Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 172

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Sie nehmen 500 Millionen € als sogenanntes Familienentlastungspaket in die Hand. Diese kommen aber hauptsächlich besser verdienenden, einkommensstärkeren Fami­lien zugute. (Abg. Kopf: Absetzbeträge!) Wer wieder durch die Finger sieht, das sind Familien, die eben keine Steuern zahlen. Das ist aus meiner Sicht familien-, frauen- und sozialpolitische Vogel-Strauß-Politik, weil Sie die Probleme nicht sehen und sie auch nicht angreifen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Absetzbeträge! Absetzbe­träge sind genau für die Kleinen!)

Sie wissen – und das haben wir heute schon mehrfach gehört – eine Million Menschen in Österreich lebt in Armut, darunter 250 000 Kinder und Jugendliche, darüber hinaus hauptsächlich alleinerziehende Frauen. Die österreichischen Familien sind vielfachen Belastungen ausgesetzt – steigende Wohnkosten, steigende Lebensmittelkosten, Kin­derbetreuungskosten und vieles mehr; ich brauche Ihnen das nicht aufzuzählen – und viele Familien können sich ihr Leben jetzt gerade noch leisten.

Es gibt also nicht nur die Familien, die in Armut leben und es sich jetzt schon nicht mehr leisten können, sondern auch jene, die es sich gerade noch leisten können, die aber in der berechtigten Angst leben, dass sich das recht schnell ändern könnte und dass sie recht rasch in diese Armut abgleiten könnten – und das in Österreich, einem der reichsten Länder der Welt! Das ist beschämend!

Daher ist es nicht einzusehen, dass wir nach wie vor zusehen, dass die Ressourcen in diesem Land so ungerecht verteilt sind. Ich fordere daher alle Damen und Herren in diesem Haus auf, mit uns gemeinsam mutig eine wirkliche, echte, gerechte Vertei­lungspolitik anzugehen, denn sonst sieht es schlecht aus für die Menschen in diesem Land, denn wir müssen den Menschen helfen, die diese Hilfe tatsächlich brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Aus der Regierungserklärung wurde uns heute schon vorgelesen – auch ich möchte aus ihr zitieren –:

„Messen Sie uns an unseren Bemühungen, Verbesserungen für jene zu erreichen, die dem Wettbewerb in einer globalisierten Wirtschaft am schutzlosesten ausgeliefert sind!“

Ja, liebe Regierung, ich nehme sie hier beim Wort! Ich frage mich ohnedies, wo Sie, die Damen und Herren der Regierungsparteien, Ihr soziales Gewissen und Ihren frau­enpolitischen Blick abgegeben haben. Ich hoffe, im „Pfandl“ – oder für alle, die Wiene­risch nicht verstehen: in der Pfandleihe, weil dort kann man es wieder auslösen, und das wäre dringend notwendig.

Ich fordere daher echte Lösungen, faire Lösungen, treffsichere soziale Lösungen, und ich möchte diese hier noch einmal kurz wiederholen: soziale Sicherheit für alle, Be­kämpfung von Armut durch beispielsweise bedarfsorientierte Grundsicherung, gesetzli­chen Mindestlohn, Bekenntnis und Mut zu verteilungspolitischen Schritten, die wesent­lich auch zur Finanzierung anderer Leistungen beitragen würden, Investition in Infra­struktur, das heißt, flächendeckende kostenlose Kinderbetreuung inklusive der qualita­tiven Standards für das Personal, das in diesen Bereichen tätig ist, einen Vaterschutz­monat, der einen vollen Einkommensersatz beinhaltet, Modelle, die Gleichstellung be­fördern und frauenpolitisch wirksam sind, beispielsweise ein durchgängiges Modell des einkommensabhängigen Karenzgeldes, und zu guter Letzt die Valorisierung der Fami­lienbeihilfe. (Beifall bei den Grünen.)

Sehen Sie, so könnte soziale Politik aussehen! Wir Grünen im Allgemeinen und ich als Familiensprecherin im Speziellen werde diese die nächsten Jahre einfordern, dessen können Sie gewiss sein.

 


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