Parlamentskorrespondenz Nr. 995 vom 07.12.2010

Budgetbegleitgesetz 2011 (3)

Zivildienst, Justiz, Stiftungen, öffentlicher Dienst

Wien (PK) – Maßnahmen in der Justizverwaltung, die im Budgetbegleitgesetz aufgelistet sind, sollen ebenfalls zu Einsparungen führen. Änderungen gibt es weiters bei der Offenlegungspflicht für Stiftungen und Unternehmen. Im öffentlichen Dienst schlagen sich 0,85 % Gehaltserhöhung zu Buche, außerdem wird der "Papamonat" eingeführt.

Zivildienst: Weniger Geld für Rechtsträger

Kürzungen gibt es im Bereich des Zivildienstes. So zahlt der Bund künftig etwa für einen im Rettungswesen bzw. in der Katastrophenhilfe eingesetzten Zivildiener nur noch 600 € (statt 635 €) an den jeweiligen Rechtsträger, in der Sozial- und Behindertenhilfe, der Alten-, Kranken- und Flüchtlingsbetreuung sowie in der Betreuung von Drogenabhängigen wird das Zivildienstgeld von 445 € auf 410 € gekürzt. Parallel dazu erhöht sich der Betrag, den einzelne Einrichtungen für jeden der ihnen zugewiesenen Zivildiener entrichten müssen, von 95 € auf 130 €. Eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes um drei Monate ist nicht mehr möglich.

Das Einsparungspotential durch die Senkung des Zivildienstgeldes wird mit 3,95 Mio. € angegeben, dazu kommen weitere 1,24 Mio. € durch die Streichung der Verlängerungsmöglichkeit.

Justiz: Gerichtsgebühren werden angehoben…

Im Bereich der Justiz kommt es unter anderem zu einer teilweise deutlichen Anhebung von Gerichtsgebühren. So werden etwa die Gebührenstufen für Streitwertgrenzen ab Jänner "nach unten geglättet", um dem ansteigenden Aufwand für komplexe Zivilprozesse Rechnung zu tragen. Durch eine kumulierte Indexanpassung der Gebühren für Firmenbuch-Abfragen erhöhen sich diese ab April 2011 um rund

25 %.

Die Eintragungsgebühr ins Grundbuch steigt ab 2011 von 1 % auf 1,1 %. Gleichzeitig sind für Grundbuchsabfragen anstelle der bisherigen Zeilengebühr "Flat-Rates" vorgesehen. Ein aktueller Grundbuchsauszug wird demnach beispielsweise 3 € je abgefragter Einlagenzahl kosten, je abgefragter Urkunde sind 90 Cent fällig.

Werden im Zuge von Akteneinsicht Aktenseiten selbst fotografiert oder eingescannt, sind wie für eigenhändige Kopien 50 Cent pro angefangener Seite zu entrichten. Kopien von bereits vorhandenen elektronische Dateien (z.B. PDF) werden mit 1 € pro Datei in Rechnung gestellt.

Für Auskünfte über etwaige strafgerichtliche Verurteilungen eines Unternehmens bzw. eines anderen Rechtsträgers nach dem Verbandsverantwortlichengesetz sowie über laufende Strafverfahren ist – angelehnt an die Strafregisterauskunft für natürliche Personen – in Hinkunft eine Gebühr von 50 € zu zahlen.

…die verhandlungsfreie Zeit gestrichen…

Die verhandlungsfreie Zeit (derzeit 15. Juli bis 25. August sowie 24. Dezember bis 6. Jänner) wird bei sämtlichen Zivilgerichten gestrichen. Im Interesse der Parteien bzw. der RechtsanwältInnen muss bei Tagsatzungen aber auf rechtzeitig bekannt gegebene Urlaube zwischen dem 15. Juli und dem 17. August bzw. dem 24. Dezember und dem 6. Jänner zwingend Rücksicht genommen werden. Auch Rechtsmittelfristen gegen Beschlüsse und Urteile erster und zweiter Instanz werden in diesem Zeitraum grundsätzlich gehemmt.

Die bisher bestehende Möglichkeit, Berufungen und Rekurse gegen Gerichtsentscheidungen direkt bei Gericht zu Protokoll zu geben, entfällt. Begründet wird dieser Schritt damit, dass mit einer entsprechenden Protokollaufnahme stets auch eine Beratung über mögliche Rechtsmittel und deren Erfolgsaussichten verbunden ist, was zum einen für gleichzeitig urteilende RichterInnen schwierig und zum anderen ureigenste Aufgabe von RechtsanwältInnen ist.

Zustellungen mit RSb sollen – analog zur Zivilprozessordnung – auch in anderen Bereichen, etwa im Baurecht, der Insolvenzordnung und im Wohnungseigentumsgesetz, zur Norm werden. Lediglich bei Bestellung eines Sachwalters soll der Bestellungsbeschluss nach wie vor zu eigenen Handen (RSa) zugestellt werden. Im Sinne der Verwaltungsvereinfachung werden die Bestimmungen über elektronische Zustelldienste adaptiert.

