sponsoren, die Ihre Wahlkämpfe sponsern, die Ihnen Hubschrauber und Geld zur Verfügung stellen, tun dies bloß, weil sie knapp vor dem Heiligsprechungsprozeß im Vatikan stehen? – Das ist doch absurd. Dafür wird eine Gegenleistung gefordert. Daher kann es nicht ein Ersetzen staatlicher Kunst- und Kulturpolitik durch ausschließlich private Unterstützung geben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. ) Na bitte, dann haben Sie aber offensichtlich die Pressekonferenz des Herrn Sichrovsky mit dem Ring Freiheitlicher Jugend verschlafen. Er hat ein paar Kulturraketen vom Stapel gelassen, die nicht von schlechten Eltern sind. Die sollten Sie einmal kritisieren. Er sagt beispielsweise: Bilder müssen sich über den Markt durchsetzen, sonst haben sie kein Recht, verkauft zu werden. – Das ist eine beachtliche Diktion. Träumt er von einer Sichrovskyschen Planwirtschaft, daß er bestimmt, was überhaupt verkauft werden darf und was nicht? (Abg. Mag. Stadler: Er war ja früher Sozialist!)

Als nächstes Beispiel schlägt er vor, nicht eine Politik für Künstler, sondern für Konsumenten zu machen. Das heißt: Komm Künstler! Tu was, und wenn du auf die Schnauze fällst, hast du Pech gehabt. – Na ja, gut, das ist auch eine Einstellung. Aber wer sagt, daß jemand, wenn man ihm als Staat die Möglichkeiten zur Verfügung stellt, nicht nach einer gewissen Anlaufzeit ein sehr bekannter, ein sehr guter, ein sehr kreativer, ein sehr wichtiger, ein sehr entscheidender Künstler sein kann? Ich verstehe diese Geisteshaltung nicht, außer daß sie eine ideologische zur Zerschlagung dessen, was heute an Freiheit der Kunst, an demokratischen Zugängen zur Kunst ermöglicht wird, ist. Das wird heute ermöglicht, damit es wirklich eine demokratische Beteiligung geben kann. Diese Geisteshaltung sollte man ein bißchen aufarbeiten.

Wir sind stolz darauf, daß dieses Kunstbudget nicht gekürzt wurde! Aber der FPÖ-Europa-Abgeordnete Sichrovsky sagt, man solle das Kulturbudget überhaupt gleich um ein Drittel kürzen. – Könnten die geschätzten Nachredner der FPÖ sich dazu äußern? Sind Sie jetzt dafür, daß das Kulturbudget um ein Drittel gekürzt wird? Sagen Sie ja oder sagen Sie nein! Sagen Sie, das ist alles bloß Vergeudung! Sagen Sie es bitte hier!

Bitte erklären Sie mir noch einmal: Wollen Sie ausschließlich Sponsoring betreiben? Sollen Bilder wirklich kein Recht mehr haben, verkauft zu werden, wenn sie nicht ausschließlich über den Markt auf die Nachfrage stoßen, die Herr Sichrovsky hier als Latte beschreibt? – Die Selbstverwaltung ist für ihn parasitär. Falls Sie Vertreter von der IG Kultur sein sollten: Parasiten sind Sie, nach Aussage des Herrn Sichrovsky. Ich halte diese Aussage für einen Skandal!

Ich glaube, daß solche Interessengemeinschaften wichtig sind, daß ihre Kritik ernst zu nehmen ist, daß man sich mit ihrer Kritik auseinanderzusetzen und sich mit ihnen zusammenzusetzen hat, um zu klären, was sie tatsächlich an Kritik einzubringen haben.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite