Parlamentskorrespondenz Nr. 509 vom 21.06.2007

Bundesrat: Fragestunde mit Innenminister Platter

Das Sicherheitsteam ist fit für die EURO 2008

Wien (PK) - Bundesratspräsident Manfred Gruber eröffnete die 746. Sitzung des Bundesrates mit einer Fragestunde, in der Innenminister Günther Platter Fragen der Ländervertreter über die sicherheitspolizeilichen Vorbereitungen für die Fußballeuropameisterschaft 2008, zur Entwicklung der Kriminalstatistik und zu aktuellen Entwicklungen im Asylwesen beantwortete.

Bundesrätin Mag. KNOLL (S): Wie viele Personen sind in der so genannten "Hooligan-Datei" gemäß § 57 Abs. 1 Z 11a SPG gespeichert?

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Innenminister PLATTER erläuterte den Bundesräten die "Hooligan‑Datei" als eines von mehreren wichtigen Instrumenten gegen Gewalttätigkeiten bei Sportveranstaltungen, insbesondere bei der Euro 2008. Aus polizeitaktischen Gründen werde die Polizei die Namen von Hooligans nicht bekannt geben, teilte der Innenminister mit. Diese Datei sei eine praktikable Maßnahme, um zu verhindern, dass Täter, bei denen Wiederholungsgefahr bestehe, an großen Sportveranstaltungen teilnehmen können. Zu bestimmten Zeitpunkten - vier Stunden vor dem Fußballspiel - müssen sich Hooligans in den Polizeidienststellen einfinden und erhalten eine Belehrung. Erscheinen vorgeladene Hooligans nicht, können sie präventiv festgenommen werden. Diese Vorgangsweise, die kürzlich im Ministerrat beschlossen wurde und dem Parlament zugeleitet werde, entspreche den Möglichkeiten der deutschen Exekutive bei der Weltmeisterschaft im Vorjahr, sagte Bundesminister Platter.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V): Welche Erfahrungen in der Anwendung des Prümer Vertrages haben Sie gemacht?

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Der INNENMINISTER beurteilte die Erfahrungen mit der internationalen Zusammenarbeit und Vernetzung der Polizeibehörden als hervorragend gut. Dem Prümer Vertrag seien bisher Österreich, Spanien, Deutschland, Belgien, Luxemburg, Finnland und Slowenien beigetreten, teilte Platter mit. Der Austausch von DNA-Profilen habe in der Verbrechensbekämpfung zu 4060 Treffern, darunter zur Aufklärung eines Doppelmordes in Teneriffa, geführt. Auch der Austausch von Fingerabdrücken habe die Verbrechensbekämpfung erleichtert, sagte Platter und machte darauf aufmerksam, dass die EU‑Innenminister mittlerweile bestrebt seien, den Inhalt des Prümer Vertrags in den Rechtsbestand der EU zu übernehmen.

Bundesrat SCHENNACH (G): Welche Schritte werden Sie jetzt setzen, da sich bereits mehrere Landtage (z.B. Oberösterreich, Steiermark, Burgenland) mit beeindruckenden Mehrheiten für eine Bleiberechtsregelung ausgesprochen haben?

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Bundesminister PLATTER warnte davor, die Themen Asyl und Zuwanderung miteinander zu vermischen. Asyl sei ein Recht aller Menschen, die in ihrer Heimat von Todesstrafe, Folter oder politischer Verfolgung bedroht seien. Wer aber kein Asyl in Österreich bekomme, für den könne kein automatisches Bleiberecht abgeleitet werden, denn Zuwanderung sei nur dort möglich, wo dies im Interesse des Arbeitsmarktes liege. Ein generelles Bleiberecht würde Österreich für Asylanten attraktiver machen und daher auch zu einer neuerlichen Zunahme der Asylanträge führen. Der Innenminister sprach sich für das Prinzip der Einzelfallprüfung im Asylrecht aus, um zu prüfen, ob jemand in Österreich einen Aufenthaltstitel bekommen könne oder nicht.

Hinsichtlich der Länge der Asylverfahren teilte der Minister mit, dass erstmals die Trendwende geschafft und die Zahl der ausständigen Asylverfahren zurückgegangen sei. Einerseits habe die Zahl der Asylanträge seit 2006 um 40 % abgenommen, andererseits wurden die Asylverfahren beschleunigt. Eine Amnestie für Langzeitasylwerber nach dem Vorbild der Niederlande sei in Österreich nicht machbar, wiederholte Platter - Österreich habe in den letzten Jahren mehr Asylwerber aufgenommen habe als andere europäische Länder.

Bundesrat FLORIANSCHÜTZ (S): Wie viele Personen haben in Österreich gegenwärtig einen Asylantrag gestellt, der gegenwärtig noch nicht rechtskräftig erledigt ist?

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Der INNENMINISTER gab bekannt, dass derzeit 36580 Asylanträge noch nicht erledigt seien und plädiere für die Einrichtung eines Asylgerichtes beim Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der geplanten Staatsreform. Die diesbezügliche Gesetzesinitiative kündigte Platter für den Herbst an. Er wolle die Dauer der Asylverfahren weiter verkürzen. In seinen Antworten auf Zusatzfragen gab Platter bekannt, dass die Zahl der Asylanträge seit 2005 von 22461 um 40 % auf 13349 im Jahr 2006 abgenommen habe. Im ersten Halbjahr 2007 konnte eine weitere Reduktion um 10,9 % erreicht werden. Österreich liege bei den Asylanträgen im europäischen Vergleich aber immer noch im Spitzenfeld. Befürchtungen, dass jene Asylwerber, die auf die Erledigung ihrer Verfahren warten, fünf bis sechs Jahre warten müssten, teilte der Minister nicht und machte auf die Beschleunigungen der Verfahren aufmerksam. Asylwerber können ab dem dritten Monat ihres Aufenthalts in Österreich als Erntehelfer, Saisonniers und im Rahmen gemeinnütziger Tätigkeiten arbeiten.

