Parlamentskorrespondenz Nr. 866 vom 26.11.2004

REGIERUNGSVORLAGEN

DER NEUE FINANZAUSGLEICH ZIELT AUF EIN NULLDEFIZIT VON BUND, LÄNDERN UND GEMEINDEN IM JAHR 2008

Zum neuen Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, der vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 gelten soll, liegt dem Nationalrat nunmehr eine Regierungsvorlage vor. Sie basiert auf der Einigung, die die Gebietskörperschaften in Verhandlungen erzielt und im "Österreichischen Stabilitätspakt 2005" (701 d.B.) besiegelt haben. Das Ziel von Bund, Ländern und Gemeinden lautet, über den Konjunkturzyklus hin ausgeglichene öffentliche Finanzen zu erzielen und im Jahr 2008 gemeinsam wieder ein Nulldefizit zu erreichen.

Der dem entsprechende Entwurf für ein Finanzausgleichsgesetz 2005 (FAG 2005, 702 d.B.) und begleitende Änderungsvorschläge im Zweckszuschussgesetz, im ASVG und anderen Sozialversicherungsgesetzen sowie im Krankenanstaltengesetz, im Tabaksteuergesetz und im Bundesfinanzgesetz 2005 sieht gegenüber dem bisherigen FAG 2001 höhere Ausgaben des Bundes um 212 Mill. € jährlich vor, während die Einnahmen der Länder um 112 Mill. € und jene der Gemeinden um 100 Mill. € steigen. Maßnahmen im Bereich der Krankenanstaltenfinanzierung bringen ab Anfang 2005 300 Mill. € infolge zusätzlicher Einnahmen und geringerer Ausgaben. Die Hälfte dieses Betrages fließt zur Krankenanstaltenfinanzierung an die Landesgesundheitsfonds. Den einnahmenseitigen Maßnahmen steht ein gleichwertiges Paket an Ausgabenreduktionen gegenüber, heißt es in den Erläuterungen.

Gegenüber der derzeitigen Rechtslage wurden von den Finanzausgleichspartnern folgende Vereinbarungen getroffen:

Das bisherige System für den Ersatz der Landeslehrerpersonalkosten wird fortgeführt und Strukturproblemen bei sinkender Schülerzahl und sonderpädagogischem Förderbedarf mit einem zusätzlichen Kostenersatz des Bundes in Höhe von jährlich 12 Mill. € – 2007 und 2008 in Form einer Ermächtigung – Rechnung getragen.

Beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel werden die Gemeinden bis 10.000 Einwohner durch die Erhöhung des untersten Vervielfachers aufgewertet; der Sockelbetrag entfällt. Mindereinnahmen der Städte werden durch eine Finanzzuweisung des Bundes ausgeglichen.

Länder und Gemeinden erhalten jährlich jeweils 100 Mill. € als Finanzzuweisung des Bundes. Jene an die Gemeinden dient als Ausgleich für Mindereinnahmen aus der Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels.

Die wichtigsten ausschließlichen Bundesabgaben werden gemeinschaftliche Bundesabgaben, für die ab 2005 ein einheitlicher Aufteilungsschlüssel gelten soll.

Gemeinden können künftig Vereinbarungen über eine Teilung des Ertrages aus der Kommunalsteuer treffen. Die Parkometerabgabe wird zu einer ausschließlichen Gemeindeabgabe in Form der freien Beschlussrechtsabgabe. Eine Arbeitsgruppe wird weitere abgabenrechtliche Themen der Gemeindefinanzierung, etwa auch über eine Abschaffung der Werbeabgabe beraten.

Die finanziellen Auswirkungen des neuen Finanzausgleichs werden mit höheren Ausgaben des Bundes um 212 Mill. € jährlich beziffert. Die Länder erhalten im Vergleich zur bisherigen Rechtslage 12 Mill. zusätzlich als Kostenersatz für die Landeslehrer sowie 100 Mill. € jährlich als Finanzzuweisung des Bundes. Diese Beträge werden jeweils im Verhältnis der Einwohnerzahl verteilt.

Die Gemeinden erhalten zusätzliche Finanzzuweisungen von 100 Mill. € jährlich, teilweise zum Ausgleich von Mindereinnahmen aus der Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels.

