Parlamentskorrespondenz Nr. 477 vom 16.06.2010

Neues Waffengesetz: Registrierungspflicht für alle Schusswaffen

Keine Mehrheit für Polizeipraktikanten und Grenzkontrollen

Wien (PK) – Nach der Kenntnisnahme des Sicherheitsberichts 2008 wandten sich die Abgeordneten konkreten sicherheitspolitischen Gesetzesinitiativen zu und debattierten zunächst eine Waffengesetz-Novelle, die eine Registrierungspflicht für alle Schusswaffen bringt, bisherige Ausnahmen für bestimmte Langwaffen beseitigt und die Einrichtung eines EDV-gestützten zentralen Waffenregisters bis 2014 vorsieht.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) begründete die Ablehnung der Novelle durch seine Fraktion damit, dass sie Übertreibungen enthalte. Als Beispiele nannte er Regelungen betreffend alte Vorderlader aus historischen Beständen und Waffen im Rahmen der Brauchtumspflege. Hagen ortete darin einen "Kniefall" vor der "EU-Bürokratie".

Dem Brauchtum würden keine Schranken gesetzt, befand hingegen Abgeordneter Günter KÖSSL (V). Die Regelungen brächten mehr Sicherheit und eine Vereinfachung.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) kritisierte die Begutachtungspraxis: Während die Caritas zur Begutachtung eingeladen wurde, sei die Vereinigung für ein liberaleres Waffengesetz nicht eingeladen worden. Schenk befürchtete die Kriminalisierung von Waffenbesitzern und übte Kritik an weiteren Details. Zudem wären mit der Novelle zusätzliche Kosten verbunden, eine Chance zur Verwaltungsvereinfachung sei vertan worden.

Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) sprach sich für eine Beratung von Waffenbesitzern und –nutzern aus. Wenn das österreichische Parlament EU-Regelungen nachvollziehe, habe das nichts mit einem Kniefall zu tun, betonte Prähauser.

Seine Fraktion stehe nicht an, etwas als "in Ordnung" zu bezeichnen, wenn es tatsächlich in Ordnung sei wie die vorliegende Novelle, sagte Abgeordneter Harald VILIMSKY (F). Bedenken seiner Fraktion seien im Ausschuss ausgeräumt worden. Gleichwohl legte Vilimsky einen Abänderungsantrag mit – wie er sagte – "Präzisierungen" vor und wünschte sich auch für die Zukunft weitere Klärungen.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, bedauerte aber, dass nicht auch Mängel im Gesetz beseitigt würden und nur auf die EU-Anpassung abgestellt werde. Nach wie vor würden zwei Drittel aller Tötungsdelikte mit Schusswaffen verübt, beklagte der Mandatar und untermauerte dies mit Beispielen. Auch der Großteil der Selbstmorde werde mit legalen Waffen begangen. Einer Reform bedürften die Verlässlichkeitsprüfung und die Handhabung der Psychotests.

Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) sah drei wesentliche Änderungen durch die Novelle: Alle Waffen müssten registriert werden, auch Langwaffen, die Registrierung werde verbessert und bezüglich der Verwahrung gebe es nun präzise Regelungen, wobei der Entzug der Waffenberechtigung erst als ultima ratio zum Einsatz komme. Mit dem Gesetz sei man "am Stand der Zeit".

Schusswaffen in privaten Haushalten seien ein enormes Risiko, wenn sie nicht entsprechend verwahrt würden, erklärte Abgeordneter Anton HEINZL (S). Wer eine legale Waffe habe, hätte auch kein Problem bei der Registrierung. Die Details der neuen Regelung trügen zur Erhöhung der Sicherheit bei. Der private Besitz von Waffen sei allerdings keine geeignete Strategie, sein Eigentum zu beschützen oder gar Verbrechen zu bekämpfen. Ein restriktives Waffenrecht helfe, Leben zu retten, betonte der Redner.

Die Novellierung des Waffengesetzes wurde vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit verabschiedet. Der Abänderungsantrag der FPÖ blieb in der Minderheit.

Zivilschutzabkommen mit Marokko

Ein bilaterales Abkommen mit Marokko über die Zusammenarbeit bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen genehmigten die Abgeordneten einstimmig.

