Parlamentskorrespondenz Nr. 20 vom 21.01.2009

Justizministerin Bandion-Ortner stellt sich dem Nationalrat vor

Bandion-Ortner stellt Justizvorhaben vor

Wien (PK) - Vor der Debatte über die Erklärung zur Ernennung der neuen Justizministerin Mag. Bandion-Ortner – Punkt 1 der Tagesordnung - gab Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER bekannt, dass die Grünen eine Dringliche Anfrage zum Thema "Versagen und Orientierungslosigkeit der Bundesregierung in der Energiepolitik" eingebracht haben (675/J). Die an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gerichtete Anfrage wird um 15 Uhr zur Debatte stehen. Im Anschluss daran wird auf Antrag der Freiheitlichen eine Kurzdebatte über die Beantwortung 231/AB der Anfrage 207/J an die Innenministerin betreffend "Linke Gewaltexzesse gegen Wahlkampfveranstaltungen" stattfinden.

Zunächst ergriff Bundeskanzler Werner FAYMANN das Wort und unterstrich die wichtige gesellschaftliche Aufgabe des Justizressorts. Dieses habe auch in den letzten Jahren eine positive und herausragende Rolle gespielt, sagte er. Bei den MinisterInnen sei die sachliche Orientierung im Vordergrund gestanden, parteipolitische Polemiken seien hintangestellt worden. Faymann würdigte insbesondere die Arbeit von Bundesministerin Maria Berger, die während ihrer Amtszeit die Familienrechtsreform und das Gewaltschutzpaket weit vorangetrieben habe. Der Schutz vor Gewalt stelle eine entscheidende Aufgabe und Gesamtverantwortung von Parlament und Regierung dar, merkte Faymann dazu an. Es sei von großer Bedeutung, dass an der Spitze des Justizressorts eine unabhängige und engagierte Persönlichkeit stehe, betonte er. Bundesministerin Bandion-Ortner werde diese Unabhängigkeit und Fairness weiterhin gewährleisten. Sie verfüge über eine umfassende Justizerfahrung und habe in großen Strafprozessen die Kompetenz einer objektiven, entschlossenen und fairen Führung unter Beweis gestellt. Abschließend dankte er Bundesminister Dr. Hahn für die interimistische Leitung des Justizministeriums.

Diesem Dank an Hahn schloss sich auch Bundesminister DI PRÖLL an. Auch er unterstrich die besondere Verantwortung des Justizressorts, da dessen Gesetzgebung oft in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger eingreift. Diese prägende Rolle im Rahmen der Gesellschaftspolitik werde oft übersehen, da in der öffentlichen Diskussion Fragen der Sicherheit und spektakuläre Straftaten im Vordergrund stehen. Die Leitung des Ressorts erfordere daher hohen Sachverstand und soziale Kompetenz. Er, Pröll, wollte daher einen "Vollprofi" gewinnen, den er in der Person Bandion-Ortners gefunden habe. Auf sie warten wichtige Aufgaben, sagte Pröll, und nannte in diesem Zusammenhang das Gewaltschutzpaket, die Weiterentwicklung der Familienrechtsreform, des Sachwalterschaftsrechts und des Verbraucherschutzes.

Eine besondere Herausforderung wird Pröll zufolge die Organisation des Wirtschaftsstandorts Österreich darstellen. Um gut und rasch aus der Krise herauskommen zu können, brauche man faire rechtliche Spielregeln, die auch durchsetzbar sind. Die Justiz trage Verantwortung für zentrale Staatsaufgaben, habe Rechtssicherheit und Rechtsschutz zu gewährleisten. Pröll betonte die Unabhängigkeit von Bandion-Ortner, die er auch als Signal für die Unabhängigkeit der Rechtssprechung sieht. Eine gute Justizpolitik sei ein wesentlicher Beitrag zum sozialen Frieden, meinte Pröll, und Bandion-Ortner wisse sehr genau, wie wichtig das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz ist.