Für die Gemeinden bringt die Strukturreform konkret folgende Auswirkungen: Der Vervielfacher im abgestuften Bevölkerungsschlüssel wird für Gemeinden bis 10.000 Einwohner von 1 1/3 auf 1 1/2 erhöht. Deren Ertragsanteile erhöhen sich um 114 Mill. € jährlich. Im Gegenzug entfällt der Sockelbetrag von 72,66 € pro Einwohner, was die Gewinne der kleinen Gemeinden bzw. die Mindereinnahmen der größeren Gemeinden per saldo auf 61 Mill. reduziert.

Der Bund gleicht diese Mindereinnahmen der größeren Gemeinden von rd. 61 Mill. € durch eine Finanzzuweisung aus, weitere 19,5 Mill. € werden den kleinen Gemeinden und weitere 19,5 Mill. € den Städten zur Verfügung gestellt. Trotz der Änderung im abgestuften Bevölkerungsschlüssel gibt es keine "Verlierergemeinden", sondern nur Gewinner: Kleine Gemeinden erhalten zusätzliche 80,5 Mill. € jährlich, große 19,5 Mill. €. Der Saldo von Wien als Gemeinde ist ausgeglichen, als Land ist Wien durch seinen Anteil an der Finanzzuweisung des Bundes entsprechend seiner Einwohnerzahl mit rund 19,3 Mill. € beteiligt.

Länderweise profitieren die Gemeinden ohne Wien aus der Reform der Verteilung der Ertragsanteile wie folgt (in Mill. €): Burgenland (+4,3), Kärnten (+8,6), Niederösterreich (+23,8), Oberösterreich (+21,2), Salzburg (+8), Steiermark (+18,3), Tirol (+10,4), Vorarlberg (+5,4).

Folgende Maßnahmen sind für Krankenanstalten und Sozialversicherung vorgesehen: Die Länder können den Spitalskostenbeitrag von 8 € auf 10 € erhöhen, wovon Mehreinnahmen von 15 Mill. € erwartet werden. Die Einnahmen aus dem Spitalskostenbeitrag fließen an die Länder.

Der Krankenversicherungsbeitrag wird auf Wunsch der Länder um 0,1 % für die Jahre 2005 bis 2008 erhöht, was Mehreinnahmen von 120 Mill. € erwarten läßt.

Die Höchstbeitragsgrundlage der Krankenversicherung wurde im Rahmen der Pensionsharmonisierung um 90 € für Unselbständige und um 105 € für Selbständige angehoben. Die Mehreinnahmen betragen 30 Mill. €.

Die Einschränkung von Leistungen der Krankenversicherungsträger bei der Finanzierung von Brillen wird eine Verringerung des Ausgabenvolumens von rund 35 Mio. € zur Folge haben.

Von einer Erhöhung der Tabaksteuer um 18 Cent pro Packung erwartet der Finanzminister Mehreinnahmen von 90 Mill. €, die zu einem Drittel der Krankenversicherung und zu zwei Dritteln den Landesgesundheitsfonds zugute kommen sollen.

In Summe sollen diese Maßnahmen (zuzüglich 10 Mill. € aus der jährlichen Aufwertung der Rezeptgebühr im Jahr 2005) ab dem 1. Jänner 2005 300 Mio. € an zusätzlichen jährlichen Einnahmen bringen, die teils der Krankenversicherung, teils den Landesgesundheitsfonds zur Krankenanstaltenfinanzierung zur Verfügung stehen sollen.

VERBESSERUNGEN FÜR VERBRECHENSOPFER UND PERSONEN MIT IMPFSCHÄDEN

Die Regierung hat dem Nationalrat unter dem Titel Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2004 (VRÄG 2004) einen Gesetzentwurf vorgelegt, der u.a. Verbesserungen für Verbrechensopfer und Personen mit Impfschäden bringt. Ziel der Sammelnovelle ist es, die verschiedenen Sozialentschädigungsgesetze zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Von den Änderungen betroffen sind das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz.

Konkret wird künftig auch für Opfer von Verbrechen bzw. deren Hinterbliebenen eine Mindestsicherung eingeführt, und zwar in Form einer - einkommensabhängigen - Zusatzleistung. Gleichzeitig werden etwaige Kostenbeteiligungen für Rehabilitationen und Rezeptgebühren vom Staat übernommen, der bestehende Anspruch von Verbrechensopfern auf Psychotherapie ausgedehnt und der Rechtsschutz verbessert. Im Impfschadengesetz entfallen die geltenden Verjährungsbestimmungen, überdies wird normiert, dass für die Beschädigtenrente schwer geschädigter Kinder als Bemessungsgrundlage das Gehalt eines öffentlich Bediensteten mit Matura heranzuziehen ist.

Erhöht werden die Leistungen nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz. Ehemalige Kriegsgefangene erhalten - je nach Länge der Kriegsgefangenschaft - um bis zu 70 Cent pro Monat mehr, das entspricht einer Erhöhung um durchschnittlich 2,5 %. Die gesamten Kosten des Gesetzentwurfs werden von der Regierung für 2005 mit 660.000 € beziffert, wobei rund 420.000 € auf die Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes und 240.000 € auf die Änderung des Verbrechensopfer- und des Impfschadengesetzes zurückzuführen sind. (671 d.B.)

BUNDESDIENST: DIENSTRECHTS-NOVELLE 2004 BRINGT VIELE DETAILÄNDERUNGEN

Die von der Regierung vorgeschlagene Dienstrechts-Novelle 2004 bringt eine Reihe von Detailänderungen für den Bundesdienst. So werden u.a. dienstrechtliche Grundlagen für Telearbeit geschaffen, die Verwendungsbezeichnungen für Beamte aktualisiert, die Anstellungs- und Ernennungserfordernisse für Lehrer an die Terminologie des Universitätsgesetzes 2002 angepasst, klare Regelungen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen für eine spezielle Ergänzungszulage geschaffen und das Dienstrecht für Land- und Forstarbeiter in mehreren Punkten, etwa in Bezug auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die Urlaubsaliquotierung und die Postensuchtage, adaptiert.

Darüber hinaus fällt die Bewertung und Zuordnung von Arbeitsplätzen der Bediensteten des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs - analog zum Bereich der Parlamentsdirektion, des Rechnungshofes, der Volksanwaltschaft und der Präsidentschaftskanzlei - in Hinkunft in die alleinige Zuständigkeit des VfGH- bzw. des VwGH-Präsidenten. Die bisherige Mitwirkungskompetenz des Bundeskanzlers entfällt.

Mehraufwendungen entstehen durch die vorgesehenen dienstrechtlichen Änderungen - mit Ausnahme der Gewährung einer spezifischen Differenzzulage für Lehrer in Einzelfällen - nicht. Die zusätzlichen Kosten für die Differenzzulage werden auf 50.000 € pro Jahr geschätzt. (685 d.B.)

HAUPTVERBAND DER SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER WIRD NEU ORGANISIERT

Der Verfassungsgerichtshof hat maßgebliche Bestimmungen über die Organisation des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger aufgehoben. Die Regierung schlägt daher eine Neuorganisation des Hauptverbandes vor. So werden, um den Bedenken des VfGH Rechnung zu tragen, die Versicherungsvertreter der einzelnen Sozialversicherungsträger wieder direkt in Entscheidungen eingebunden und erhalten einen direkten Einfluss auf die Bestellung des geschäftsführenden Organs des Hauptverbandes. Im Vordergrund steht, wie es in den Erläuterungen heißt, die Stärkung des Hauptverbandes als zentraler Netzwerkmanager - der Hauptverband soll sich vor allem auf Strategie- und Kooperationsmanagement sowie Monitoring konzentrieren. Operative Aufgaben können an einzelne Sozialversicherungsträger oder gemeinsame Dienstleistungseinrichtungen der Sozialversicherung abgegeben werden.

Konkret besteht der Hauptverband künftig nur noch aus zwei Verwaltungskörpern: der 37 Mitglieder umfassenden Trägerkonferenz und dem 12-köpfigen Verbandsvorstand. Die Trägerkonferenz fungiert dabei als eine Art Aufsichts- und Kontrollorgan und ist unter anderem für die Bestellung des Verbandsvorstandes, das Budget, das Dienstrecht und die Genehmigung von Tarifverträgen zuständig. Vertreten sind in der Trägerkonferenz je zwei Funktionäre - ein Arbeitgeber- und ein Dienstnehmervertreter - der wichtigsten Sozialversicherungsträger sowie je ein Vertreter der drei mitgliederstärksten Seniorenorganisationen.

