Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 64

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Klubobmann Khol als eine Mücke empfindet, das wird sich für viele Österreicher und Österreicherinnen in den nächsten Monaten als elefantenhafte Belastung herausstellen, denn das, was Sie heute vornehmen, ist ein ernsthafter Eingriff in die Lebensgrundlagen der in Österreich lebenden Menschen. Man kann nicht einfach so drüberfahren, wie Sie das heute zu tun gedenken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was die Saisonniers betrifft, so ist es tatsächlich so, wie es ÖGB-Präsident Verzetnitsch dargestellt hat: Sie öffnen ganz weit die Tore für Billigarbeitskräfte, und zwar für alle Branchen. Die angebliche Obergrenze von 8 000 ist eine Schmähobergrenze, auch wenn Sie immer wieder versuchen, sie als echte Obergrenze darzustellen, denn Sie haben einen Gummiparagraphen eingebaut, der es erlaubt, diese Grenze je nach Empfinden des Wirtschaftsministers nach oben zu verschieben.

Es wird auf Grund dessen, was hier heute von Ihnen beschlossen werden wird, zu einer explosionsartigen Vermehrung bei den Saisonarbeitskräften auf dem österreichischen Arbeitsmarkt kommen. Das ist der wahre Kern dieses Gesetzespaketes, das Sie heute hier vorgelegt haben und das zu beschließen Sie wild entschlossen sind!

Der wahre Kern dieser Gesetzesregelungen ist, dass Sie vorhaben, massenhaft billige Dauerarbeitskräfte nach Österreich zu holen, und das wird die Arbeitskräfte in sehr vielen Branchen massiv unter Druck setzen, zu viel schlechteren Arbeitsbedingungen als bisher zu arbeiten. Man wird sie unter Druck setzen, für einen Lohn zu arbeiten, der weit unter dem liegt, was sie jetzt verdienen. Sie werden dem gleichen Job nachgehen müssen, obwohl ihr Verdienst auf das kollektivvertragliche Niveau zurückgeschraubt wird, denn sonst werden sie durch einen Saisonnier ersetzt. Genau das wird jetzt möglich gemacht!

Ich möchte Ihnen anhand eines Beispiels zeigen, was das bedeuten wird. Das wird zum Beispiel für einen Installateur, der jetzt im Monat 1 622 € verdient – die Installateure verdienen in Österreich über dem Kollektivvertragsniveau –, bedeuten, dass er im Jahr um 62 500 S weniger verdienen wird, weil sein Lohn auf das Kollektivvertragsniveau zurückgestuft wird. Er wird also weit unter dem Gehalt, das er jetzt bezahlt bekommt, verdienen. 62 500 S oder 4 500 € im Jahr sind wahrlich keine Mücke, sondern sind für einen Menschen, der tagtäglich hart arbeitet, eine Menge Geld und eine empfindliche Einbuße. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sind tatsächlich neue Standards, die Sie jetzt auf dem Arbeitsmarkt setzen – Standards, auf die wir wahrlich nicht stolz sein können, weil sie die Menschen zwingen werden, zu schlechteren Bedingungen zu arbeiten und damit zu leben. Das ist der Kern dieses Ihres Gesetzespaketes, das Sie hier vorgelegt haben!

Sie haben die Öffentlichkeit monatelang mit einer Scheindebatte über Deutschkurse, über Deutschkenntnisse beschäftigt, obwohl Sie alle wissen, dass die Ausländer, die in unser Land kommen, sehr interessiert daran sind, unsere Sprache zu erlernen, um sich hier bei uns verständigen zu können. Es fehlen nach wie vor die Angebote, damit sie das auch machen können. Über diese Angebote haben Sie kein einziges Wort verloren. Was Sie besonders beschäftigt, das ist der Zwang, das ist die Drohung und das ist die Strafe für den Fall, dass das nicht geschieht. So, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, wird Integration wohl nicht funktionieren!

Ich komme nun zum nächsten Bereich, nämlich zum Bereich der Schlüsselarbeitskräfte. Die Definition der Schlüsselarbeitskräfte, die Sie in diesem Ihrem Gesetzespaket vornehmen, ist eine ganz neue. Bisher hat man unter Schlüsselarbeitskräften Folgendes verstanden: Wir holen Leute ins Land im Ausmaß einer genau festgelegten Anzahl, einer genau festgelegten Quote, und zwar Leute, die bestimmte Qualifikationen aufweisen können, und zwar Qualifikationen, für die eine Nachfrage besteht.

Sie legen jetzt völlig willkürlich eine Einkommensmindestgrenze fest, und zwar ungefähr 2 000 € im Monat, und derjenige, der weniger verdient, darf nicht ins Land, auch wenn wir seine


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