Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll110. Sitzung / Seite 58

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Richterspruch geben. Der Richterspruch war in dem ursprünglichen Vorschlag von SPÖ, ÖVP und BZÖ nicht enthalten. Sie hatten nach wie vor eine Automatik festge­schrieben. Nach dem Hearing und auch nach den Gesprächen mit uns haben wir es geschafft, dass diese Automatik umgedreht wurde und dass es jetzt nicht automatisch alle Gefangenen betrifft, sondern eben nur jene, bei denen der Richter es verfügt.

Natürlich kann man über die Frage diskutieren: Will man, dass ein Einzelner über poli­tische Rechte von anderen entscheidet? Uns wäre es auch lieber, wenn es gar keine Ausschließungsgründe gäbe, weil es einfach antiquiert ist und unserem demokratie­politischen Verständnis nicht entspricht. Das war nicht mehrheitsfähig. Aber die Rege­lung, so wie sie jetzt vorgesehen ist, ist jedenfalls eine bessere als die, die wir bisher hatten.

Was uns aber nach wie vor schmerzt, ist, dass da nicht nur auf politische Delikte abge­zielt wird, sondern auch auf sonstige Straftatbestände. Alle, die ein Strafausmaß von mehr als fünf Jahren ausgefasst haben, fallen darunter. Wir bringen deswegen diesbe­züglich einen Abänderungsantrag unsererseits ein, wobei wir hoffen – wenn auch nur mehr schwach hoffen –, dass Sie sich vielleicht noch umstimmen lassen und unserem Abänderungsantrag zustimmen werden.

Nun noch ein Allerletztes zur Familie Habsburg beziehungsweise zum Wahlrecht für Angehörige ehemals regierender Familien, wie es eigentlich im Bundespräsidenten­wahlgesetz steht – leider ist Kollege Cap, auf dessen Ausführungen ich replizieren möchte, jetzt nicht mehr da, ich sehe ihn zumindest nicht –: Was mich schon befrem­det, ist, dass man hiebei auf Familien abstellt. Ich gehe in meinem demokratiepoliti­schen Verständnis von Individuen aus. Der Familienname sagt nichts darüber aus, ob die Person Republikaner ist oder nicht ist, rechts oder links gerichtet ist und welches demokratiepolitische Verständnis sie hat. Das war auch eines der Probleme mit diesem Paragraphen. Auch wenn es dazu eine Geschichte gibt, die im Jahr 1920 nachvollzieh­bar so war, so ist es doch nach 90 Jahren – und das hat Kollege Cap ja auch gesagt – tatsächlich an der Zeit, das zu überdenken.

Wir haben einen entsprechenden Antrag eingebracht, denn für uns gelten zwei Leit­linien in der Demokratie, und zwar, dass in einer Demokratie und im Rechtsstaat alle mitreden können sollen, die von den Entscheidungen dieses Staates betroffen sind, und dass jeder Mensch Grund- und Menschenrechte hat. Es bedarf absolut guter Rechtfertigungen, wenn man sozusagen von diesen Grund- und Menschenrechten ab­sieht. Das war in diesem Fall – nämlich des Ausschlusses von der Wählbarkeit – sicher nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund freut es mich, dass wir hier einen Konsens ge­funden haben.

Kollege Molterer hat gesagt – und viele andere auch –, das ist sicher nicht der letzte Akt, den wir im Zusammenhang mit Wahlrechtsänderungen haben werden. Auf der Ta­gesordnung steht, wie gesagt, die Diskussion darüber, ob ein vorgezogener Wahltag eine Möglichkeit darstellt – die eben in anderen Bundesländern schon erprobt ist –, die sich auch für die Bundeswahlen sinnvoll gestalten ließe.

Eine weitere Frage ist – nämlich vor dem Grundsatz: alle, die von Entscheidungen be­troffen sind, sollen auch mitreden können –, wie sich die Diskussion um das kommu­nale Wahlrecht von MigrantInnen weitergestalten wird. Sie alle wissen, Rot-Grün – nicht Rot-Grün als Regierung, sondern Rot-Grün als inhaltliche Achse – hat das ja vor Jahren schon in Wien beschlossen. Es wurde dann vom Verfassungsgerichtshof so nicht zugelassen. Aber wir werden da dranbleiben, weil das einfach meine demokratie­politische Überzeugung ist, dass es nicht sein kann, dass Menschen, die jahrzehnte­lang hier leben, hier nicht wählen können.

Vor diesem Hintergrund freue ich mich schon auf weitere Diskussionen und bringe jetzt noch den Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf 1527/A in 1257 der Beilagen ein.

 


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