Abgeordneter STRACHE (F) begann seinen Debattenbeitrag mit einer Kritik an der Regierung, die seines Erachtens kaum arbeite und nur Absichtserklärungen abgebe, die zudem nicht berauschend seien. Damit werde die Politik der vagen Versprechungen der letzten Regierung fortgesetzt, stellte Strache fest. Ihm fehlen vor allem Maßnahmen zur Absicherung des Mittelstands und zur Kriminalitätsbekämpfung. Der neuen Justizministerin zollte der F-Klubobmann Anerkennung. Sie habe den BAWAG-Prozess kompetent geleitet, sagte er. Wie gegen Elsner müsse man aber gegen jedes Missmanagement vorgehen. Strache wies dabei auf die offenen Forderungen österreichischer Banken in der Höhe von 230 Mrd. €, das sind 68 % des BIP, in den neuen Mitgliedsländern hin. Das mache deutlich, wie es wirklich um die österreichischen Banken stehe. Es gehe nun darum, so Strache, die notwendigen Kontrollmechanismen zu schaffen. Der Rechnungshof müsse auf jeden Fall die Bilanzen jener Banken prüfen, die sich um Geld des Staates anstellen, forderte er. Staatskredite müssten für den Wirtschaftsstandort Österreich verwendet werden und nicht zum Stopfen von Investitionslöchern in osteuropäischen Ländern. Hier komme Bandion-Ortner eine wesentliche Rolle zu. Die FPÖ werde sie an ihren Taten messen, begrüße aber ihren angekündigten Einsatz gegen die Kinderpornographie und die Korruption. Man erhoffe sich auch eine Neuregelung der Strafrahmen bei Delikten gegen Leib und Leben. Weiters erwartet sich Strache die Lösung des Personalmangels, vor allem in der Justizwache. Der Klubobmann brachte auch das Gerücht zur Sprache, wonach der Generalanwalt des Raiffeisenverbandes Österreich, Konrad, Bandion-Ortner bereits im Sommer das Angebot gemacht haben soll, Ministerin zu werden.

Klubobmann KOPF (V) betonte, die wichtigste Aufgabe des Staates sei es, die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Ein starker und effizienter Rechtsstaat stelle die beste Grundlage für Sicherheit, Standort- und Lebensqualität dar. Recht müsse Recht bleiben, Recht bedeute Schutz, auch Schutz vor ungerechtfertigten Eingriffen des Staates. Das Vertrauen in den Rechtsstaat sei eine der wertvollsten Ressourcen, deshalb sei die Unabhängigkeit und Bürgernähe der Justiz so wichtig und notwendig. Mit Bandion-Ortner stehe erstmals nach 53 Jahren wieder eine Richterin an der Spitze des Justizministeriums. Sie sei höchst kompetent und so etwas wie eine Vertrauensperson des österreichischen Rechtsstaats geworden, streute Kopf der Justizministerin Rosen. Als zentrales Ressort für die Gestaltung des Rechtsrahmens im Staat sei das Justizministerium von besonderer Bedeutung im staatlichen Zusammenleben. Es dürfe daher kein Ideologieressort sein, hielt er fest, vielmehr müsse der Rechtsstaat vorsorgen, dass die Freiheit nicht durch Ideologien eingeschränkt werde. Das Ministerium sei aber auch kein Ressort für Angstmacher und Populisten, sagte Kopf.

Als wesentliches unter den zahlreichen Reformvorhaben nannte der V-Klubobmann den Opferschutz. Insbesondere dürften Verbrechensopfer nicht zu Opfern der veröffentlichten Meinung werden. Kopf begrüßte auch den Aufruf Bandion-Ortners zum Kampf gegen Kinderpornographie und meinte, man müsse auf das Phänomen reagieren, dass Täter immer jünger werden und das Unrechtsbewusstsein geringer werde. Religion und Traditionen dürfen Gewalt nicht rechtfertigen, bekräftigte Kopf, sie dürften sich auch nicht strafmindernd auswirken.