Nach Abgeordnetem Wolfgang GROSSRUCK (V) mache das Abkommen das Interesse anderer Länder an der Zusammenarbeit mit Österreich auf dem Gebiet des Zivilschutzes deutlich. Andere Länder würden die hohe Kompetenz Österreichs auf dem Gebiet des Zivilschutzes schätzen. Österreich verfüge etwa über die "weltbeste Feuerwehr", sagte der Redner und dankte allen auf dem Gebiet des Zivilschutzes Tätigen.

Abgeordnete Gisela WURM (S) ging auf die Geschichte des Übereinkommens ein: Im Jahr 2004, nach einem Erdbeben im Norden Marokkos, habe Österreich geholfen, u.a. mit einer Hundestaffel. Durch das neue Übereinkommen werde nun sicher gestellt, dass auch rasch geholfen werden könne.

Abgeordneter Werner KÖNIGSHOFER (F) begrüßte das Abkommen für seine Fraktion. Es fehle aber ein weiteres Abkommen mit Marokko, nämlich ein Rücknahme-Übereinkommen betreffend verurteilte Straftäter; Königshofer ging auf die Marokkaner-Szene in Innsbruck ein und forderte Innenministerin Fekter auf, in dieser Frage tätig zu werden.

Keine Mehrheit für Sicherheitsinitiativen aus der Opposition

Der Ablehnung durch die Mehrheit des Nationalrates verfielen schließlich Anträge der FPÖ auf Einsatz zusätzlicher Polizisten im Kampf gegen die Suchtgiftkriminalität sowie auf Einführung eines Lehrberufs "Polizeibeamter" und des Ausbildungsmodells " Polizeipraktikant ". Abgelehnt wurde auch das Verlangen des BZÖ auf vorübergehende Wiedereinführung der Grenzkontrollen.

Die Debatte eröffnete Abgeordneter Werner HERBERT (F), der zum Antrag betreffend zusätzliche Planstellen in der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität sprach. Es gebe auf diesem Gebiet zwar temporäre, aber keine nachhaltigen Erfolge. Die Forderung, ein neues Ausbildungsmodell einzuführen, erläuterte der Redner mit dem Ziel, die erforderlichen Personalressourcen zu schaffen und darüber hinaus die Jugendarbeitslosigkeit zu senken.

Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) bewertete die Anträge als widersprüchlich zur aktuellen Situation der Kriminalität, und zwar auch in sicherheitspolitischer Hinsicht. Die Menge sichergestellter Drogen sein als Kriterium für die Arbeit der Polizei nicht ausreichend. Zudem habe Österreich die Zusammenarbeit mit seinen Nachbarn im Zusammenhang mit FRONTEX intensiviert. Auch "Polizist als Lehrberuf" würde einen Rückschritt darstellen.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) bezweifelte den Fortschritt im Zusammenhang mit FRONTEX. Er trat für eine temporäre lückenlose Grenzkontrolle mit anschließender Evaluierung gemäß dem von ihm eingebrachten Antrag ein. Die hohe Kriminalität würde einen derartigen Versuch rechtfertigen, meinte Westenthaler. Der Kriminaltourismus sei ein Ärgernis in der Bevölkerung. Seine Fraktion werde auch den anderen Anträgen zustimmen, kündigte Westenthaler an und kritisierte die Vertagung eines Antrags seiner Fraktion zum Burka-Verbot.

Es habe sich um zwei idente Anträge in zwei verschiedenen Ausschüssen gehandelt, replizierte Abgeordneter Otto PENDL (S), und das Thema würde im Verfassungsausschuss behandelt. Bezüglich der Polizei sprach sich Pendl für eine umfassende Vorgangsweise statt für Vorgehen im Detail aus. Es habe in der Vergangenheit Konsens darüber gegeben, dass der Polizeiberuf besser erst 18- als bereits 15-Jährigen offen stehen sollte. Man solle die Exekutive stärken und modern ausrüsten, meinte Pendl.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) warf der Koalition vor, die Probleme nicht zu erkennen. Im Drogenhandel seien "ganz andere Dinge" nötig, um zu ermitteln. Die Schengen-Partner seien nicht zuverlässig, sodass Kriminelle nach Österreich kommen könnten. Es genüge nicht, ein wenig zu machen, es müsse "alles gemacht werden".

