Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 224

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Am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz! (Abg. Ing. Westenthaler: Dann sagen wir halt "Verfolgungswahn"! Rufe bei der ÖVP: Und Stasi? Was ist mit Stasi?) 

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Der Ausdruck "Spitzel" stammt in diesem Zusammenhang nicht von mir. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Stasi! Abg. Kiss: "Stasi" haben Sie gesagt, nicht "Spitzel"!) – Was haben Sie gegen Staatssicherheit? (Abg. Dr. Khol: Das ist die DDR-Stasi! Abg. Ing. Westenthaler: Ja, die DDR-Stasi!) Was haben Sie gegen Vergleiche mit Spitzelsystemen, die Sie, Herr Abgeordneter Westenthaler, zu Recht autoritären Systemen zuordnen? (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Abg. Murauer: Sie haben nichts gegen einen Vergleich mit der Stasi! – Abg. Westenthaler: Dass Sie nichts gegen die DDR-Stasi haben, wissen wir! Da haben Sie die besten Kontakte!)  – Ja, ich finde, dass Systeme, die an die Staatssicherheit der DDR erinnern, in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat wie Österreich schlicht und einfach nichts verloren haben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist nicht die Schuld der kritisierenden Opposition, dass diese Ähnlichkeiten auftauchen (Zwischenruf des Abg. Kiss  Abg. Jung: Und die Moskau-Reise?), sondern es ist die Schuld der Regierungsparteien, eines Verteidigungsministers und eines Geheimdienstoffiziers, dass so etwas in Form von Gesetzesvorlagen dem österreichischen Nationalrat vorgelegt wird. (Abg. Mag. Kogler: Weil’s wahr ist! Abg. Kiss – in Richtung des Abg. Mag. Kogler –: Sie sagen nach, was der Pilz vorplappert!)

Ich bedauere zutiefst, dass wir hier überhaupt eine Materie dieser Art diskutieren müssen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Noch einmal kurz zur Vorgangsweise: Normale parlamentarische Vorgangsweise und normale Gepflogenheiten wären es, rechtzeitig – möglichst noch vor den Ausschussverhandlungen – Abänderungsanträge einzubringen und es möglich zu machen, dass sie auch von der Opposition behandelt und diskutiert werden. (Abg. Kiss: Man kann doch nicht die Republik Österreich mit der DDR vergleichen! Das ist kein Ordnungsruf? Das geht durch! Abg. Ing. Westenthaler: Der lässt alles zu, der Präsident! Wenn der Linke redet, lässt er alles zu! Da darf man Österreich mit der DDR gleichsetzen!)

Dieser heutige Abänderungsantrag ist den Kollegen von der SPÖ sehr spät und uns erst ganz kurz vor der Debatte übergeben worden. (Abg. Kiss: Das hat er schon gestern gesagt! Rufe bei den Freiheitlichen: Toll! Super!) Der Zeitpunkt war ganz offensichtlich so gewählt, dass der Opposition die Gelegenheit genommen werden sollte, noch rechtzeitig vor der Beschlussfassung die Öffentlichkeit zu informieren. (Abg. Kiss: "Stasi" sagen, das geht doch nicht!)

Bei aller politischen Konkurrenz bin ich froh darüber, dass sozialdemokratische Abgeordnete noch rechtzeitig vor uns davon erfahren haben. Es ist sehr wichtig, dass die Öffentlichkeit noch vor einer Beschlussfassung erfährt, was hier wieder an Einschränkungen von Demokratie, Rechtsstaat und Rechtssicherheit geplant ist. (Rufe bei der ÖVP: Wo denn? – Abg. Kiss: So ein Unsinn! Abg. Silhavy  in Richtung ÖVP : Warum sind Sie so aufgeregt?)

Herr Abgeordneter Kiss! Herr Abgeordneter Jung! Ich sagen Ihnen Folgendes: (Abg. Kiss: Sie brauchen uns nichts zu sagen! Zwischenruf des Abg. Jung. ) So wie die Änderungen des Sicherheitspolizeigesetzes werden wir auch diese Änderungen, diesen Abänderungsantrag und dieses Gesetz auf Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen. (Abg. Kiss: Dass er so weiterreden darf, das ist ungeheuerlich!)  – Ich weiß, dass Sie es ungeheuerlich finden (Rufe bei der ÖVP: Ja! Abg. Kiss: Nein, das ist zum Ärgern!), wenn wir die Einhaltung der Bundesverfassung fordern.

Sie sollten aber Folgendes zur Kenntnis nehmen: Sie haben die absolute Mehrheit in diesem Haus, aber die Verfassung ist nach wie vor durch eine Zweidrittelmehrheit und durch einen Verfassungsgerichtshof geschützt. (Abg. Jung: Ja, aber das geht bei der Stasi nicht, Herr Kollege!) Wir werden den Weg zu diesem Verfassungsgerichtshof finden (Abg. Jung: Irren Sie sich nicht!), um den systematischen Verfassungsbruch in den Sicherheitsgesetzen dieses Hauses


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