Parlamentskorrespondenz Nr. 1106 vom 11.12.2009

Das neue Haushaltsrecht: Einigkeit über einen großen Wurf

Abgeordnete: Ab 2013 mehr Möglichkeiten für Regierung und Parlament

Wien (PK) – Mit einer Debatte über das Bundeshaushaltsgesetz 2013 eröffnete der Nationalrat die zweite Sitzung des Tages. Gemeinsam mit dieser Vorlage wurde eine Novelle zum Bundeshaushaltsgesetz und eine Novelle zum Dienstrechtsverfahrensgesetz in Verhandlung genommen. Vor Eingang in die Tagesordnung teilte der Vorsitz führende Präsident Martin GRAF mit, dass um 16.10 Uhr die Verhandlungen für den Aufruf eines Dringlichen Antrags unterbrochen werden. Eingebracht hatten den Dringlichen Antrag zum Thema "Schluss mit der Klimaschutz-Blockade – mehr Geld für den Klimaschutz" die Grünen. Schließlich wurde die Tagesordnung einstimmig um einen 30. Punkt ergänzt. Es handelt sich dabei um das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Karl Öllinger (G).

Die Wortmeldungen zum neuen Haushaltsrecht hatten mehrere Dinge gemeinsam: Freude über das Zustandekommen des neuen Haushaltsrechts, das ab dem Jahr 2013 gelten wird; die Wertung des Gesetzes als "großen Wurf"; Genugtuung über die Tatsache der Verabschiedung durch alle fünf Fraktionen als Beweis der Möglichkeit sachlicher und konstruktiver Zusammenarbeit im Parlament; Dank an alle, die zum Gelingen des Gesetzes beigetragen hatten, insbesondere an Sektionschef Gerhard Steger, der als "Spiritus Rector" der Vorlage sich das neue Haushaltsrecht zur "Herzensaufgabe" (Staatssekretär Lopatka) gemacht habe.

Für Abgeordneten Jakob AUER (V), den Obmann des Budgetausschusses, wird mit dem neuen Haushaltsrecht "alles neu", auf den Budgetausschuss und den Unterausschuss würden mehr Arbeit und mehr Verantwortung zukommen. Entscheidend werde sein, was das Parlament daraus macht, betonte Auer und sah mit dem Gesetz einen "Kulturwandel" für die Bundesverwaltung und die Politik kommen. Wirkungsorientierung des Budgets habe bisher ebenso gefehlt wie die Transparenz unzureichend gewesen sei, dem werde nun abgeholfen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) lobte die gute Gesprächsebene in wesentlichen Fragen, vor allem im Budget- und im Finanzausschuss. Die Frage sei nunmehr, wie das Parlament seine Budgethoheit wahrnehmen werde. Neu sei die Form des Rechnungswesens in der Form einer Ergebnis- und einer Vermögensrechnung, neu sei die Wirkungsorientierung im Dienst der Verwirklichung politischer Ziele, neu sei auch mehr Flexibilität für die Ressorts. Auch Krainer sah auf das Parlament mehr Arbeit zukommen; mit dem zu schaffenden Budgetdienst ("budget office") werde es die notwendige Expertise im Parlament geben. Zufrieden zeigte sich Krainer schließlich mit der Aussicht, dass der eingerichtete Beirat auch bei der Umsetzung des neuen Haushaltsrechts erhalten bleiben werde.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) ergänzte, die Bundesfinanzierungsagentur sei "zurückgeschraubt" worden sei: Ab Jahresbeginn 2010 könnten keine Kredite mehr aufgenommen werden, um damit Finanztransaktionen zu finanzieren. Es sei, durch die Einführung des Budgetdienstes und des Unterausschusses des Budgetausschusses, gelungen zu verhindern, dass "das Parlament unter die Räder kommt". Gerade im Hinblick auf die bis zum Ende der laufenden Periode zu erwartenden Schulden in Höhe von 250 Mrd. € und einem jährlichen Zinsendienst von 10 Mrd. € komme das neue Haushaltsrecht zur richtigen Zeit.

Als "epochal" wertete BZÖ-Abgeordneter Robert LUGAR das neue Haushaltsrecht, weil man sich erstmals überlegt habe, welche Ziele man erreichen wolle. Die gewaltigen Veränderungen brächten aber auch Gefahren mit sich. So befürchtete Lugar, die Orientierung an Wirkungszielen könnte nicht so ambitioniert ausfallen wie geplant. Auch Lugar erhofft sich diesbezüglich Unterstützung durch den geplanten Budgetdienst. Der Abgeordnete brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der eine Begrenzung der Neuverschuldung des Bundes in der Höhe von maximal 0,35 % des BIP und eine Neuverschuldung der Länder und Gemeinden nur in Ausnahmesituationen vorsieht.

Dem Lob für den Entwurf mengte auch Abgeordneter Werner KOGLER (G) Bedenken bei. Sie galten zum einen dem neuen Rechnungswesen bzw. dem Verhältnis von Nutzen und Aufwand, der Frage der externen Evaluierung, der Praxis der Wirkungsorientierung und der seiner Meinung nach unzureichenden Ausgestaltung beim Gender Budgeting. "Unterm Strich" würde mit dem neuen Haushaltsrecht die Regierung gestärkt, dem stehe aber auch eine Stärkung des Parlaments gegenüber, sagte Kogler. Es werde in einigen Jahren "mehr Kontrolle und mehr Arbeitsparlament" geben.