Klubobmann BUCHER (B) brachte eingangs seine Wertschätzung für die neue Justizministerin zum Ausdruck. Das BZÖ setze darauf, dass Bandion-Ortner keine parteipolitische Schlagseite bekommt, merkte er an und übte dabei leise Kritik an der Vorgängerin Ministerin Berger. Auch Bucher unterstützte das Bemühen um einen verbesserten Schutz der Kinder, gleichzeitig äußerte er sich ablehnend zu den Überlegungen Bandion-Ortners hinsichtlich einer Anklage gegen den Landeshauptmann von Kärnten. Die Ortstafelproblematik werde auf Bundesebene falsch verstanden, betonte Bucher, in Kärnten gebe es keinen Ortstafelkonflikt. Laut Beschluss werde es keine weiteren zweisprachigen Ortstafeln mehr geben, machte er klar. Kärnten sei stolz auf das gute Zusammenleben der Volksgruppen, für die slowenische Minderheit werde beispiellos viel getan. Bucher nahm auch zur aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise Stellung und wies auf die damit im Zusammenhang stehenden Herausforderungen an die neue Justizministerin hin. Der Regierung warf er diesbezüglich Untätigkeit vor, die Konjunkturpakete hätten sich im Sand verlaufen. Das Bankenpaket habe nicht dazu geführt, dass der Wirtschaft das nötige Geld zur Verfügung steht. Man müsse daher dafür Sorge tragen, dass die Banken nun ihre Tresore öffnen. Aufgabe der Justizministerin sei es, klare Gesetze und Spielregeln zu schaffen, die auch exekutiert werden. Derzeit sei eine Kontrolle nämlich nicht möglich, bedauerte Bucher.  

Klubobmann Dr. CAP (S) meinte an die Adresse seines Vorredners, jetzt den "Mister Klug" zu spielen, sei ein bisschen spät, er, Cap, hätte sich gewünscht, dass das BZÖ dieses Wissen bei der Hypo Alpe-Adria unter Beweis gestellt hätte. Im übrigen sei das Zeichnen apokalyptischer Bilder bezüglich der heimischen Bankenlandschaft wenig zweckdienlich.

Zum eigentlichen Thema hielt Cap fest, Ministerin Berger habe ein gut bestelltes Haus hinterlassen, sie habe die Budgetverhandlungen für ihr Ressort hervorragend geführt und wichtige Impulse für die heimische Justizpolitik gesetzt. Nun begrüße er die neue Ministerin, die ihre Kompetenzen bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt habe und Garant für eine unabhängige Justiz sein werde. Insofern seien Drohungen, wie sie von seinem Vorredner ausgestoßen worden seien, fehl am Platz.

Der Redner skizzierte sodann die einzelnen Themenschwerpunkte im Bereich der Justizpolitik und referierte die einzelnen Initiativen, welche die neue Bundesregierung auf diesem Gebiet auf Schiene gebracht habe. Besonders hob Cap dabei die familien- und gesellschaftspolitischen Maßnahmen hervor. Die Justiz werde ihre Aufgaben erfüllen, davon sei er überzeugt, schloss Cap mit den besten Wünschen für die zukünftige Arbeit der neuen Ministerin.

Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) forderte die Ministerin auf, das Koalitionsübereinkommen aufzuschnüren und eigene Akzente zu setzen, nur dann werde sie wirklich eine unabhängige Ministerin sein können. Konkret thematisierte der Redner den geplanten Ausbau des Überwachungsstaates und fragte die Ministerin, ob sie sich als erweiterter Arm der Innenministerin erweisen oder sich als Lobbyistin des Rechtsstaates profilieren werde.

Steinhauser wies darauf hin, dass zahlreiche heikle Prozesse anstünden, so gegen Mensdorff-Pouilly, Meinl, Grasser und Platter, alles Personen im Dunstkreis oder gar im Zentrum der ÖVP, und hier werde sich zeigen, ob die Justiz unabhängig agieren und diese Fälle konsequent untersuchen könne und werde. Auch dieser Redner endete mit den besten Wünschen an die Ministerin für ihre zukünftige Arbeit.