Beleidigende, verworrene oder sinnlose Schriftsätze und Eingaben müssen in Hinkunft vom Gericht nicht mehr weiter behandelt werden, wenn die betroffene Partei Verbesserungsaufträgen nicht nachkommt bzw. sich erneut einer nicht angemessenen Ausdrucksweise bedient. Ordnungsstrafen hätten sich in der Vergangenheit als nicht ausreichend erwiesen, heißt es dazu in den Erläuterungen.

Werden Rechtsmittel gegen Entscheidungen erster Instanz in Bezug auf Sachverständigen- oder Dolmetschgebühren eingebracht, entscheidet in zweiter Instanz nicht mehr ein Senat, sondern ein Einzelrichter, bzw. eine Einzelrichterin. Außerdem kann sich ein Gericht komplizierte Kostenentscheidungen in Hinkunft auch bis zur rechtskräftigen Erledigung der Hauptsache vorbehalten, um unnötigen Aufwand zu vermeiden.

…das Gerichtspraktikum auf fünf Monate verkürzt…

Das Gerichtspraktikum für Personen mit abgeschlossenem Jus-Studium wird von neun auf fünf Monate verkürzt, der monatliche "Ausbildungsbeitrag" gleichzeitig ab Juli 2011 von 1.274 € auf 1.035 € reduziert. Die Ausbildung soll weiterhin jedenfalls bei einem Landesgericht und bei einem Bezirksgericht erfolgen und ansonsten flexibel sein.

RichteramtsanwärterInnen, die die Richteramtsprüfung erfolgreich abgelegt haben, soll künftig auch die Vertretung der Anklage vor dem Landesgericht als Schöffengericht sowie die Vertretung im Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht übertragen werden können.

…und "fahrlässige Körperverletzung" weniger streng geahndet

Im Bereich des Strafrechts können Geldstrafen künftig höchstens bis zur Hälfte bedingt nachgesehen werden. Außerdem soll jemand wegen des Tatbestands der fahrlässigen Körperverletzung – etwa durch einen Verkehrsunfall – nicht mehr gerichtlich verfolgt werden, wenn ihn kein schweres Verschulden trifft und aus der Tat keine Gesundheitsschädigung einer anderen Person von mehr als 14 Tagen (bisher 3 Tage) erfolgt.

Gänzliche Straffreiheit können auch UnterhaltsschuldnerInnen erlangen, wenn sie in Form der "tätigen Reue" bis zum Schluss der Gerichtsverhandlung den gesamten Unterhaltsrückstand bezahlen.

Bei ungerechtfertigtem Freiheitsentzug wird eine Ober- und eine Untergrenze für immateriellen Schadenersatz eingeführt. Angelehnt an die deutsche Praxis ist ein Betrag von zumindest 20 € pro Tag vorgesehen.

Die finanziellen Mittel, die der Bund für die Behandlung verurteilter Suchtkranker bereitstellt, sollen durch eine Flexibilisierung der Therapieangebote und mehr Kurzzeittherapien zielgerichteter eingesetzt werden.

Um Kosten zu sparen, sollen bei Gerichtsverfahren künftig außerdem vorrangig "justizeigene" DolmetscherInnen herangezogen werden, die von der Justizbetreuungsagentur in gängigen Sprachen bereitgestellt werden. Für solche Dolmetschleistungen ist, wenn die DolmetscherInnen nicht ausschließlich zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens für die Angeklagten herangezogen werden, grundsätzlich eine pauschalierte Gerichtsgebühr von 159 € vorgesehen.

Weitere Einsparungen will Justizministerin Claudia Bandion-Ortner durch kaufmännische Rundungen von Zeugengebühren und Abrundungen von Sachverständigengebühren lukrieren.

Können Zeugen, Beschuldigte oder Parteien nicht persönlich einvernommen werden, soll einer "Videokonferenz" der Vorzug vor ersuchter Rechtshilfe gegeben werden.

Mit einem eigenen Verwahrungs- und Einziehungsgesetz wird der gerichtliche Erlag sowie die Einziehung und die Ausfolgung von Verwahrnissen durch ordentliche Gerichte neu geregelt.

Um Rollenkonflikte für RichterInnen zu vermeiden, sollen jene Gerichtsabteilungen, die auf Jugendstrafsachen spezialisiert sind, in Hinkunft nicht mehr automatisch auch für Jugendschutzsachen (z.B. Vernachlässigung, Verletzung der Unterhaltspflicht) zuständig sein.

Insgesamt soll mit den verschiedenen Maßnahmen im Justizbereich ein ausgabenseitiger Konsolidierungseffekt von rund 7,2 Mio. € erzielt werden, dem stehen erwartete Mehreinnahmen von 28,8 Mio. € gegenüber.