Der Verbandsvorstand muss sich aus je zur Hälfte aus Versicherungsvertretern der Dienstgeber und der Dienstnehmer zusammensetzen. Seine Bestellung soll laut Regierungsvorlage auf Basis von Vorschlägen der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer (je 5 Vorstandsmitglieder), die gemäß dem Ergebnis der Kammerwahlen zu erstellen sind, sowie der Landwirtschaftskammer und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (je 1 Vorstandsmitglied) erfolgen. Darüber hinaus können Fraktionen, die kein Vorstandsmitglied stellen, jedoch in den Generalversammlungen bestimmter Versicherungsvertreter eine gewisse Stärke haben, ein Mitglied in den Verbandsvorstand entsenden, diesem kommt jedoch kein Stimmrecht zu. Der Verbandsvorstand kann Aufgaben an das - öffentlich auszuschreibende - Verbandsmanagement delegieren, dieses ist dem Verbandsvorstand gegenüber weisungsgebunden und berichtspflichtig.

Das Sozial- und Gesundheitsforum Österreich bleibt als Beratungsorgan des Hauptverbands bestehen, ist aber wie die Controllinggruppe kein eigener Verwaltungskörper mehr.

Das von der Regierung vorgelegte 3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 enthält aber nicht nur Bestimmungen über die Neuorganisation des Hauptverbandes, sondern auch zahlreiche weitere Adaptierungen und Ergänzungen des Sozialversicherungsrechts. So wird klargestellt, dass Versicherte erst ab dem Jahr 2006 das vorgesehene Service-Entgelt für die e-card zahlen müssen, auch wenn sie die Chipkarte schon im Laufe des kommenden Jahres erhalten. Im gesamten Jahr 2005 ist stattdessen noch die Krankenscheingebühr zu entrichten; ein Versicherter, der bereits eine e-card hat, muss bei einem Arztbesuch sowohl diese als auch einen Krankenschein vorlegen.

Neuerlich adaptiert werden die Bestimmungen in Bezug auf die Einholung einer chefärztlichen Bewilligung bestimmter Medikamente. Da es nach wie vor keine Einigung zwischen dem Hauptverband und der Ärztekammer in dieser Frage gibt und die von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat vorgeschlagene Verordnung - Einholung der Bewilligung per Fax - auf Ablehnung gestoßen ist, soll nun für den Übergangszeitraum bis zur Verfügbarkeit der technischen Infrastruktur der e-card mittels einer neuen Verordnung auch für grundsätzlich bewilligungspflichtige Arzneimittel das System der nachträglichen Kontrolle festgeschrieben werden, wobei eine verpflichtende Dokumentation der Ärzte über die Auswahl der Medikamente vorgesehen ist.

Gleichzeitig wird dem Hauptverband und der Ärztekammer die Möglichkeit eingeräumt, in Zukunft die Bestimmungen über die chefärztliche Bewilligung für Arzneimittel durch Vereinbarungen über die Heilmittelkostenentwicklung zu ersetzen. Entsprechende Vereinbarungen können nur solange fortgeführt werden, als die finanziellen Zielvorgaben nicht überschritten werden.

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger wird darüber hinaus angehalten, neue Regeln für einen Strukturausgleich zwischen den Gebietskrankenkassen zu erarbeiten. Diese Neuregelung ist notwendig geworden, da der Verfassungsgerichtshof zwei von sieben jener Parameter aufgehoben hat, die für die Berechnung von Zuschüssen an strukturschwache Krankenkassen herangezogen wurden. Nach Meinung der Regierung ist eine sachgerechte Mittelaufteilung aufgrund der verbliebenen Parameter nicht mehr zufrieden stellend durchzuführen.

Schließlich wird auch festgelegt, dass die Krankenversicherungen ab dem Jahr 2008 die Kosten für eine zukunftsweisende Tumorbehandlung - die punktförmige Bestrahlung eines nicht entfernbaren Tumors mit Protonen und Kohlenstoffionen - übernehmen werden, soweit sich diese im Bereich vergleichbarer ambulanter Behandlungen bewegen. Damit will die Regierung die geplante Errichtung eines entsprechenden Behandlungszentrums in Wiener Neustadt absichern. (703 d.B.)

(Schluss)