Parlamentskorrespondenz Nr. 111 vom 03.02.2011

Vertrag von Lissabon bringt mehr Mitspracherechte für Parlamente

Bundesrat stimmt befristeter Aufstockung der EU-Abgeordneten zu

Wien (PK) – Auf der Tagesordnung des Bundesrats stand heute auch das Änderungsprotokoll zum Vertrag von Lissabon zur Debatte, wonach die Mandatszahl im Europäischen Parlament noch heuer aufgestockt werden soll. Die Vorlage passierte die Länderkammermehrheitlich gegen die Stimmen der FPÖ. Damit wird Österreich schon bald mit zwei zusätzlichen Abgeordneten - 19 statt 17 - in Brüssel vertreten sein.

Notwendig wurde das Änderungsprotokoll durch das verspätete Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon. Dadurch galt für die Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 noch das alte EU-Recht. Anders als ursprünglich geplant, wurden nicht 751, sondern lediglich 736 EP-Abgeordnete gewählt. Nun sollen insgesamt 18 MandatarInnen nachrücken, wobei Spanien mit vier zusätzlichen Sitzen am meisten profitiert. Die maximale Mandatszahl pro Land beträgt künftig 96, eine Übergangsregelung stellt jedoch sicher, dass keiner der im Jahr 2009 gewählten 99 deutschen Abgeordneten sein Mandat bis zum Ende der laufenden Wahlperiode verliert.

Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) machte geltend, die Liebe der FPÖ zum Vertrag von Lissabon sei "enden wollend". In diesem Sinn äußerte er sich auch ablehnend zum vorliegenden Änderungsprotokoll. Es gehe um eine vorübergehende Aufstockung des Europäischen Parlaments auf 754 Sitze bis zum Jahr 2014, skizzierte Krusche und zeigte dafür nicht zuletzt wegen der zusätzlich anfallenden Kosten wenig Verständnis. Generell meinte Krusche, der sperrige Titel des vorliegenden Abkommens zeige, wie wenig bürgernah die Europäische Union sei.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) warf seinem Vorredner und dessen FraktionskollegInnen vor, einen "gewissen Tunnelblick" zu haben. Die FPÖ sei "meilenweit" davon entfernt, Regierungsverantwortung zu tragen, meinte er und gab zu bedenken, dass der Vertrag von Lissabon unter anderem eine Stärkung der nationalen Parlamente im europäischen Gesetzgebungsprozess gebracht habe. Auch das vorliegende Änderungsprotokoll bringe "mehr Demokratie" in Europa, sagte Klug und verwies darauf, dass Österreich künftig mit zwei Mandaten mehr im Europäischen Parlament vertreten sein werde.

Bundesrat Edgar MAYER (V/V) wandte sich dagegen, die Frage der Mandatsaufstockung im Europäischen Parlament auf die Kostenfrage zu reduzieren. Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon habe sich einiges zum Positiven geändert, bekräftigte er. Der Vertrag habe mehr Mitspracherechte für die nationalen Parlamente und damit auch mehr Einflussmöglichkeiten des Bundesrats auf die EU-Gesetzgebung gebracht. Durch die erhöhte Mandatszahl im Europäischen Parlament würden nun kleine Staaten mehr Gewicht in der EU bekommen.

Staatssekretär Andreas SCHIEDER ging auf die ablehnende Haltung von Bundesrat Krusche zum Euro-Rettungsschirm ein und verwies in diesem Zusammenhang auf milliardenschwere Haftungsübernahmen Kärntens für die Hypo Alpe Adria.

Der Bundesrat sprach sich mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für das Änderungsprotokoll zum Vertrag von Lissabon aus.

(Fortsetzung Bundesrat)


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