Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 136

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

wir in diesem Haus immer mit Mehrheit gewählt haben, doch dem allgemeinen mehrheitlichen Verständnis entspricht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Im Versicherungsrecht sind Ausländer gleich zu behandeln. Ich habe bereits darauf verwiesen, daß die Notstandshilfe eine Mischleistung ist und daher auch der Versicherungsaspekt zu berücksichtigen ist. Im Sozialhilfebereich ist eine Differenzierung nach dem Ausmaß der Integration sachlich gerechtfertigt. Daher ist es auch sachlich gerechtfertigt, wenn wir bei den Anspruchsvoraussetzungen zur Notstandshilfe Kriterien definieren.

Ich möchte das Hohe Haus noch einmal darüber informieren, daß Ausländer in das System der Arbeitslosenversicherung mehr einzahlen, als sie aus diesem Sozialversicherungssystem an Leistungen bekommen. Die Begründung liegt einerseits darin, daß bei den ausländischen Versicherten eine andere Altersstruktur vorliegt, andererseits stellt sich bei ihnen eine andere Einkommensgesamtstruktur dar. Aber ich glaube, wichtig ist, zu wissen, daß der Vorwurf ins Leere geht, daß von einer Gruppe in unserer Gesellschaft wesentlich mehr herausgenommen wird, als sie in die solidarische Versichertengemeinschaft einbezahlt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte nicht die Debatte des heutigen Nachmittags vorwegnehmen, aber ich bin sicher, daß auch heute wieder die derzeitige Regelung der Notstandshilfe und die Notstandshilfe selbst eine sehr unterschiedliche politische Betrachtung erfahren werden und daß die Neuregelung, die im Hohen Haus mit 1. April dieses Jahres beschlossen wurde, sowohl von den Vertretern der Grünen als auch vom Liberalen Forum, aber – wie wir schon gehört haben – auch von den Freiheitlichen der Kritik unterzogen werden wird, wenn auch aus ganz verschiedenen Motiven, mit ganz verschiedenen Argumentationen und auch mit ganz verschiedenen Zielrichtungen. Ich meine, daß wir das richtige Mittelmaß gefunden haben, damit Langzeitarbeitslose abgesichert sind, und ich bekenne mich zu dem Kriterium der Notstandshilfe, daß sie eine grundsätzlich unbefristete Verlängerungsmöglichkeit hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was sagen Sie zur Explosion von 30 Prozent?)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn Menschen auf längere Zeit in den Arbeitsprozeß integriert gewesen sind, dann haben sie damit eine faire Chance auf eine Existenzsicherung entsprechend ihrer vorherigen Beschäftigung. Langzeitarbeitslose sind jene, die unserer Unter-stützung am meisten bedürfen; und alle unsere Bemühungen gehen in die Richtung, Langzeitarbeitslose auch wieder in den Arbeitsprozeß zu integrieren – egal, ob sie In- oder Ausländer sind. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir aber auch, auf jene Argumente und Diskussionen im Sozialausschuß zu verweisen, als behauptet wurde, es gebe Verfassungswidrigkeiten in diesem Bereich. Ich habe auch im Ausschuß gesagt, daß es eigentlich nie einfach ist, vorherzusehen, wie Höchstgerichte in unserem Land letztlich Entscheidungen treffen, wie der Verfassungsgerichtshof in einem konkreten Fall eine Entscheidung trifft.

Wenn man nämlich gerade die konkrete Frage der Notstandshilfe für Ausländer betrachtet, dann ist es so, daß der Verfassungsgerichtshof noch vor wenigen Jahren der Auffassung gewesen ist, daß die damalige Regelung absolut verfassungskonform ist, weil es sich eben um eine Notstandshilfe handelt, die Versicherungsleistung und Sozialhilfecharakter verbindet. In seinem Urteil hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, daß er nun eine andere Auffassung vertritt und zu einer anderen verfassungsrechtlichen Bewertung gekommen ist, sodaß ich glaube, daß der Politik hier kein Vorwurf gemacht werden darf. Die Entscheidungen in der Vergangenheit und nicht zuletzt auch am 1. April dieses Jahres wurden im guten Glauben in die Verfassungskonformität getroffen.

Ich bin überzeugt davon, sehr geschätzte Damen und Herren, daß wir mit dieser Regelung, die seit 1. April gilt, eine verfassungskonforme Regelung gefunden haben, die unseren sozialpolitischen Überlegungen Rechnung trägt. Ich sage aber sehr offen: Sollte sich herausstellen, daß auch diese Regelung von unserem obersten Verfassungsgerichtshof keine Zustimmung bekommt, müßten wir grundsätzliche Überlegungen hinsichtlich der Orientierung der Notstands


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite