Parlamentskorrespondenz Nr. 326 vom 15.05.2003

BUDGETBEGLEITGESETZ: VP/FP BEREITEN UMFANGREICHE ABÄNDERUNGEN VOR

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Wien (PK) - In seiner dritten Sitzung zum Budgetbegleitgesetz 2003 setzte der Budgetausschuss heute Abend unter der Vorsitzführung seines Obmanns Jakob Auer die am letzten Dienstag unterbrochenen Beratungen über Änderungen und Neuerungen im Bereich Steuerrecht und Finanzen fort und wandte sich im Anschluss daran wiederum den Beratungen der Pensionsreform zu, die der Ausschuss nach der Marathonrede des Abgeordneten Öllinger heute frühmorgens unterbrochen hatten.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) leitete die Debatte ein, indem er auf einen noch nicht vorgelegten Abänderungsantrag einging, den die Regierungsparteien zum Thema Begünstigung nicht entnommener Gewinne vorbereiten. Matznetter schilderte die 16-stündigen Arbeitstage vieler Kleinunternehmer, die kaum ihren Lebensunterhalt verdienen können und plädierte dafür, die kleinbetriebliche Struktur der österreichischen Wirtschaft zu erhalten. Er sah es daher als problematisch an, dass Freiberufler in die Begünstigung einbezogen werden sollen und man in Richtung einer Sparförderung in Betrieben gehen wolle. Matznetter appellierte an die Regierungsparteien, nicht Ansparmöglichkeiten bei den Großen zu verbessern, sondern  einen Fonds einzurichten, aus dem Kleinbetriebe Eigenkapitalderivate bekommen können, wenn sie ihre betriebliche Struktur stärken wollen.

Hinsichtlich des ÖIAG-Gesetzes kritisierte Matznetter die vorgesehene Dividendenausschüttung in der Höhe von 300 Mill. €, die die ÖIAG dazu zwinge, rasch zu privatisieren, was einer optimalen Preisbildung widerspreche.

Den geplanten Verkauf der Post AG hielt Matznetter für eine bloße Geldbeschaffungsaktion und wies darauf hin, dass nicht einmal die USA den Fehler gemacht hätten, das staatliche Vertriebsnetz zu privatisieren. Die Zustellungsqualität dürfe nicht gefährdet werden, weil sie wichtig sei für den Wirtschaftsstandort und die Lebensqualität der Menschen. Die Österreichische Post sei ein hervorragendes Unternehmen, es bestehe kein Anlass, sie zu verkaufen.

Statt des Aufbaus von Parallelstrukturen in der Filmförderung plädierte Abgeordneter Matznetter dafür, die Mittel des Österreichische Filminstituts, des vormaligen Filmförderungsfonds, aufzustocken.

Weitere Detailfragen des Abgeordneten richteten sich auf die Herausgabe einer neuen Förderungsrichtlinie und Änderungen im Bundeshaushaltsgesetz betreffend Vorbelastungen und die Verfügung über Bundesvermögen.

Kritisch wandte sich Matznetter auch gegen die Absicht, bei der Gemeindefinanzierung die Vorteile des Staates im Wettbewerb mit Privaten zur Geltung zu bringen, zumal zur Finanzierung von Gemeinden mit dem Kommunalkredit ein hervorragendes Instrument zur Verfügung stehe. Angesichts der allgemeinen Zufriedenheit mit der Tätigkeit der Kontrollbank zeigte sich der Redner verwundert über eine Änderung des Ausfuhrförderungsgesetzes, die darauf hinauslaufe, dass der Name der Kontrollbank im Gesetz nicht mehr aufscheine.

Abgeordneter Werner Kogler (G) hielt es für vernünftig, rechtzeitig über einen Abänderungsantrag zur Begünstigung nicht entnommener Gewinne zu diskutieren und interessierte sich für die diesbezüglichen Vorschläge des Abgeordneten Stummvoll. Für unverständlich hielt es Kogler, dass Gewinne nach sieben Jahren steuerbegünstigt aus den Betrieben wieder entnommen werden können, Kogler fühlte sich an ein steuerbegünstigtes Prämiensparmodell erinnert.

Beim Thema Privatisierungen betonte Kogler, die Grünen seien nicht grundsätzlich gegen Privatisierungen. Es stelle sich aber bei jeder Privatisierung die Frage, wie sie durchgeführt werde. Abzulehnen sei jedenfalls das Motiv, "rasch Geld in das Budget einzustellen".

Unter Ökologisierung des Steuersystems verstehe er, Kogler, etwas anderes als die Mineralölsteuer auf Diesel um 2 Cent und auf Benzin um 1 Cent anzuheben. Den Namen Reform würde es verdienen, wenn eine Milliarde Euro bewegt und in die Struktur des Steuersystems eingegriffen würde.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) berichtete den Oppositionsabgeordneten, dass die Regierungsparteien erst heute ihre Verhandlungen über einen Abänderungsantrag abgeschlossen haben und nun die Legisten daran gehen, einen umfassenden Abänderungsantrag zu formulieren. Dieser werde den Abgeordneten selbstverständlich 24 Stunden vor der Beschlussfassung übermittelt werden. Er wolle darüber hinaus prüfen, ob es nicht möglich sei, Teile des Abänderungsantrages schon vorher mit den Oppositionsparteien zu verhandeln.

Abgeordneten Kogler erinnerte Stummvoll daran, dass die Vorlage nicht die große Steuerreform enthalte, sondern nur einen ersten Schritt im Umfang von 0,5 Mrd. €, dem ein zweiter, fünfmal so großer Schritt folgen soll. Sofort sollen die Entlastung kleinster Einkommen, die Abschaffung der dreizehnten Umsatzsteuervorauszahlung und Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenkapitalsituation der KMU beschlossen werden. Bei letzterem orientiere er sich pragmatisch an den Wünschen, die von den Unternehmern selbst geäußert werden. Für diese habe die Begünstigung nicht entnommener Gewinne Priorität. Nach dem "letzten Stand der Gespräche" soll die Mindeststeuer von 20 %, die ein Hemmnis für kleine Betriebe wäre, fallengelassen und statt dessen eine Deckelung bei 100.000 € Gewinn eingezogen werden. Damit würden 400 Mill. € bewegt. Priorität für die zweite Etappe der Steuerreform hat für Stummvoll eine Senkung der Körperschaftssteuer im Interesse des Industriestandorts Österreich. Den Einsatz der Bundesfinanzierungsagentur zur Gemeindefinanzierung hielt Stummvoll aus ordnungspolitischen Gründen für nicht richtig, da die Agentur nicht dem Bankwesengesetz unterliege.

Abgeordneter Thomas Prinzhorn (F) bekannte sich zu dem zentralen Anliegen, das Eigenkapital kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken. Es gehe um eine sozial treffsichere Lösung, bei der Missbrauch vermieden und die Verwaltungskosten so gering wie möglich gehalten werden.

Beim Thema Privatisierung der Post kann sich Abgeordneter Prinzhorn sehr gut einen Wettbewerb mehrerer Gesellschaften unter Aufsicht eines Regulators vorstellen. Eine Haftung des Steuerzahlers bei der Finanzierung der Gemeinden lehne er ab. Das Monopol der Kontrollbank im Bereich der Ausfuhrförderung aufrecht zu erhalten hielt Prinzhorn nicht für sinnvoll.

Finanzminister Karlheinz Grasser begründete die Siebenjahresfrist mit dem Hinweis auf die siebenjährige Aufbewahrungsfrist für Unterlagen. Ihm gehe es um einen begünstigten Kapitalaufbau und um ein steuerbegünstigtes Ansparen von Eigenkapital. Der Finanzminister räumte ein, dass die KMU Schwierigkeiten haben, billige Kredite zu bekommen, und bekannte sich zu dem Ziel, die kleinteilige Wirtschaftsstruktur Österreichs zu erhalten. Vor dem Hintergrund der neuen Eigenkapitalbestimmungen (Basel II) und angesichts einer Insolvenzstatistik, die den Mangel an Eigenkapital als Konkursursache Nummer Eins ausweist, "müssen wir die Eigenkapitalfinanzierung stärken", sagte Grasser. Dabei verfolge er einen liberalen Ansatz ohne Zweckbestimmungen. Ob ein Unternehmer Schulden abbaue, investiere oder Forschung und Entwicklung treibe, sei seine Sache. Die Vorschläge seien ausgereift, sagte der Finanzminister und zerstreute die Befürchtung des Abgeordneten Matznetter, dass auch Freiberufler in die Begünstigung einbezogen werden.

Der Wunsch nach einer Dividende von 300 Mill. € seitens der ÖIAG an den Eigentümer sei bereits im Frühjahr 2002 an die ÖIAG herangetragen worden. Nun werde dem Wunsch der ÖIAG entsprochen, den Betrag auf die Jahre 2003 und 2004 aufzuteilen. Die ÖIAG stehe bei Privatisierungen unter keinerlei Zeitdruck, betonte der Finanzminister. Es gehe darum, bestmöglich zu privatisieren. Er bekenne sich grundsätzlich zu Privatisierungen, weil er davon überzeugt sei, dass Private bessere Unternehmer seien als der Staat. Bei der Post bestehe kein Präjudiz hinsichtlich einer Stand-Alone-Lösung oder einer Lösung mit einem strategischen Partner. Wofür er aber nicht zur Verfügung stehe, sei eine Entscheidung, die dazu führe, dass die Post ein Zuschussbetrieb werde, der den Steuerzahler auf Dauer belaste.

Ein Digitalisierungsfonds werde zur Förderung der Marktkräfte bei der Umstellung elektronischer Medien auf die neue Technologie eingerichtet. Die Fernsehfilmförderung sei ein Anliegen von Kunststaatssekretär Morak, ihr diene die Einrichtung eines Finanzierungsfonds.

Änderungen im Bereich des Bundeshaushaltsgesetzes dienen einerseits Rechtsanpassungen sowie der Erhöhung der Flexibilität und Klarstellungen. Der Einsatz der Bundesfinanzierungsagentur bei der Gemeindefinanzierung entspreche Vorschlägen des Rechnungshofes. Es gehe darum, Lösungen im Interesse des Steuerzahlers zu finden.

Die Aufrechterhaltung der Monopolstellung eines Instituts im Text des Ausfuhrförderungsgesetzes sei nicht zeitgemäß, hielt der Finanzminister fest. Er räumte ein, dass die Leistung und die Zusammenarbeit mit der Kontrollbank zufrieden stellend verlaufe, er beabsichtige eine Kostenreduktion im Interesse der Steuerzahler.

Beim Thema Ökologisierung erinnerte der Finanzminister an Vorschläge der Grünen für Maßnahmen im Umfang von 10 Mrd. € im Bereich der Energieabgaben, was für ihn einer Bankrotterklärung für den Wirtschaftsstandort gleichkomme. Die Kompensationen über das Steuerrecht, wie sie die Grünen vorschlagen, hielt Minister Grasser für nicht praktikabel.

In einer weiteren Verhandlungsrunde untermauerte Abgeordneter Hans Moser (S) seine Auffassung, dass die Frage, wer ein Unternehmen besitze, nicht entscheidend sei für den wirtschaftlichen Erfolg. Für die Sozialdemokraten sei die Eigentümerfrage eine Frage der Zweckmäßigkeit und nicht der Ideologie. "Sie privatisieren aus ideologischen, nicht aus ökonomischen Gründen", warf der Abgeordnete dem Finanzminister vor.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) hielt das Argument, dass begünstigte Gewinne nach sieben Jahren steuerfrei entnommen werden können, weil eine siebenjährige Aufzeichnungsfrist bestehe, nicht für stichhaltig.

Abgeordneter Werner Kogler (G) stimmte Matznetter zu und wies die Behauptung des Finanzministers zurück, dass es utopisch sei, eine ökologische Steuerreform im Umfang von 10 Mrd. € zu konzipieren. Vom Finanzminister erhielt Kogler spontan die Zusage, für Ausschussberatungen über das Thema Abfangjäger zur Verfügung zu stehen.

Auf eine diesbezügliche Frage des Abgeordneten Hermann Schultes (V) führte der Finanzminister schließlich aus, dass Zuschüsse an die Landwirtschaft zur Bewältigung der BSE-Krise mit Ende 2002 befristet waren, aber noch einmal im Umfang von 9 Mill. € bis Ende 2003 verlängert wurden. Diese Verlängerung sei aber definitiv die letzte, hielt der Finanzminister fest.

Die Siebenjahresfrist sei kein peinliches Argument, sondern notwendig, um die parallele Entwicklung des Handelsrecht und des Steuerrechts zu gewährleisten, führte Finanzminister Grasser abschließend aus. (Forts.)