Bundesministerin Mag. BANDION-ORTNER nannte es einen bewegenden Moment, zum ersten Mal im Hohen Haus sprechen zu dürfen. Sodann erklärte sie, die Justiz sei die Visitenkarte eines Staates, und daher sei es notwendig, diese mit den nötigen finanziellen und personellen Ressourcen auszustatten. Sie habe 15 Jahre ihre richterliche Unabhängigkeit genossen und wolle dies auch als Ministerin so halten können, weshalb sie alle Parteien bei ihren Reformvorhaben einbinden wolle.

Die Ministerin skizzierte sodann die kommenden Aufgaben und erläuterte dabei ihre Sicht und ihre Absichten gegenüber den einzigen Themenfeldern. Dabei spannte das Regierungsmitglied einen breiten thematischen Bogen von der Korruptionsbekämpfung über Aspekte des Strafvollzugs bis hin zum Schutz von Kindern vor Gewalt und Missbrauch.

Es sei die Pflicht des Staates, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen, und das tue man am besten gemeinsam. Justitia trage eine Augenbinde, sie sollte in Hinkunft Brille tragen, schloss die Rednerin.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) gratulierte der Ministerin zu ihrer Jungfernrede und meinte sodann, Ministerin Berger habe ein wohl bestelltes Haus hinterlassen und wichtige Projekte initiiert, auf denen die neue Ministerin nun aufbauen könne. Sodann äußerte sich der Redner zu den aufgeworfenen Detailaspekten in der gegenwärtigen Justizpolitik, dabei auf die Finanzkrise ebenso eingehend wie auf die Korruptionsbekämpfung. Eine gute Justizpolitik werde dazu beitragen, die aktuelle Wirtschaftskrise zu meistern, zeigte sich der Redner abschließend überzeugt.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) meinte, eine Justizministerin müsse fachlich kompetent, seriös, unabhängig in Meinungsbildung und Entscheidungsfindung, engagiert, hartnäckig und menschlich sein. All das erfülle die neue Ministerin, sodass es nicht verwunderlich sei, welch allgemein positive Resonanz ihre Ernennung hervorgerufen habe. Er sei zuversichtlich, dass Bandion-Ortner ihr Amt bestens ausüben werde, sie sei nachgerade eine Idealbesetzung für dieses wichtige Ressort, schloss der Redner.

Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) gratulierte der Ministerin zu den Vorschusslorbeeren, denen er sich gerne anschließe. Auch ihm sei es ein Anliegen, sich für die materielle und personelle Ausstattung des Justizressorts, das in der Tat eine Visitenkarte des Landes darstelle, einzusetzen, denn Einsparungen just in diesem Bereich wären nicht hinnehmbar. Einen besonderen Schwerpunkt legte der Redner auf den Kampf gegen Kinderpornographie, wo Österreich in aller Schärfe den ersten Schritt setzen und sich international als Speerspitze gegen den Providerbereich profilieren möge. Auch dem Gewaltschutzpaket maß der Redner große Bedeutung bei. Seine Fraktion werde sich an diesen Arbeiten gerne und aktiv beteiligen, kündigte Fichtenbauer an.

Abgeordneter Mag. STADLER (B) warf der Regierung Untätigkeit vor und kritisierte, dass sich auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung keine einzige Regierungsvorlage befinde. Diese Regierung schlafe offenbar vor sich hin. In diesem Lichte sei Bandion-Ortner die Hoffnungsträgerin dieser Regierung, meinte Stadler und präsentierte sodann seine "Wunschliste" an die neue Ministerin, hoffend, die Ministerin möge "uns nicht enttäuschen".

Abgeordneter Dr. PILZ (G) ging auf aktuelle Entwicklungen im Bereich der Sicherheit – so etwa auf den Mord an einem tschetschenischen Flüchtling – ein und begehrte schnellstmögliche Aufklärung der diesbezüglichen Fragen. Im Innenressort habe es in den letzten Jahren negative Entwicklungen gegeben, sodass auf diesem Gebiet dringend gegengesteuert werden müsse. Daher sei es notwendig, dass es wieder eine objektive und sachorientierte Leitung des Innenressorts gebe. In diesem Sinne wünsche er der Justizministerin viel Erfolg bei ihrer Arbeit. (Schluss Justiz/Forts. NR)