Parlamentskorrespondenz Nr. 308 vom 30.03.2011

Euro-Rettungsschirm - Fluch oder Segen?

Aktuelle Stunde der FPÖ

Wien PK) – Am Beginn der heutigen Sitzung des Nationalrats wurde abermals heftig über pro und contra Euro-Rettungsschirm diskutiert. Die FPÖ hatte für die Aktuelle Stunde das Thema "Kein Euro-Haftungsschirm ohne Volksabstimmung, Herr Bundeskanzler"  ausgewählt.

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) lehnte den Euro-Rettungsschirm als "Spekulantenhilfspaket" für Banken und Versicherungen ab und meinte, die Rettung des Euro sei bloß ein Scheinargument. Die Haftung gehe voll zu Lasten der SteuerzahlerInnen ohne Einbeziehung der Banken. Damit wäre weder dem Euro noch den betroffenen Ländern geholfen, man unterstütze im Wesentlichen bloß die Banken, stand für Strache fest.

Die ÖsterreicherInnen würden durch den Rettungsschirm auf Lebenszeit zu Schuldnern für Bankrottstaaten wie Griechenland, Portugal und Irland. Österreich, das allein schon 2010 8,4 Mrd. Euro bezahlt habe, pumpe nun weitere Milliarden in die Pleitestaaten. Wie will man da angesichts dieser Geldgeschenke die Budgetvorgaben bis 2013 überhaupt noch wahrnehmen, fragte Strache, der überdies der Regierung vorwarf, einmal mehr unter Beweis zu stellen, dass für sie die österreichischen Interessen an letzter Stelle stünden.

Strache sah im Haftungsschirm eine einschneidende Vertragsänderung  und forderte eine Volksabstimmung darüber. Als Alternativen zur derzeitigen Währungsunion waren für den Redner zudem eine Entlassung der schwachen Volkswirtschaften aus der Eurozone oder auch eine Rückkehr zum Schilling denkbar.

Bundeskanzler Werner FAYMANN schickte voraus, Österreich habe die Krise im europäischen Vergleich besonders gut bewältigt. Neben den zahlreichen Maßnahmen der Bundesregierung habe auch die Teilnahme an der Währungsunion dazu beigetragen und dem Land Stabilität und Schutz vor Spekulation gebracht. Einen Ausstieg aus dem Euro hielt Faymann für absolut undenkbar, wobei er vor einer katastrophalen Isolierung Österreichs und vor der Gefahr von Spekulationsattacken warnte.

Österreich hätte die Vertragsveränderung nicht gebraucht, unterstütze sie aber aus Rücksichtnahme auf Deutschland, das sie aufgrund seiner Verfassungslage benötigt, erklärte der Bundeskanzler.

Abgeordneter Josef CAP (S) betonte ebenfalls, die gemeinsame Währung liege im Interesse Österreichs und bringe mehr Stabilität und vor allem auch Schutz vor Spekulationen. Er vermisste Alternativkonzepte der FPÖ, der er vorwarf, ein Spiel mit dem Schicksal des Landes zu treiben. Österreich habe nur die Chance, in der globalisierten Weltwirtschaft zu bestehen, weil es Teil der EU und der gemeinsamen Währung ist, unterstrich Cap mit Nachdruck. Klar war für den Redner auch, dass es zum Rettungsschirm auch Begleitmaßnahmen brauche, wie etwa eine Regelung der Finanzmärkte und der Rating-Agenturen.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) schloss sich seinem Vorredner an, und bemerkte, der Euro habe in der Wirtschafts- und Finanzkrise seine Bewährungsprobe abgelegt und Österreich Stabilität gebracht. Der Rettungsschirm sei nun keine Hängematte, sondern vielmehr ein Fangnetz, das die betroffenen Staaten zu Stabilitätsmaßnahmen verpflichte. Auch Stummvoll warnte vor einem Ausstieg einzelner Staaten aus dem Euro, der, wie er befürchtete, zu massiven Spekulationsattacken und zu einem Dominoeffekt für die gesamte Wirtschaft führen würde.