Offenlegungspflichten für Stiftungen und Unternehmen

Im Privatstiftungsgesetz werden in Reaktion auf mehrere OGH-Entscheidungen Klarstellungen bezüglich der Einflussmöglichkeit von Begünstigten auf verschiedene Stiftungsorgane vorgenommen. So wird etwa ausdrücklich normiert, dass auch RechtsvertreterInnen und LebensgefährtInnen von Begünstigten nicht Mitglieder des Stiftungsvorstands sein dürfen. Die Abberufung eines Stiftungsvorstands soll besonderer Mehrheiten bzw. Einstimmigkeit bedürfen. Werden Begünstigte einer Stiftung verschwiegen, droht für jeden Einzelfall künftig eine Geldstrafe von bis zu 20.000 €.

Stiftungen und Fonds mit gemeinnützigem oder mildtätigem Zweck, die unter das Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz fallen und ein Fondsvermögen von mehr als einer Million Euro haben, müssen künftig WirtschaftsprüferInnen oder ähnliche ExpertInnen als AbschlussprüferInnen bestellen. Damit soll die zuständige Prüfbehörde entlastet werden.

Um Unternehmen verstärkt zu bewegen, ihren EU-rechtlich vorgegebenen Offenlegungspflichten auch tatsächlich nachzukommen, wird im Unternehmensgesetzbuch eine Zwangsstrafverfügung verankert. Wer den Jahresabschluss nicht fristgerecht vorlegt, muss demnach mit einer Strafe von 700 bis 3.600 € rechnen. Ist man nach zwei Monaten immer noch säumig, wird eine weitere Strafzahlung fällig, wobei Organe mittelgroßer und großer Kapitalgesellschaften höhere Strafen zu leisten haben. Begründete Einsprüche seitens der Unternehmen gegen Zwangsstrafverfügungen sind innerhalb von 14 Tagen möglich.

Öffentlicher Dienst: 0,85 % Gehaltserhöhung und "Papamonat"

Für öffentlich Bedienstete wird ein so genannter "Papamonat" eingeführt. Väter können innerhalb von acht Wochen nach der Geburt eines Kindes bis zu vier Wochen unbezahlte "Frühkarenz" nehmen. In dieser Zeit sind sie kranken- und bei Teilnahme an Fortbildungen auch unfallversichert. Der Anspruch auf "Väterkarenz" wird dadurch nicht verkürzt.

Wer ein behindertes Kind betreut, kann auch nach dessen Schuleintritt seine regelmäßige Wochendienstzeit reduzieren.

Gemäß dem Ergebnis der Gehaltsverhandlungen werden die Gehälter für Bundesbedienstete im Jahr 2011 um 0,85 % erhöht. Niedrige Gehälter steigen um einen Pauschalbetrag von 25,5 € monatlich. Für Zulagen und Vergütungen, die gesetzlich in Eurobeträgen ausgedrückt sind, ist eine Anpassung in der Höhe von 1 % vorgesehen. Insgesamt verursacht die Gehaltserhöhung Mehrkosten für den Bund im Ausmaß von 115 Mio. €.

Neu gestaltet werden überdies die Reisegebührensätze im öffentlichen Dienst. So wird etwa bei der Tages- und Nächtigungsgebühr nicht mehr zwischen verschiedenen Dienstklassen und Entlohnungsruppen unterschieden, eine Benützung der 1. Klasse bei Zugfahren ist nur noch bei ausdrücklich bestätigtem "Dienstinteresse" möglich. Verschiedene Änderungen gibt es auch beim Kilometergeld. Der Anspruch auf Kilometergeld für mit dem Dienstfahrrad zurückgelegte Wegstrecken entfällt. Bei Dienstzuteilungen an einen anderen Dienstort erlischt der Anspruch auf Zuteilungsgebühr grundsätzlich nach 180 Tagen.

Aufgrund einer Entscheidung des EuGH können vor Antritt einer Elternkarenz erworbene Urlaubsansprüche nicht mehr während der Karenz verfallen. Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer mit einem Beschäftigungsausmaß von weniger als 13 Stunden fallen in Hinkunft grundsätzlich unter das Vertragsbedienstetengesetz.

LehrerInnen, die keine volle Lehrverpflichtung haben, müssen in Hinkunft nur noch aliquot zu ihrem Beschäftigungsausmaß zusätzliche Supplierstunden leisten. Außerdem sind die Landesschulräte aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nicht mehr verpflichtet, die Wartezeit auf eine Lehrerstelle bei der Zuteilung von LehrerInnen zu berücksichtigen.

Die Urlaubserhöhung für RichterInnen ab dem 17. Dienstjahr entfällt.

(Fortsetzung Budgetbegleitgesetz)