Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 109

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eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 8, Bericht des Justizaus­schusses über den Antrag 446/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer - gemeinsame Obsorge beider Eltern­teile (565 d.B.), in der 49. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 10. Dezember 2009.

Seit dem 1.7.1998 gilt in der Bundesrepublik Deutschland das neue Kindschaftsrecht. Und dieses geht von einem grundsätzlichen Fortbestand der gemeinsamen elterlichen Sorge aus. Damit hat der deutsche Gesetzgeber die Bedeutung von Vater und Mutter für die gesunde Entwicklung eines Kindes erkannt und betont. Somit ist die gemeinsa­me Obsorge der gesetzliche Regelfall nach einer Scheidung. Über das Sorgerecht ent­scheidet das Gericht nur noch dann, wenn ein Elternteil für sich das alleinige Sorge­recht beantragt. Jener Elternteil, der die Alleinsorge für die Kinder anstrebt, muss nach­weisen, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl abträglich ist.

Die angesprochenen Regelungen wurden in der BRD nach der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention eingeführt. Der Art. 18 dieses „Übereinkommens über die Rechte des Kindes“ regelt das Recht auf beide Elternteile:

„Art. 18 (1) Die Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die Anerkennung des Grundsatzes sicherzustellen, dass beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind. Für die Erziehung und Entwicklung des Kindes sind in erster Linie die Eltern oder gegebenenfalls der Vormund verant­wortlich. Dabei ist das Wohl des Kindes ihr Grundanliegen.“

Anläßlich der Hinterlegung der Ratifikations- bzw. Beitrittsurkunden wurde von der Bundesrepublik Deutschland unter anderen folgende Erklärung abgegeben, die ohne Zweifel als die Grundlage für die Einführung der gemeinsamen Obsorge angesehen werden kann:

„Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erklärt, daß sie das Übereinkommen über die Rechte des Kindes als einen Meilenstein der Entwicklung des internationalen Rechts begrüßt und die Ratifizierung des Übereinkommens zum Anlaß nehmen wird, Reformen des innerstaatlichen Rechts in die Wege zu leiten, die dem Geist des Über­einkommens entsprechen und die sie nach Art. 3 Abs. 2 des Übereinkommens für ge­eignet hält, dem Wohlergehen des Kindes zu dienen. Zu den geplanten Maßnahmen gehört insbesondere eine Neuordnung des Rechts der elterlichen Sorge für Kinder, de­ren Eltern keine Ehe eingegangen sind, die als verheiratete Eltern dauernd getrennt le­ben oder geschieden sind. Hierbei wird es insbesondere darum gehen, auch in solchen Fällen die Voraussetzungen für die Ausübung der elterlichen Sorge durch beide Eltern zu verbessern.“

Seit 01.07.2001 gibt es in Österreich die Möglichkeit, die „Obsorge beider Elternteile" im Falle einer Scheidung freiwillig zu vereinbaren. Diese Regelung wurde im Jahr 2005 einer Evaluierung unterzogen. Die Evaluierungsstudie des BMJ brachte unerwartete Ergebnisse (zumindest für die Studienersteller). Die neue Möglichkeit der gemeinsa­men Obsorge wurde im Untersuchungszeitraum in über 53% der Fälle in Anspruch ge­nommen. Positive Auswirkungen sind vor allem die schnellere Beruhigung des Konflikt­niveaus, weniger Konflikte um die Ausübung des Besuchsrechts, hohe Zufriedenheit mit der Obsorge beider Elternteile, häufigere Kontakte der Kinder mit dem getrennt le­benden Elternteil, eine zehn mal niedrigere Kontaktabbruchsrate als bei alleiniger Ob­sorge, der getrennt lebende Elternteil übernimmt quantitativ und qualitativ mehr elterli­che Aufgaben und Verantwortung, mehr Austausch zwischen den getrennt lebenden Eltern, positive Auswirkungen auf die Zahlung des Kindesunterhalts (pünktlicher, Höhe wird eher als angemessen erlebt, etc.).

Am 28.01.2009 hat der Schweizer Bundesrat eine Novelle zum Zivilgesetzbuch in Be­gutachtung geschickt, welche vorsieht, im Bereich der Elternschaft die gemeinsame


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