Abgeordneter Gerhard THEMESSL (F) kritisierte hingegen, beim Rettungsschirm gehe es vor allem um die Rettung der Banken, Griechen, Iren und Portugiesen würden keinen Cent davon sehen. Dafür belaste die Bundesregierung aber die österreichischen SteuerzahlerInnen und kompromittiere überdies bereits die zukünftigen Budgets nach der nächsten Nationalratswahl 2013, empörte sich der Redner.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) sah den Rettungsschirm als Anfang eines europäischen Währungsfonds und wies die Behauptung, es handle sich um ein Spekulantenhilfspaket, entschieden zurück. Klar sei vielmehr, dass in Zukunft bei insolventen staatlichen Schuldnern zuerst die privaten Gläubiger herangezogen werden. Auch werde das Geld der SteuerzahlerInnen nicht verschenkt, da die Beträge als Kredite gelten, die Priorität gegenüber den privaten Gläubigern haben. Wichtig war für Van der Bellen ferner, dass sämtliche Entscheidungen über Zahlungen aus dem Rettungsschirm einstimmig, also auch mit der Stimme Österreichs erfolgen müssen.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) erinnerte den Bundeskanzler an dessen Versprechen, zukünftige Vertragsänderungen einer Volksabstimmung zu unterziehen, und stellte fest, dies sei nun als Wahlkampftaktik und "Lügenpropaganda" entlarvt. Österreich sage für den Rettungsschirm Geld zu, das es nicht habe und zu teuren Konditionen aufnehmen müsse. Die Zahlungen seien jedenfalls verlorenes Geld, war Bucher überzeugt. Österreich schicke wagonweise Euros nach Griechenland, zurück kämen dann Flüchtlinge – das sei die Europapolitik dieser Koalition, zeigte er sich entrüstet.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) erwiderte, es werde kein Geld verschenkt, die Entscheidung über die Vergabe erfolge einstimmig, private Investoren müssten nun ebenfalls einen Beitrag leisten. Den Rettungsschirm verteidigte Krainer als notwendige staatliche Gegensteuerung, wobei er argumentierte, man könne das Feld nicht den Märkten hinterlassen, dies habe schon einmal katastrophale Folgen ausgelöst.

Abgeordneter Jakob AUER (V) meinte, er habe geglaubt, es herrsche ein Grundkonsens in Hinblick auf die Sicherung der gemeinsamen Währung. Zwei der drei Oppositionsparteien hätten aber nicht verstanden, worum es dabei gehe. Hier stehe die Kaufkraft der heimischen Bevölkerung auf dem Spiel, meinte Auer. Man sichere damit nicht nur die Zukunft der Unternehmen, sondern auch Arbeitsplätze in Österreich. Bewertete man den Euro nicht mehr als harte Währung, würde China kaum Euro-Anleihen kaufen, meinte Auer. Die von Seiten der Opposition viel zitierte Schweiz habe mit dem Franken außerdem durchaus Probleme. Auer plädierte vor diesem Hintergrund dafür, die Debatte um den Euro-Schutzschirm zu versachlichen.

F-Mandatar Elmar PODGORSCHEK zitierte den deutschen Wirtschaftsprofessor Wilhelm Hankel, der der Meinung sei, dass Europa ohne den Euro besser dastehe und der verabschiedete Schutzschirm nicht zur Rettung der gemeinsamen Währung beitrage. Für den F-Mandatar stand vor diesem Hintergrund außer Frage, dass der nunmehr beschlossene Mechanismus nicht zur "Hängematte" für insolvente Staaten des Südens werden dürfe: Die damit einhergehende Schuldenlast würde Europa schließlich erdrücken. Mischten sich die Staaten zunehmend in währungspolitische Fragen ein, wachse sich  eine Bankenkrise nur allzu schnell zu einer Staatskrise aus, prognostizierte Podgorschek. Die Abhaltung einer Volksabstimmung über den Euro-Rettungsschirm hielt der Redner für eine politisch-ethische Notwendigkeit.

Kritik an der Bundesregierung übte auch G-Abgeordneter Werner KOGLER. Der Bundeskanzler lasse eine seriöse Auseinandersetzung mit dieser europäischen Frage vermissen, meinte Kogler: Ihm hänge schließlich sein Leserbrief an die Kronen Zeitung nach. Dass es mittels des neuen Mechanismus möglich sei, die Banken im Fall der Fälle zumindest für einen Teil der Kosten aufkommen zu lassen, wäre durchaus positiv zu bewerten, hielt der G-Abgeordnete in Richtung der Freiheitlichen Fraktion fest. Bislang habe es sich schließlich nur um einen "Tarnmechanismus" gehandelt, denn zur Kasse habe man ausschließlich die europäischen SteuerzahlerInnen gebeten, erklärte der G-Mandatar.

Auch Abgeordneter Ewald STADLER (B) übte heftige Kritik an den Regierungsparteien. Was diese in Hinblick auf den Euro-Schutzschirm gesagt hätten, sei schlichtweg falsch gewesen, meinte der B-Mandatar: Griechenland wäre längstens "abgerutscht", man werde nichts mehr zurückbekommen. Das Signal, das mit dem Rettungsschirm gegeben wurde, wäre außerdem das falsche gewesen: Die Banken könnten sich nunmehr darauf verlassen, dass die SteuerzahlerInnen für die Kosten ihrer Spekulationen aufkommen. Die, die zahlten, müssten von Seiten der Europäischen Union aber Lohndumping und andere Einschränkungen hinnehmen. Dass die BürgerInnen von dieser EU "die Nase voll hätten", sei angesichts einer solchen Entwicklung kein Wunder, schloss Stadler. (Fortsetzung Nationalrat)