Regierung und Parlament seien die Nutznießer des neuen Haushaltsrechts, führte Staatssekretär Reinhard LOPATKA aus, es gebe "keine Verlierer". Man komme weg von der Kameralistik und der alten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung; ein erster Reformschritt erfolge bereits 2009, bei den Ausgaben sei strengste Budgetdisziplin geboten. Die höhere Eigenverantwortlichkeit der Ressortleitungen durch erhöhte Flexibilität biete auch mehr Möglichkeiten für antizyklisches Vorgehen, sagte Lopatka und zeigte sich besonders stolz auf das überaus positive internationale Echo.

ÖVP-Abgeordneter Günter STUMMVOLL ging zunächst auf den massiven Kontrast zwischen den beiden Sitzungen des Tages ein und bedauerte, dass das Interesse der Medien, aber auch im Saal eher beim Konflikt als beim Konsens liege. Den Budgetdienst des Parlaments wünscht sich Stummvoll als "effiziente, schlagkräftige Gruppe".

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) sah in den Universitäten und ihrer Dotierung ein gutes Beispiel für die kommende Wirkungsorientierung: Nicht "mehr Geld" sei gut, sondern "effizient eingesetztes Geld". Das Parlament habe in Zukunft der Exekutive vorzugeben, was mit dem Geld zu geschehen habe, daher gelte es, bei der Kontrolle "aufzurüsten". Matznetter brachte zwei Abänderungsanträge ein, die die Liquiditätsplanung betreffen. Demnach soll die Liquiditätsreserve 33 % des Finanzierungsrahmens des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes nicht übersteigen.

 

Abgeordneter Lutz WEINZINGER (F) meinte, es sei offenbar gelungen, eine bedeutende Verbesserung auf dem Gebiet des Haushaltsrechts zu erzielen. Es sei die Pflicht der Politik, die Schulden der Republik entsprechend abzubauen, das sei man künftigen Generationen schuldig. Das neue Haushaltsrecht komme diesem Ziel entgegen und daher sei es zu begrüßen.

Abgeordneter Maximilian LINDER (B) bezeichnete das neue Haushaltsrecht als Schritt in die richtige Richtung. Man müsse entsprechende Ziele vorgeben und diese auch evaluieren. Wichtig sei dabei naturgemäß die Einbindung des Parlaments, denn diese Budgets müssten auch kontrolliert werden können.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) erklärte, dieses neue Haushaltsrecht werde dazu beitragen, den Mitteleinsatz effizienter zu gestalten und für mehr Transparenz zu sorgen. Und da Budgets die in Zahlen gegossene Politik seien, müsse man Budgets auch aus der Sicht der Gleichberechtigung beleuchten, meinte die Rednerin in Bezug auf das Gender-Budgeting und erinnerte an einen Antrag, den ihre Fraktion eingebracht hatte.

Abgeordneter Franz ESSL (V) sprach von einem modernen Gesetz, das auch von der Opposition als solches anerkannt werde. Experten sprächen sogar von einem epochalen Entwurf, und das sei nicht verwunderlich, habe man doch konstruktiv zusammengearbeitet, sodass das Ergebnis sich sehen lassen könne. Insbesondere verwies der Redner auf die geplanten Mitspracherechte des Parlaments und auf den geplanten Budgetdienst des Parlaments.

Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) erinnerte an frühere Versuche, die Materie zu reformieren. Damals sei man immer wieder gescheitert, sodass es umso erfreulicher sei, nun endlich ein zeitgemäßes und gutes Reformwerk vorlegen zu können, das fraglos zahlreiche Verbesserungen mit sich bringen werde.

Ebenfalls positiv äußerten sich die S-Mandatare Marianne HAGENHOFER, Franz KIRCHGATTERER, Hubert KUZDAS, Heidrun SILHAVY und Gerhard STEIER, die einzelne Aspekte der Vorlage näher darlegten und von einem "Quantensprung", ja von einem "Paradigmenwechsel" sprachen, der für mehr Effizienz und Transparenz sorgen werde. Lob ernteten die zuständigen Bediensteten und auch der sachorientierten Arbeit des Ausschusses unter Leitung des Abgeordneten Auer sei Dank geschuldet, hielten die Mandatare fest, die sich zudem mit der Einrichtung eines eigenen Budgetdienstes des Parlaments zufrieden zeigten.

Das Bundeshaushaltsgesetz 2013 wurde in der Fassung zweier V-S-Abänderungsanträge einstimmig angenommen, der Zusatz- und Abänderungsantrag der Grünen blieb hingegen in der Minderheit. Keine Mehrheit fand auch der B-Entschließungsantrag. Auf Antrag des Budgetausschusses wurde sodann auch eine Novelle des Bundeshaushaltsgesetzes in der Fassung eines Abänderungsantrages der Regierungsfraktionen angenommen. Ebenfalls einstimmige Annahme erfuhr eine im Zusammenhang mit der Haushaltsreform stehende Änderung des Dienstrechtsverfahrensgesetzes.

(Schluss Haushaltsrecht/Forts. NR)