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) sah im freiheitlichen Antrag zur Drogenpolitik nur "Panikmache". In einer erfolgreichen Drogenpolitik seien polizeiliche Maßnahmen nur ein kleiner Teil, es brauche auch zahlreiche andere Schritte, wie die Entkriminalisierung der DrogenkonsumentInnen. Erscheinungen wie Menschenhandel könne man nicht durch die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, sondern nur durch eine verbesserte internationale Zusammenarbeit der zuständigen Behörden, sowie durch eine Stärkung der Frauen- und Kinderrechte beikommen, zeigte sich die Rednerin überzeugt.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) bezeichnete es als einen Trugschluss, dass man aufgrund niedriger Deliktzahlen weniger Ermittler im Suchtgiftbereich brauche. Eine stärkere Ermittlungstätigkeit bringe die Aufdeckung weiterer Straftaten. Er verwies darauf, dass eine mit Drogen zusammenhängende Beschaffungskriminalität aufgrund fehlender Ermittlungen oft übersehen werde. Die Einführung eines Lehrberufes für Polizeibeamte sah der Abgeordnete positiv. Er versprach sich davon bessere Chancen für Lehrlinge, die durch die derzeit angewandten Aufnahmeverfahren, welche Maturanten bevorzugten, benachteiligt werden. Auch die Chancengleichheit von Männern und Frauen als Anwärter auf den Polizeiberuf könnte durch das Ausbildungsmodell "Polizeipraktikant" verbessert werden. Das BZÖ werde dem Antrag daher zustimmen.

Abgeordneter Nikolaus PRINZ (V) äußerte sich zu allen drei vorliegenden Anträgen ablehnend. Die Bekämpfung von Suchtgiftkriminalität sei wichtig, betonte er, die österreichische Exekutive sei hier aber ohnehin erfolgreich. Wenig abgewinnen kann Prinz auch der Forderung nach Einführung eines Lehrberufs "Polizeibeamter" und nach einer vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den österreichischen Außengrenzen.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) erklärte, er könne die negative Beurteilung der vorliegenden Anträgen nicht nachvollziehen. Sein Vorredner habe eine schlüssige Begründung für die Ablehnung der Initiativen vermissen lassen, meinte er. Lausch machte sich unter anderem für 500 zusätzliche Polizei-Planstellen zur Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität stark und signalisierte auch zum Antrag des BZÖ Zustimmung. Er hält es für unbedingt erforderlich, die Polizeidienststellen an den Grenzen zu verstärken.

Abgeordneter Rudolf PLESSL (S) führte aus, FPÖ und BZÖ würden im Bereich innere Sicherheit zwar zahlreiche Anträge einbringen, seiner Ansicht nach bleibt dabei die Qualität der Forderungen aber auf der Strecke. So sieht er etwa im Bereich der Polizeiausbildung keinen Änderungsbedarf. Einen ausdrücklichen Dank richtete Plessl an die Mitglieder des Asylgerichtshofs, die seiner Meinung nach ausgezeichnete Arbeit leisten. 

Abgeordnete Ruth BECHER (S) wies darauf hin, dass es in Wien schon seit dem Jahr 2003 eine eigene Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität gebe, zu der auch Drogenfahnder gehörten. Die Gruppe könne einen beeindruckenden Erfolg vorweisen, unterstrich sie. Weiter aufrecht ist Becher zufolge die Forderung der SPÖ Wien nach einer Aufstockung der Polizeibeamten in der Bundeshauptstadt.

Abgeordneter Martin STRUTZ (o.F.) warf der SPÖ vor, auf Forderungen der Opposition prinzipiell nicht eingehen zu wollen. Auch der positiven Einschätzung der Sicherheitslage in Österreich durch Innenministerin Maria Fekter konnte er nichts abgewinnen. Als bedenklich wertete Strutz unter anderem die Personalsituation bei der Exekutive, in diesem Sinn schloss er sich der Forderung nach mehr Beamten zur Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität an.

Die drei ablehnenden Berichte des Innenausschusses über die Anträge 563/A(E), 879/A(E) und 1162/A(E) wurden vom Nationalrat mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Schluss)