Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 112

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Da es der Slowakei nicht gelungen ist, diese vier Bedingungen zu erfüllen – weil es einfach unmöglich ist, vor allem die zweite und dritte Bedingung, nämlich westlicher Sicherheitsstandard oder größtmöglicher Sicherheitsstandard und das Least-Cost-Prinzip zu erfüllen, weil Sicherheitsstandards natürlich Geld kosten –, hat letztendlich – dank des österreichischen Lobbyings sowohl bei der EBRD als auch im Europäischen Parlament und auch in allen anderen europäischen Staaten – die Slowakei diesen Antrag bei der EBRD von sich aus zurückgezogen; dieser kam nie auf die Tagesordnung der European Bank of Reconstruction and Development.

Österreich war dann weiter aktiv: Wir haben einen "Walkdown", nämlich den "Walkdown 1", nicht nur durchgesetzt, sondern wir haben auch versucht, den Slowaken Alternativangebote anzubieten. Aber – der Herr Bundeskanzler hat es schon gesagt – dazu gehören immer zwei: jene, die es anbieten, und jene, die es annehmen. Es hat sich gerade dieses Projekt Mochovce zu einem Prestigeprojekt der slowakischen Regierung und des slowakischen Premierministers entwickelt, das er unter allen Umständen fertigbauen und in Betrieb nehmen möchte.

Wir haben auch versucht, bei kritischen Abgeordneten der Slowakei – ich war selbst einige Male in Preßburg bei entsprechenden Tagungen – Bewußtsein zu schaffen und Meinung zu bilden. Ich muß gestehen, daß uns das nur in bedingtem Maße gelungen ist, und die Bewußtseinslage in der slowakischen Bevölkerung ist diesbezüglich keine sehr hohe.

Wir haben auch – dafür möchte ich dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Vizekanzler ganz besonders danken – den "Walkdown 2" durchgesetzt, der es letztendlich überhaupt erst ermöglicht hat, die gravierenden Sicherheitsmängel, die festgestellt wurden, wieder an das Licht der Öffentlichkeit zu bringen und damit nicht nur eine Diskussion, sondern auch die Information unserer europäischen Bündnispartner zu erreichen.

Ich habe gemeinsam mit Frau Abgeordneter Flemming, der Europa-Abgeordneten und ehemaligen Umweltministerin, in den letzten Tagen sehr viele Gespräche geführt. Wir haben die "Slovenske Elektrarne" in Preßburg besucht und dort ein langes Gespräch sowohl mit dem Generaldirektor Mikus als auch dem Sicherheitsbeauftragten geführt, das wesentlich gezeigt hat, wie uneinsichtig und unzugänglich die Vertreter der slowakischen Energieorganisation sind – vor allem deshalb, weil sie in diesem Gespräch auch versucht haben, die Expertenkommission, Teile dieser Expertenkommission, insbesondere Professor Kromp und auch Norbert Meyer, zu diskreditieren und ihnen die wissenschaftliche Kompetenz abzusprechen. Des weiteren haben sie sich immer wieder auf die IAEA berufen; sie sei die für sie zuständige Behörde. – Das hat uns dazu veranlaßt, vergangenen Mittwoch mit dem Generaldirektor-Stellvertreter und einem Sicherheitsexperten der IAEA in Wien ein langes Gespräch zu führen, wobei diese völlig zu Recht gesagt haben, daß es nicht Aufgabe der IAEA sei, eine Unbedenklichkeitserklärung für Mochovce abzugeben – und daß sie diese auch keinesfalls abgeben könnten. Sie haben darauf verwiesen, daß sie im November einen entsprechenden Termin in Mochovce mit einer Begehung und mit einer Überprüfung der Sicherheitsstandards hätten.

Die slowakische nationale Behörde hat also die Aktivierung der Brennstäbe freigegeben, wobei es auch bemerkenswert ist, daß es nicht der Leiter dieser Behörde war, sondern sein Stellvertreter. Es gibt Vermutungen, daß der Leiter der Behörde dazu nicht bereit gewesen wäre. Es ist nun dringend notwendig, daß wir die Sicherheitsmängel, die die Expertenkommission festgestellt hat, einer breiten Öffentlichkeit, einer breiten europäischen Öffentlichkeit zugänglich machen und bei ihr um Unterstützung und gemeinsame Vorgangsweise werben müssen.

Die besonderen Probleme im Sicherheitsbereich liegen am Reaktordruckbehälter. Es geht darum, daß der Versprödungsgrad weit unter den Sicherheitsnormen liegt – sogar unter den slowakischen Sicherheitsnormen, die tiefer als die sowjetischen und noch weit tiefer als die westeuropäischen Sicherheitsnormen liegen –, und daß vor allem auch der Schutz der am meisten gefährdeten Schweißnaht nicht sichergestellt ist.

Meine Damen und Herren! Was der Sicherheitsbericht, jener vorläufige Sicherheitsbericht, den die Expertenkommission abgegeben hat, aussagt, läßt uns zu Recht Sorge haben. Auch wenn das AKW Mochovce diese Woche eingeschaltet werden sollte und nicht unmittelbar ein Unfall


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