Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 168

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Legistik ist eine ganz andere. – Also dafür mein Dank, was alles geht, wenn man dahinter ist und die Überstunden in Kauf nimmt.

Aber was in diesem Zusammenhang auch interessant war, ist: Ich glaube, noch vor einem Jahr wäre das nicht gegangen, nämlich dass wir diese Mitwirkungsrechte des Parlaments an der Vollziehung durchgesetzt hätten, in dem Fall an der Vollziehung des Finanzministeriums! Noch vor einem Jahr wäre dieses Leidensbewusstsein nicht vorhanden gewesen, diese ständigen intergouvernementalen Methoden auf der EU-Ebene und so weiter. Vielleicht ist seit einem Jahr – das wäre das Entscheidende, aber das ist nur eine Hypothese, die Sie dann belegen oder widerlegen müssen –, ist in diesen zwölf Monaten – das ist jetzt ein willkürlicher Zeitraum – das Selbstbewusstsein der Parlamentarier entsprechend gestiegen.

Ich glaube, vor einem Jahr noch hätte man gesagt: Ja, das soll das Finanzministerium machen, und basta. – Jetzt nicht mehr! Dieses Selbstbewusstsein des Parlaments wünsche ich mir in anderen Dingen auch. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Beim Suchen von Highlights fallen einem dann Sachen ein, die man eigentlich schon vergessen hatte, die aber, für sich genommen, alle interessant und teilweise auch amüsant waren, so zum Beispiel die Verhandlungen über das bundeseinheitliche Tier­schutzgesetz. Molterer war Klubobmann, wenn ich mich nicht irre; oder war er Minister? – Das könnte ich jetzt nicht mit Sicherheit sagen. Jedenfalls hat er sinn­gemäß zu mir gesagt:

Wir wollen natürlich in der Sache ein tolles Gesetz, klar, aber außerdem ist es Aufgabe der ÖVP, die Bauern bei der Stange zu halten, und Aufgabe der Grünen, die NGOs bei der Stange zu halten. – Das ist gelungen! Fragen Sie mich im Nachhinein nicht, wie, aber es ist gelungen.

Dann fallen einem auch Sachen ein, die völlig unwichtig sind, die aber irgendwie amüsant waren. Die wenigsten werden sich daran erinnern, dass ich in der Nach­kriegsgeschichte wahrscheinlich der einzige Abgeordnete bin, der das Instrument der tatsächlichen Berichtigung gegen sich selbst angewandt hat. (Heiterkeit.)

Das war spätabends, das weiß ich noch. Ganz kurz die Vorgeschichte: Ich habe in einer Rede das literarische Zitat: Spät kömmt Ihr – Doch Ihr kömmt!, an die Sozial­demokraten gewandt, gesagt und habe es Shakespeare zugeschrieben. Nachher bin ich wieder da gesessen; einer nach dem anderen von den Kollegen aus verschie­densten Fraktionen kommt und sagt: Na, Shakespeare, nein! – Unterschiedlichste Vermutungen, von wo das ist! (Heiterkeit.) Bis Andreas Khol kam – und irgendwie, fragen Sie mich nicht, warum, habe ich von Andreas Khol geglaubt: Er weiß das! Andreas Khol hat gesagt: Nein, nein, nicht Shakespeare; Schiller, „Wallenstein“!

Dann habe ich gegrübelt: Was mache ich jetzt? (Heiterkeit.) – Heinz Fischer führte den Vorsitz. Ich bin dann zu ihm hinauf gegangen und habe gesagt: Herr Präsident, ich möchte eine tatsächliche Berichtigung machen, aber in eigener Sache. (Heiterkeit.) Schauen Sie in der Geschäftsordnung nach, Herr Präsident, da steht nicht, dass das verboten ist. (Heiterkeit.) Und typisch Heinz Fischer: Er hat es zugelassen, aber ohne Präjudiz! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall.)

Das muss man dann natürlich zelebrieren. Ich ging also zum Rednerpult und sagte: „Der Abgeordnete Van der Bellen hat in seiner Wortmeldung fälschlich behauptet, daß das Zitat ‚Spät kömmt er, aber er kömmt!‘ von Shakespeare sei ...“ – und so weiter. – Und: Wahr ist vielmehr, ich berichtige tatsächlich ...! – Das war sehr lustig; spät am Abend.

Also, ich gehe jetzt mit Wehmut.

 


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