Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 63

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Betrachten wir bitte das Ergebnis daher auch differenziert! Betrachten wir es etwa differenziert in Hinblick auf die jeweiligen Ergebnisse der Bundesländer und Städte. Die Nachuntersuchungen zu PISA I haben in Deutschland den großen Einbruch in den großen Städten gezeigt. Das lässt sich auch für PISA-Österreich, zum Beispiel für Wien, sagen.

Wir haben hier eine Auswertung nach Städten mit 1 Million Einwohner und mehr, da scheidet also alles andere außer Wien aus. Obwohl es in Wien die höchsten AHS/BHS-Anteile gibt, ist das Niveau in allen Bereichen – Lesen, Mathematik, Prob­lemlösen – erschreckend schlecht. (Abg. Broukal: Das sind aber Bundesschulen!) Nein, es sind auch Hauptschulen dabei, weil es da ja um die 15- bis 16-Jährigen geht. (Abg. Broukal: Sie haben von AHS und BHS geredet!) – Ein hoher AHS-Anteil! Das heißt, man müsste annehmen, dass es hier keine Kinder mit ausgeprägten Lese- und Mathematikschwierigkeiten gibt. (Ruf bei der ÖVP: Zuhören, Broukal!)

Also: Da, wo man annehmen müsste, dass bessere Ergebnisse erzielt werden, kom­men schlechtere heraus! Dieses differenzierte Denken wäre angemessen. Ein Link, ein Hinweis sind Kinder mit Migrationshintergrund.

Wenn ich im heutigen „Kurier“ lese, dass eine Direktorin einer Hauptschule im 15. Be­zirk sagt, 90 Prozent der Kinder sind Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache, frage ich: Wie kamen diese Schüler mit nicht-deutscher Muttersprache – oder, wie ein Lehrer dann ausführt, dass noch immer Analphabeten in höheren Klassen sitzen – dorthin? Warum hat in der Landesschulbehörde Wien niemand darüber nachgedacht, wie man Kindern, Schulstartern, Taferlklasslern den Einstieg in die Schule erleichtert, damit sie am Ende nicht als schlechte Leser und als untaugliche Problemlöser in der PISA-Studie herauskommen?! (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Es ist auch offenkundig – wie Frau Bundesministerin Gehrer ausgeführt hat –, dass Wien über den Finanzausgleich hinaus überdurchschnittlich zusätzliche Planstellen be­kommt, nämlich 700 von 1 700 zusätzlichen für die Bewältigung der besonderen Prob­leme! Wien ist die Antwort schuldig geblieben, was es mit diesen 700 zusätzlichen Planstellen macht, und die Lehrer wissen dann nicht, wie es weitergeht.

Soll ich Ihnen noch ein Wien-Ergebnis nennen? – Wenn Sie die Repetentenzahlen anschauen, oder die Schüler mit Schullaufbahnverlust, wie sie in der Statistik genannt werden: Schullaufbahnverlust in Hauptschulen: Österreich-Schnitt 0,9 Prozent; Wien, überragend über alle Bundesländer, 2,5 Prozent! Warum hat sich in Wien in den Hauptschulen noch niemand Gedanken darüber gemacht, warum es dort die höchste Repetentenquote gibt?

Oder in der AHS-Unterstufe: Österreich-Schnitt 3,4; Wien 4,68 – höchster Wert in ganz Österreich! Warum macht sich keiner Gedanken über die Verhältnisse in den jewei­ligen Ländern? – Da würde ich ansetzen, da ist für mich differenziertes Denken gefordert.

Wenn beklagt wird, dass wir nicht genügend Nachmittagsbetreuung in den Ländern finden – ich bin Wienerin, daher interessiert mich Wien ganz besonders –: Bis auf eine Bundesschule haben in Wien alle Schulen Nachmittagsbetreuung, das sind 87 inklu­sive der Privaten. Bis auf diese eine Schule gibt es Nachmittagsbetreuung, auf Wunsch der Eltern und Lehrer natürlich nicht verschränkt, das heißt am Vormittag Unterricht, Nachmittagsbetreuung mit Freizeit, Lernen, Spaß und so weiter. Bei den Pflichtschulen in Wien, also wofür Wien zuständig ist, haben von 448 Schulen nur 134 Volks- und Hauptschulen eine Nachmittagsbetreuung, und da auch nur zu einem Drittel das nicht verschränkte Modell, also am Vormittag Unterricht und am Nachmittag Freizeit, und Lernen hat Vorrang. Ja, Handlungsbedarf gibt es da, meine Damen und Herren!

 


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