Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 43

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reichen – Schlagwort: Stiftungsbegünstigung –, das stimmt so, aber bei der Polemik zu verharren, das geht meiner Meinung nach hier und heute als Antwort wirklich nicht an. (Abg. Dr. Martin Graf: Was sind "soziale Eingriffe"?)

Ich möchte noch ein Wort Herrn Abgeordneten Gaugg betreffend meinen eigentlichen Ausführungen voranstellen, zumal wir nun hier durch die Übertragung ein erhöhtes Auditorium haben, und zwar ist es mir wichtig, hier zu sagen: Wir haben gestern schon erörtert, ... (Abg. Dr. Martin Graf: Erklären Sie, was "soziale Eingriffe" bedeutet!)

Da nützen Ihre wilden Zwischenrufe gar nichts, Sie hören es immer wieder, nämlich: Die Bestellung des Herrn Abgeordneten Gaugg war gesetzwidrig! Die Wahl hat nicht zur erforderlichen Mehrheit geführt. § 538c ASVG ist gebrochen worden! – Vielleicht werden sich auch die Wissenschaft und die Medien noch damit auseinander setzen, wenn schon die Kontrolle des Ressorts hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit versagt hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Grüne Bildungswerkstatt!)

Meine Damen und Herren! Nun komme ich auf die einzelnen Punkte dieses Volksbegehrens und auf die Haltung der Grünen zu sprechen.

Herr Abgeordneter Spindelegger! Es besteht keine Gefahr einer Vereinnahmung dieses Volksbegehrens. Dazu war der Kreis der Personen und der Organisationen, die es getragen haben – das ging bis weit in den kirchlichen Bereich hinein, wie Sie wissen –, einfach viel zu breit. Also die Gefahr einer Vereinnahmung besteht nicht, sehr wohl aber die Notwendigkeit einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Verfassungsfrage.

Diesbezüglich war auch die ÖVP schon einmal einen Schritt weiter: Es gab in einer der früheren Regierungen schon einen fertigen Entwurf für die Verankerung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte in der Verfassung. Nur gab es damals ein Junktim mit anderen Grundrechten, und daher kam es leider nicht dazu.

Wenn Sie sich die Unterlagen zum Sozialstaat-Volksbegehren anschauen, etwa auch die wirklich hervorragende Darstellung im Internet, die ich allen nur ans Herz legen kann und die man unter "www.sozialstaat.at" finden kann, dann werden Sie in einem europäischen Vergleich sehen, dass nur im Vereinigten Königreich von Großbritannien und in Österreich gar kein soziales Grundrecht in der Verfassung verankert ist. Ansonsten gibt es da im europäischen Vergleich sehr große Unterschiede.

Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie sagen, dass eine Verankerung in der Verfassung allein noch keinen bestimmten einfachgesetzlichen Status und keine bestimmte einfachgesetzliche soziale Sicherung für bestimmte Menschen oder Gruppen gewährleistet, aber ich muss sagen, dass es schon ein Meilenstein wäre, denn wenn wir einen Kernbestand – und das müsste in etwa der heutige Bestand sein – in der Verfassung verankert hätten, dann wäre jede Einschränkung begründungspflichtig, dann müsste ausgeführt werden, warum beispielsweise Steuerbelastungen auch für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, Unfallrentenbesteuerung, Studiengebühren Ihrer Meinung nach keine sozial negativen Auswirkungen haben. (Abg. Dr. Krüger: Wie definieren Sie "sozial"?)

Wie man das definiert, das müsste sich nach den Auswirkungen richten. Genau das ist ja Gegenstand des Punktes 2 des Volksbegehrens. Allein der Umstand, dass Sie diese Fragen stellen, beweist, dass Sie sich nicht wirklich ernsthaft – leider! – damit auseinander gesetzt haben, vor allem nicht die Vertreterinnen und Vertreter der FPÖ, die offenbar nur Posten in der Sozialversicherung anstreben, aber nicht die soziale Sicherheit in diesem Staate. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Regierung legt im Vorspann zu jedem Gesetz dar – weil sie das tun muss –, wie es sich auf das Budgetdefizit auswirken könnte und wie das die Maastricht-Kriterien betrifft. In aller Form, meine Damen und Herren: Ich glaube, dass die österreichische Bevölkerung, dass vor allem diejenigen, denen es nicht so gut geht, ein Recht darauf haben, dass die sozialen Auswirkungen eines Gesetzes geprüft werden.


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