In der Temelin-Debatte gibt es mittlerweile ein großes Glaubwürdigkeitsproblem. Auf der einen Seite die Versprechungen und leeren Phrasen Tschechiens, auf der anderen Seite die Ankündigungen heimischer Politiker. Seit dem Beschluss der erwähnten Entschließung sind mittlerweile zwei Jahre vergangen, aber noch immer ist die Nachweiserbringung ausständig. Als ein Antrag auf Einbringung einer Völkerrechtsklage gegen die Tschechische Republik am 13.03.2008 im Nationalrat behandelt wurde, meinte der damalige Umweltminister Pröll:
„... dass in weiteren Workshops nun die Fragen Qualifikation der Ventile und die hochenergetischen Rohrleitungen auf der 28,8-m-Bühne besprochen werden sollen... Und ich werde dann, nach dieser Arbeit der gemischt parlamentarischen Kommission, natürlich dafür Sorge tragen - das kündige ich hiermit an -, dass die Ergebnisse und Diskussionen dieser parlamentarischen Kommission auch hinsichtlich des Stands der Umsetzung der Vereinbarung von Brüssel zu einer Neubewertung durch Experten führen.“
Tatsächlich hat auch die parlamentarische Kommission keine Lösung der noch offenen Sicherheitsfragen bewirkt. Aber schon im Jahr 2001 gab es vollmundige Ankündigungen. So meinte der damalige Vizekanzler Molterer, dass Temelin nicht in den kommerziellen Betrieb gehen werde, bevor die Punkte im Melker Abkommen umgesetzt seien. Bis heute haben diverse Politiker immer wieder ihren vehementen Einsatz gegen das AKW Temelin versichert. Aber dieser Einsatz dürfte sich nur auf die Theorie bezogen haben. Während sich die österreichische Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm damit begnügt den Sicherheitsdialog „intensiv“ fortzusetzen, wird zeitgleich die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung massiv gefährdet, wie die zahlreichen Störfälle in Temelin beweisen. Alleine im Jahr 2008 gab es über zehn Störfälle. Trotz monatelanger Reparaturarbeiten musste der Block I Ende Oktober außer Betrieb genommen werden, kurz danach auch der Block 2. Der durch diverse Pannen alleine heuer bedingte Strom-Produktionsausfall kostet Tschechien rund 100 Millionen Euro. Um effizienter produzieren zu können, wurde vor einigen Monaten bekannt, dass am Standort Temelin zwei neue Reaktoren erbaut werden sollen. Auch diesbezüglich interpretiert Tschechien die internationale Rechtssprechung auf ihre Weise. In der tschechischen Republik ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung kein Teil des Genehmigungsverfahrens, sondern stellt lediglich eine fachliche Grundlage dar, die nicht gerichtlich angefochten werden kann. Dies widerspricht geltendem EU-Recht, konkret der UVP-Richtlinie 85/337/EWG, was die Tschechische Republik als EU- Mitgliedsstaat wissen müsste, aber nicht akzeptieren will.
Auf der Homepage des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten wurde, datiert mit dem 12.12.2001, von der damaligen Außenministerin Ferrero-Waldner explizit festgehalten, dass die Brüsseler Vereinbarung beim Europäischen Gerichtshof einklagbar sein werde. Es ist an der Zeit, diese Möglichkeit endlich zu nutzen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem einstimmig beschlossenen Entschließungsantrag vom 14.12.2006 nachzukommen und umgehend eine Völkerrechtsklage gegen die Tschechische Republik wegen Bruchs des zwischen der Tschechischen Republik und der Republik Österreich geschlossenen internationalen und völkerrechtlich verbindlichen Vertrages (Melker Protokoll – Brüsseler Fassung) einzuleiten.“
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