Parlamentskorrespondenz Nr. 375 vom 13.04.2011

Diskussion über zukünftige wirtschaftspolitische Steuerung in der EU

EU-Ausschuss des Bundesrats zu Beschlüssen des ECOFIN

Wien (PK) – Des weiteren standen die Ergebnisse des Rats für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) vom 15. März 2011 zur Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts auf der Tagesordnung des EU-Ausschusses des Bundesrats. Die im ECOFIN erreichte Einigung über sechs Gesetzgebungsvorschläge ("Six Pack") dienen einer besseren wirtschaftspolitischen Steuerung in der EU und insbesondere im Euro-Währungsgebiet und damit der Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Es sind auch finanzielle Sanktionen vorgesehen.

Die Maßnahmen sind als Teil der Antwort auf die Probleme zu verstehen, die durch die Staatsschuldenkrise aufgeworfen wurden. Die Vorschläge zielen auf eine effektivere finanz- und wirtschaftspolitische Überwachung der Haushaltsdisziplin in den Mitgliedstaaten durch die Einführung von Vorschriften zu den nationalen haushaltspolitischen Rahmen und die konsequentere und frühere Anwendung von Durchsetzungsmaßnahmen gegenüber den Mitgliedstaaten, die die Vorgaben nicht einhalten, ab. Darüber hinaus sollen makroökonomische Ungleichgewichte innerhalb der EU beseitigt werden. Nun wird darüber mit dem Europäischen Parlament verhandelt. Bis Juni will man zu den Legislativakten Einvernehmen mit dem Europäischen Parlament erzielen, damit diese ab dem nächsten Jahr angewendet werden können.

Die neuen Rechtsvorschriften sollen erstmals bei der Erstellung des Stabilitätsprogramms für 2012 zur Anwendung kommen. Das bedeutet unter anderem, dass die betreffenden Staaten eine unverzinsliche Einlage bereits bei Feststellung eines übermäßigen Defizits zu leisten haben. Beim Schuldenkriterium gibt es eine Übergangsfrist, solange das Land Empfehlungen aus bestehenden Verfahren einhält.

Ergänzend zu den genannten Schritten haben sich die Staats-und Regierungschefs der Eurogruppe beim Europäischen Rat am 24. und 25. März auf einen auch für nicht Euro Mitgliedstaaten offenen intergouvernementalen Euro Plus Pakt geeinigt. Neben den Euro-Ländern beteiligen sich daran auch Rumänien, Bulgarien, Lettland, Litauen, Dänemark und Polen.  Mit dem Pakt wollen sich die genannten Länder freiwillig in der Sozial-, Steuer- und Haushaltspolitik eng abstimmen. Dieser Pakt sieht vor, dass jährlich gemeinsame Ziele vereinbart werden. Die Umsetzung ist Sache der nationalen Regierungen. Geplant ist auch eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Unternehmenssteuer.

Im Rahmen dieses Pakts werden auf Grundlage gemeinsamer Leitlinien von den Staaten für das kommende Jahr konkrete Reformvorhaben zugesagt, welche in die nationalen Reformprogramme und Stabilitätsprogramme integriert werden sollen. Ihre Umsetzung wird im kommenden Jahr vom Europäischen Rat politisch überprüft.

Wie der zuständige Beamte des Finanzministeriums erläuterte, sieht der Zeitplan vor, dass der permanente Schutzschirm bis Ende Juni 2011 paraphiert werden soll damit der Ratifizierungsprozess rasch einsetzen könne und die Regelungen spätestens 2013 in Kraft treten. Die Gesetzesmaßnahmen im so genannten "Six Pack" stellen eine Verschärfung der Spielregeln dar und seien somit eine Voraussetzung für den permanenten Rettungsschirm. Die bisherigen Überwachungsmöglichkeiten seien bei weitem nicht ausreichend gewesen, erläuterte der Experte gegenüber Bundesrat Ewald Lindinger (S/O). Die Skepsis von Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N), dass der Zeitplan nicht halten könne, teilte der Beamte nicht, da einige Vorschläge des europäischen Parlaments bereits eingearbeitet worden seien.

Nachdem sich der Ausschussvorsitzende Georg Keuschnigg (V/T) nach den Konsolidierungsmaßnahmen in jenen Staaten erkundigt hatte, für die derzeit andere EU-Staaten weitreichende Haftungen übernommen haben, und die Bundesrätinnen Monika Mühlwerth (F/W) und Cornelia Michalke (F/V) die Sinnhaftigkeit von Sanktionen angezweifelt hatten, meinte der Experte, die Auflagen für Griechenland, Irland und zukünftig Portugal würden das Wachstum keineswegs abwürgen. Die Auflagen stünden auf zwei Standbeinen, nämlich den Stabilisierungsbemühungen und den Reformprogrammen, die sich in Form von Strukturänderungen wachstumsfördernd auswirken sollen. Solange ein Land die Konditionen und Empfehlungen einhält, gebe es auch keine Strafen, stellte er fest.

Der Experte ging dann auf die konkreten Auflagen für Griechenland und Irland ein und erläuterte, dass es sich dabei um zwei unterschiedliche Mechanismen handelt. Mit Griechenland gebe es bilaterale Verträge, der Zinssatz belaufe sich derzeit auf rund 4,5 Prozent. Irland befinde sich unter dem Rettungsschirm, wobei sowohl der Internationale Währungsfonds als auch die EU selbst durch Kreditaufnahmen über den EFSM (European Financial Stability Mechanism) und die einzelnen Mitgliedsstaaten in Form von Garantien Unterstützung leisten. Für Irland betrage der Zinssatz rund sechs Prozent. Seitens der EU sei man bestrebt, die Verzinsung zu senken.

Im Falle von Portugal werde gerade geprüft, in welcher Höhe das Land Hilfe braucht und welche Maßnahmen notwendig sind. Man plane das Abkommen bis Mitte Mai abzuschließen, was jedoch schwierig sei, da es in Portugal derzeit kein handlungsfähiges Parlament gibt, sagte der Experte. Grundsätzlich erwarte man sich, dass es allen drei Ländern gelingen werde, 2014/2015 ihr Defizit unter drei Prozent zu drücken und wieder auf eigenen Beinen stehen zu können. Die Rückzahlungsmodalitäten für Griechenland sollen jedoch verlängert werden.

Die Summen, die die einzelnen Staaten als Hilfe zur Verfügung stellen, erhöhten zwar deren Schuldenquote, diese würde aber auf EU-Ebene bei der Berechnung des Defizits nicht berücksichtigt, stellte der Experte gegenüber Bundesrat Ferdinand Tiefnig (V/O) fest. Der Austritt eines Landes aus der Eurozone würde eine massive Abwertung der eigenen Währung nach sich ziehen und auch die Euroländer durch Zinssteigerungen enorm schwächen, hielt er gegenüber Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) fest.

(Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats)


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