Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 169

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Drei Punkte möchte ich noch in Erinnerung rufen: Das Siegerprojekt eines Architekturwettbewerbes wurde mehrfach grob verändert, das Symbolzeichen Leseturm wurde einfach gestrichen und die Außengestaltung rund um das Museumsquartier bislang ewig verzögert.

Die politische Verantwortung liegt natürlich zu 75 Prozent klarerweise bei der Eigentümervertreterin der Errichtungsgesellschaft, bei Bundesministerin Gehrer. Auf Grund des Diskurses im Sommer haben wir gesehen, dass neben diesen negativen Entwicklungen, neben dieser schleppenden Planung im Inneren des Museumsquartiers eine sehr lebendige, vielfältige Auseinandersetzung mit der Gegenwartskunst entstanden ist, ein echtes urbanes Kulturzentrum. Genau dieser lebendigste Teil ist jetzt massiv bedroht. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wissen, den Projekten "basis wien", "Depot", "Public Netbase" oder der Kulturzeitschrift "springerin" – all denjenigen ist die Zukunft im Museumsquartier verwehrt, beziehungsweise ist die Zukunft für sie unsicher. Aus unserer Sicht ist das ein massives Versäumnis, denn ich glaube, ein solches Jahrzehnteprojekt kann nicht ohne die lebendige Gegenwartskultur auskommen. Gerade betreffend den ganzen Bereich Auseinandersetzung mit den neuen Medien konstatiere ich so etwas wie völliges Unverständnis, was dieses Medium für die zukünftige Kultur- und Kunstpolitik in Österreich heißen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Das Zweite, warum wir mit der aktuellen Museumspolitik sehr unzufrieden sind, betrifft die Debatte um die beiden Häuser, wobei ich jetzt eine Wortmelange vorstellen möchte, weil sie sehr zutreffend ist, nämlich "Haus der Toleranzgeschichte" oder "Geschichtetoleranz" – das ist vielleicht noch besser. Das setzt eine Proporzpolitik fort, obwohl das Gros der Zeithistoriker in sehr klaren Worten gesagt hat, dass die Vorgangsweise und auch der Inhalt, dass die Konzepte, die vorgelegt worden sind – ich zitiere –, monokratisch, zentralistisch sind und in keiner Weise moderner Museumsdidaktik beziehungsweise Zeitgeschichte entsprechen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist traurig, dass das Versprechen von allen vier Parlamentsparteien, das es gegeben hat, nämlich einen Ideenwettbewerb zu machen, eine Enquete zu veranstalten, bei der erstbesten Gelegenheit, nämlich im letzten Kulturausschuss, wieder gebrochen worden ist. Es deutet sehr viel darauf hin, dass eine kritische Aufarbeitung der Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts eigentlich nicht gewünscht ist, sondern dass man einfach zwei – wie es so schön von den Zeithistorikern genannt wurde – zentralistische und monokratische Konzepte zusammenmanschen will und man sich mit der sehr heiklen und schwierigen Frage, wie sich Österreich auch als Täterland mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinander setzt, eigentlich nicht beschäftigen will.

Als letzten Punkt möchte ich noch auf die Restitutionenfrage eingehen. Die Grünen waren in der ganzen Debatte führend, und meine Vorgängerin Terezija Stoisits im Kulturbereich hat 250 Anträge und Anfragen in diesem Bereich eingebracht und die ganze Debatte maßgeblich ins Laufen gebracht.

Mit großem Vertrauen hat damals der Nationalrat das Kunstrückgabegesetz verabschiedet. Es hat sich allerdings aus unserer Sicht vom heutigen Standpunkt aus nicht bewährt. Der Kunstrückgabebeirat tagt nicht sehr häufig, tritt nicht sehr häufig zusammen. Riesige Rückstände sind aufzuarbeiten, auch das ganze Kuriosum rund um Maria Altmann, rund um diese Gerichtscausa lässt sehr klar erkennen, dass es um die Verschleppung einer wichtigen Aufgabe der Republik Österreich geht. Das war nicht im Sinne und nicht im Geiste dieses Gesetzes, als es damals mit der Zustimmung aller Parteien beschlossen worden ist.

Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ganz massiv verbessert. Frau Ministerin Gehrer! Sie tragen auch die Verantwortung dafür, dass diese riesigen Rückstände endlich aufgearbeitet werden, dass wir sozusagen mit den Altbeständen der Vergangenheit sauber abschließen können.

Wir werden dem Kulturbericht unsere Zustimmung nicht geben. Noch einmal: Die aktuellen Debatten Museumsquartier, die Museumspolitik, die rund um dieses "Haus der Geschichtetoleranz" zum Ausdruck kommt, und diese Restitutionenfragen lassen uns keine andere Wahl. Die Grünen werden diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

20.00


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