Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll8. Sitzung / Seite 110

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cher Zusagen in den letzten Monaten nichts verbessert. Das ergab der kürzlich veröf­fentlichte Bericht der KulturexpertInnen.

Am 12.Dezember 2008 läuft eine Frist der drei Exportkreditagenturen (Ö, CH, D) aus, bis zu denen die Türkei belegen muss, dass die Auflagen in den Bereichen Umwelt, Menschenrechte und kulturelles Erbe für das Staudammprojekt Ilisu eingehalten wer­den. Anderenfalls haben die Staaten angekündigt, sich aus dem Projekt zurückzuzie­hen.

Es ist so gut wie auszuschließen, dass die Türkei die Auflagen einhalten kann

In den vergangenen zwölf Monaten haben ExpertInnen im Auftrag der drei europäi­schen Staaten wiederholt festgestellt, dass die türkischen Behörden sich nicht an die Vorgaben und internationalen Standards halten. Trotzdem drängt vor allem Österreich weiterhin vehement auf den Bau des Projekts. Es besteht der begründete Verdacht, dass sich Österreich, Deutschland und die Schweiz über die Expertenberichte hinweg­setzen wollen und sich, wie schon in der Vergangenheit, mit Beteuerungen seitens der Türkei zufrieden geben, dass alles in bester Ordnung sei und die Auflagen eingehalten würden. Dass die Türkei in der Vergangenheit versucht hat, die Europäer zu täuschen ist belegt. Auflagen waren von Ankara als „erledigt“ gemeldet worden, was sich bei einer Überprüfung als falsch herausstellte.

Das geplante Wasserkraftwerk Ilisu am Tigris-Fluss in Südostanatolien ist eines der verheerendsten Großprojekte, das jemals geplant wurde. Es war von Anfang an unver­ständlich, dass ein Projekt, das Umweltzerstörung, Vernichtung von kulturellem Erbe und Menschenrechtsverletzungen im großen Stil verursacht, von der österreichischen Bundesregierung aktiv gefördert wird. Bis zu 65.000 Menschen wären direkt vom Stau­damm betroffen.

Die Türkei will für das Ilisu-Projekt mit österreichischer, deutscher und Schweizer Un­terstützung den Tigrisfluss auf einer Länge von 130 Kilometern aufstauen. Die österrei­chische Kontrollbank hat im März 2007 im Auftrag von ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer eine Exportgarantie für Lieferungen von Turbinen und elektromechanischer Ausrüstung für das türkische Wasserkraftwerk im Volumen von knapp 285 Millio­nen Euro erteilt. Österreichs SteuerzahlerInnen übernehmen über eine öffentliche Haf­tung das Risiko für die Beteiligung österreichischer Unternehmen am Projekt Ilisu. Die Schweizer Regierung haftet mit 225 Mio. Franken (138,8 Mio. Euro), die Deutsche Regierung für weitere ca. 100 Mio. Euro. Beteiligte Unternehmen: Andritz / VA-Tech Hydro (Österreich), Alstom (Schweiz), Züblin (Deutschland), sowie türkische Unterneh­men. Die Gesamtkosten des Staudamms werden auf ca. zwei Mrd. Euro geschätzt.

Am 12. Dezember soll Dr. Rudolf Scholten, Chef der Österreichischen Kontrollbank, eine Empfehlung an den Finanzminister abgeben, der daraufhin die politische Ent­scheidung für Österreich treffen muss.

Alles andere als ein sofortiger Ausstieg Österreichs aus dem Ilisu-Projekt wäre ein Skandal.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, die seitens Österreichs via Öster­reichische Kontrollbank gewährte staatliche Exportkreditgarantie für das türkische Staudammprojekt Ilisu umgehend zurückzuziehen.

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