Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll17. Sitzung / Seite 214

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Ich bin sicher, dass wir im Ausschuss darüber eine ausgiebige Diskussion führen werden, darf aber auch einladen und bitte, zu versuchen, dieses Thema mit der not­wendigen Ernsthaftigkeit, unter Aufwendung der erforderlichen Zeit und einer ordent­lichen Termingestaltung zu lösen – und nicht immer wieder gerade dann, wenn jemand in den Medien einen Bericht gehört hat darüber, was in der furchtbaren Zeit passiert ist, das also nicht immer anlassbezogen zu debattieren, sondern das gehört aufgearbeitet und erledigt. Ich lade Sie zu einer interessanten Diskussion im Ausschuss ein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

19.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.46.04

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird hier der Eindruck erweckt, dass es in diesem Zusam­menhang keine entsprechenden Gesetze gibt. Tatsächlich gibt es aber das Aufhe­bungs­gesetz aus 2005, das auf das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 und das Befreiungsamnestie-Gesetz 1946 verweist. Ich habe den Eindruck, dass man da wieder einmal ein bisschen aufpassen muss, dass zwar einerseits sicherlich richtige Ansätze zu finden sind, andererseits aber die Ex-post-Betrachtung, also die Betrach­tung der Geschichte mit der Brille der Gegenwart hier auch Probleme schafft.

Ich möchte zwei Dinge aufzeigen, die ich in diesem Antrag gefunden habe und als problematisch erachte. Das eine ist das Befreiungsamnestie-Gesetz aus dem Jahr 1946.

Ich möchte Ihnen nur kurz zur Kenntnis bringen, was das besagt, nämlich:

„Wegen strafbarer Handlungen ..., die zwischen dem Tag der Befreiung“ – das heißt, jeweils nach dem Bundesland unterschiedlich, 1945, so die Diktion – „... und dem 25. November 1945 vorwiegend zu dem Zwecke gesetzt worden sind, die Einrichtung der Republik Österreich als demokratischen Staat zu sichern, nationalsozialistisches Vermögen öffentlichen Interessen dienstbar zu machen oder Opfern der national­sozialis­tischen Herrschaft moralische oder materielle Genugtuung zu verschaffen, ist kein Strafverfahren einzuleiten, sofern die Strafdrohung nicht über zehn Jahre beträgt.“

Das heißt, sechs Monate lang waren Raub, Vergewaltigung, Diebstahl, Körper­verlet­zung, Nötigung, wenn sie im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der Republik stattfanden, straffrei. Es ist das aus der damaligen Sicht ein sicherlich verständliches Gesetz, aber wenn ich an die heutige Rechtsordnung und Rechtslage denke und an die Einstellung zu derartigen Dingen, dann hätte ich mir erwartet, dass die Grünen so nach dem Motto „Niemals vergessen!“, aber auch nach der Ansicht: Wir betrachten das jetzt mit dem Blick der heutigen Zeit!, eher für die Aufhebung eines solchen Gesetztes eingetreten wären. Das ist allerdings nicht der Fall.

Der zweite Punkt, der sehr problematisch ist in diesem Gesetzesantrag der Grünen, betrifft die sogenannten Mischverfahren, Mischverurteilungen. Es gab ja Verurteilun­gen, die einerseits aufgrund politischer Gesetze stattgefunden haben und andererseits aufgrund der normalen strafbaren Handlungen, der normalen Strafgesetze. Ein typi­sches Beispiel dafür ist die Desertion und in Verbindung damit ein Mord. Diese Misch­verurteilungen sind in späterer Folge so gehandhabt worden, dass das politische Urteil aufgehoben war und über das strafrechtliche Urteil ein neues Verfahren eingeleitet wurde.

Richtigerweise wird festgestellt, dass natürlich 64 Jahre nach dem Krieg – das ist eben jetzt, da dieser Antrag hier eingebracht wurde – all die Straftaten verjährt sind, nicht


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