Bundesrat AGER (V): Inwieweit trägt das beschlossene Wahlrechtspaket den im Regierungsübereinkommen vereinbarten Absichten für Verbesserungen der Stimmabgabe durch im Ausland lebende Staatsbürgerinnen und Staatsbürger Rechnung?

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Bundesminister PLATTER bezeichnete das Wahlrechtspaket als einen "großen Wurf". Die Einführung der Briefwahl bringe angesichts der immer größeren Mobilität der Menschen die Möglichkeit, die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Erleichterungen für Auslandsösterreicher werden es diesen Menschen erleichtern, ihr Wahlrecht wahrzunehmen, zeigte sich Platter überzeugt. Die Neuerungen für Auslandsösterreicher, unter anderem die Einführung eines Wahlkartenabos, sei in engem Kontakt mit den Organisationen der Auslandsösterreicher ausgearbeitet worden. Jeder Österreicher, auch solche, die in weit entlegenen Ländern leben, haben die Möglichkeit, sich an österreichischen Wahlen zu beteiligen. Die Missbrauchsgefahr bei der Briefwahl sah der Minister nicht und erinnerte daran, dass die Briefwahl bei Auslandsösterreichern seit 17 Jahren ohne einen einzigen Missbrauchsfall durchgeführt werde. 

Bundesrätin MÜHLWERTH (OF): Wie viele vorbestrafte Asylwerber hatten mit 1. Juni 2007 ein offenes Asylverfahren in Österreich?

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Der INNENMINISTER wies jede Unterstellung gegenüber Asylwerbern zurück und hielt fest, dass sich Asylwerber in Österreich in der Regel rechtskonform verhielten. Eine spezielle Kriminalitätsstatistik über Asylwerber werde nicht geführt, dies wäre auch nicht zweckmäßig, da es einen erhöhten bürokratischen Aufwand für die Exekutivbeamten bedeuten würde. Er könne auch kein Ost-West-Gefälle bei der Verhängung der U‑Haft feststellen, sagte Platter in seiner Antwort auf eine Zusatzfrage. Die Schubhaft werde verhängt, wenn bei straffällig gewordenen Asylwerbern die Gefahr der Illegalität bestehe.

Asylwerber müssen nicht kriminell werden, um ihre Verpflegung sicherzustellen. Österreich wende 180 Mill. Euro jährlich für die Versorgung der Asylwerber auf. Die Möglichkeit, Asylwerber regulär arbeiten zu lassen, sah Platter problematisch, weil ein Asylwerber das Land verlassen müsse, wenn sein Verfahren negativ ausgehe.

Bundesrat Helmut WIESENEGG (S): Wie sieht die konkrete Entwicklung der Kriminalitätsstatistik mit 1. Juni 2007 aus?

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Der INNENMINISTER teilte mit Stolz mit, dass Österreich beim Sicherheitsgefühl der Bevölkerung unter 61 Industriestaaten hinter Hongkong und Dänemark an dritter Stelle liege. Dies sei der hervorragenden Arbeit der österreichischen Exekutivbeamten zu danken, sagte der Innenminister unter allgemeinem Beifall der Bundesräte. Von 2004 auf 2005 sei die Kriminalität um 6 % und während des Vorjahres um weitere 2,6 % zurückgegangen. Vermehrte Fälle von Vandalismus, Sachbeschädigungen und Einbrüchen haben Anfang des Jahres 2007 zu einer leichten Zunahme in der Kriminalstatistik geführt, zuletzt entwickle sich die Kriminalstatistik aber wieder positiv, sage der Ressortleiter und sprach die Erwartung einer guten Jahresbilanz 2007 aus. Auch die Aufklärungsquote habe sich im Vergleich der ersten fünf Monate der Jahre 2006 und 2007 um 3,1 % verbessert. Als ganz besonders wichtig bezeichnete der Innenminister die Präventionsarbeit. Die kriminalpolizeiliche Beratung und die Informationstätigkeit der Polizeidienststellen kläre die Menschen darüber auf, wie sie ihre Wohnungen sicher machen können, insbesondere während der Reisezeit.

Bundesrat BIERINGER (V): Welche Ziele bzw. Leitlinien haben Sie für die Fußballeuropameisterschaft 2008 formuliert?

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"Das Sicherheitsteam ist fit für die Euro 2008" sagte der INNENMINISTER pointiert und nannte eine großes, friedliches, die Völker verbindendes Fußballfest als Ziel der Bundesregierung für die Europameisterschaft 2008. Sicherheitspolizeilich gelte das Modell "3D": erst Dialog, wenn notwendig Deeskalation und erst als ultima ratio Durchgreifen. Die Standards der sicherheitspolizeilichen Arbeit seien zwischen der Schweiz und Österreich vereinheitlicht. Die internationale Kommission, in der auch Deutschland und Großbritannien mitarbeiten, haben diesem Konzept ein gutes Zeugnis ausgestellt. Wichtig sei die internationale Kooperation, um zu verhindern, dass Hooligans nach Österreich kommen. Daher werden bilaterale Abkommen mit allen EU‑Staaten abgeschlossen, Fangruppen aus dem Ausland werden von Polizisten aus den Heimatländern begleitet, und überdies werden Hunderte deutsche Polizisten in Österreich eingesetzt, teilte der Innenminister mit. (Schluss Fragestunde/Forts. BR)


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