Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 51

Wir haben – das sind die Kernpunkte – den Gleichbeteiligungsgrundsatz erweitert, wir haben die Selbstbestimmung im Rahmen der Ehe gestärkt – die Gattin, der das bis jetzt teilweise nicht möglich war, hat, wenn sie nicht mehr im Haushalt tätig sein will, sondern wieder einem Beruf nachgehen will, nun diese Möglichkeit, ohne riskieren zu müssen, daß sie einen Scheidungsgrund setzt –, wir haben auch die Abdingbarkeit im Miterwerb des Ehegatten normiert. Natürlich wäre es besser gewesen, insgesamt von diesem Schritt abzugehen, weil es nicht verständlich ist, daß eine derartige Verpflichtung überhaupt noch besteht, und ich glaube, daß die Diskussion darüber weiter zu führen ist, und zwar dahin gehend, daß eine würdigere Form des Miteinander-Umgehens ermöglicht wird.

Wenn ich mir das, was Kollege Graf heute hier am Vormittag von sich gegeben hat, vor Augen führe – ich glaube, daß auch Kollege Krüger zu meinem großen Erstaunen, muß ich sagen, seiner Ansicht ist, was sich ja schon im Ausschuß abgezeichnet hat, und wahrscheinlich auch Kollege Ofner; es erstaunt mich sehr, daß sich beide inhaltlich mehr oder weniger um Herrn Graf scharen –, dann muß ich sagen: Das steht diametral zu dem, was wir wollen, nämlich Fairneß und Gleichberechtigung. Das würde ich als Bevormundung statt Würde bezeichnen. Ich bin eigentlich erstaunt, denn wenn man das konsequent umsetzte, dann wäre es wahrscheinlich am allerbesten, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, das Eherecht im Strafgesetzbuch zu regeln. Ich erwarte eigentlich nur mehr, daß Sie fordern, daß jene Ehepartner, die innerhalb von neun Monaten keine Kinder in die Welt setzen, bestraft werden und ins Gefängnis wandern. Das wäre eigentlich die logische Konsequenz Ihrer Vorschläge. (Abg. Dr. Krüger: Eine primitive Argumentation! Wahnsinn! Eines Juristen unwürdig!)

Wenn Sie von den Freiheitlichen heute gemeint haben, daß die Ehe durch das Zerrüttungsprinzip gefährdet sei und daß Sie das verhindern wollen, so darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, daß bei einer Scheidungsdebatte im Jahre 1978 – das ist bezeichnend für Sie, und insofern wundert es mich nicht, und ich glaube, daß es in der Öffentlichkeit auch zu sagen ist – von damaligen Größen Ihrer Partei, und zwar von Broesigke und Peter, ein völlig anderer Standpunkt eingenommen worden ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist 20 Jahre her!) Ich lese Ihnen aus dem diesbezüglichen Protokoll die betreffende Passage vor: Ich zitiere Broesigke: "Der Abschluß der Familienrechtsreform" ... (Abg. Dr. Krüger: Broesigke!) Sie können sich über Ihre Vorgänger ruhig lustig machen, in Wirklichkeit zeigt es aber auf, daß Sie in Ihrer maßlosen Rückschrittlichkeit nahezu schon ins Uferlose fallen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Schmidt.)

Zurück zum Zitat: "Der Abschluß der Familienrechtsreform", sagte Broesigke, "wird erst erreicht sein, wenn das Recht der Eheschließung, und zwar der Ehescheidung, neu geregelt ist, und zwar zur Gänze, wobei wir im Bereich der Ehescheidung früher oder später wie andere europäische Länder," – meine Damen und Herren, im Jahre 1978 war das! – "die meisten jetzt schon, und das ist nun einmal eine Rechtsentwicklung, zum Zerrüttungsprinzip übergehen werden. Das wird dann der Abschluß der Familienrechtsreform sein." – Also das Zerrüttungsprinzip! Peter sagt dann: "Im Sinne der freiheitlichen Zielsetzung wünsche ich mir den Durchbruch zum Zerrüttungsprinzip und eine entscheidende Abkehr vom Verschuldensprinzip." – Ich halte das für richtig.

Meine Damen und Herren! Warum Sie diesen Wandel durchführen, diese Spirale machen, so wie Sie es bei allen anderen Dingen auch tun, nämlich, daß Sie heute diesen und morgen jenen Standpunkt einnehmen, ist völlig unverständlich. (Abg. Dr. Krüger: 20 Jahre sind seither vergangen!) Aber es spricht für Ihre politische Kultur, für Ihr politisches Verständnis, so mit uns hier im Haus umzugehen, aber auch mit Ihren potentiellen Wählern, und Sie werden sicherlich die Rechnung dafür präsentiert bekommen. (Abg. Dr. Krüger: Lächerlich! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Fällt Ihnen nichts Gescheiteres ein?)

Zum absoluten Scheidungsgrund auch eine Bemerkung: Es dürfte Kollegen Graf entgangen sein, daß es diesbezüglich einen Brief der Bischofskonferenz gibt. Der absolute Scheidungsgrund ist eine Eingrenzung der beurteilenden Richter dahin gehend, sich mit einem Fall umfassend auseinanderzusetzen. Was wir haben wollen, ist Gerechtigkeit, ist Einzelfallsgerechtigkeit im Scheidungsverfahren, und dabei ist der absolute Scheidungsgrund ein Hindernis. Nicht zu


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