Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 57

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„Lohn- und Sozialdumping ist eine sozialpolitisch unerwünschte Erscheinung, ...“

Das ist unerwünscht, ja; wir Grüne schließen uns dem voll und ganz an. Wir brauchen offensive Maßnahmen zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping auf dem öster­reichischen Arbeitsmarkt. Das brauchen wir ganz dringend. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, die Frage, die man aber natürlich in diesem Zusammen­hang stellen muss, lautet: Ist dieses Gesetz in der Lage, diese Aufgabe zu bewältigen? Können wir mit diesem Gesetz diesem Ziel näher kommen? Bringt es uns im Kampf um faire Löhne, um faire Arbeitsbedingungen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt weiter? Bringt es uns weiter, wenn es um faire Arbeitsbedingungen für Frauen wie Männer, für Inländer wie Ausländer, für Junge wie Alte geht? – Ich sage: Es hilft leider nur sehr begrenzt! Sicher wird mit diesem Gesetz ein erster wichtiger Schritt getan. Es wird erstmals möglich sein, dass Löhne, Lohnhöhen behördlich kontrolliert werden und dass Unterentlohnung auch wirklich durch Strafe sanktioniert wird. Das ist ein wichtiger Schritt und auch der Grund dafür, dass die Grünen diesem Gesetz letztlich in dritter Lesung ihre Zustimmung geben werden.

Aber – und ich muss sagen: Dieses Aber ist schon ein sehr großes „Aber“! – wenn ich mir die weiteren Details dieses Gesetzes anschaue, dann muss ich sagen: Es wimmelt wieder vor Halbherzigkeiten und – leider muss ich das so sagen – vor faulen Koali­tionskompromissen, die dann letztlich dazu führen, dass dieses Anti-Lohn- und Sozial­dumpinggesetz in vielen Punkten nicht das erreichen wird, was man sich damit zum Ziel gesetzt hat. (Beifall bei den Grünen.)

Genau deshalb haben wir Grüne einen sehr umfangreichen Abänderungsantrag vor­bereitet, der hoffentlich bereits verteilt worden ist. Ich möchte nun diesen Antrag ge­meinsam mit unseren weiteren Kritikpunkten in groben Zügen erläutern.

Erster Punkt: Kontrolliert wird künftig nur der Grundlohn ohne Zulagen und Zuschläge. Was bedeutet das, und wie relevant ist das? – Es gibt einfach viele Branchen, etwa die Baubranche, wo diese Zuschläge bis zu 25 Prozent, manchmal 50 Prozent des Entgel­tes betragen. Es wäre daher sehr wichtig, um wirklich effizient kontrollieren zu können, das gesamte Entgelt zu kontrollieren. Auch die Gewerkschaft hat gefordert, so wie wir auch, dass das gesamte Entgelt kontrolliert wird, als Basis für die Kontrolle herangezo­gen wird. Aber leider ist es nicht gelungen, das im Gesetzentwurf zu verankern. Es ist leider nichts daraus geworden, weil es offensichtlich ein Koalitionspartner in dieser Regierung – Überraschung! Überraschung!, es ist die ÖVP – mit dem Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping doch nicht ganz so ernst nimmt.

Zweiter Punkt: Die Strafen sind uns zu niedrig. Leider wurden die Strafen sowohl für einmalige als auch für wiederkehrende Unterentlohnung gegenüber jenen im Ministe­rialentwurf herabgesetzt. Wir bedauern das sehr, denn wir sind absolut davon über­zeugt, dass nur wirklich hohe Strafen systematische Unterentlohnung verhindern kön­nen. Nur wenn sich etwas sozusagen nicht mehr auszahlt, wird es auch nicht mehr stattfinden. Wir Grüne schlagen deshalb vor, dass die Strafhöhe unmittelbar an das Ausmaß der Unterentlohnung gekoppelt werden soll, das heißt: große, wirklich hohe Strafen für die „großen Fische“, niedrigere Strafen dann, wenn es eben so etwas wie ein Ausrutscher war.

Dritter Punkt: Wir sind nicht zufrieden mit der Informationspolitik rund um die Anzeigen, wenn sozusagen Unterbezahlung angezeigt wird. Es ist derzeit nicht vorgesehen, dass der Betroffene selbst beziehungsweise seine Interessenvertretung, also die Arbeiter­kammer oder die Gewerkschaft, von dieser Anzeige informiert wird. Das ist definitiv ein Problem! In Folge wäre es natürlich notwendig, das Rechtsmittel der Verbandsklage zu etablieren, damit nicht nur der Betroffene selbst klagen kann in diesem Zusammen­hang, sondern eben auch seine Interessenvertretung. Aber leider ist auch das im Ge-


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