Parlamentskorrespondenz Nr. 407 vom 28.04.2011

Das neue Regierungsteam: Erwartungen und Kritik

Nationalrat diskutiert Regierungsumbildung

Wien (PK) – Im Mittelpunkt der heutigen Sitzung des Nationalrats stand die Vorstellung der neuen Regierungsmitglieder, bzw. bisheriger in neuer Funktion: Maria Theresia Fekter als Finanzministerin, Johanna Mikl-Leitner als ihre Nachfolgerin im Innenressort, Beatrix Karl, die neue Justizministerin, Karlheinz Töchterle, der die Nachfolge Karls im Wissenschaftsministerium antritt, sowie der neue Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz und der neue Staatssekretär im Außenministerium Wolfgang Waldner. Bundeskanzler Werner Faymann sowie Außenminister Michael Spindelegger, der nun auch das Amt des Vizekanzlers übernommen hat, gaben dazu eine Erklärung ab. In der sich daran anschließenden Debatte wurde deutlich, dass die Opposition den neuen RessortchefInnen keine Schonfrist gewährt.

Faymann: Das Team wird das Gemeinsame vor das Trennende stellen

Dass Österreich nach einer Phase der Krise die geringste Arbeitslosenquote in Europa und eine Wachstumsrate von 2% aufweisen könne, sei unter anderem auch jenen Menschen zu verdanken, die das Land "mit ruhiger Hand" durch die Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise geführt haben, stellte Bundeskanzler Werner FAYMANN eingangs seiner Erklärung fest. In diesem Zusammenhang gelte es vor allem auch Ex-Vizekanzler und -Finanzminister Josef Pröll zu danken, der dazu beigetragen habe, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die zur Nutzung der Kräfte des Landes in jener schwierigen Zeit erforderlich waren. 

Dank sprach der Bundeskanzler auch der aus der Bundesregierung ausgeschiedenen Ministerin Claudia Bandion-Ortner sowie den Ex-StaatssekretärInnen Reinhold Lopatka und Verena Remler aus, die Österreich mit viel Einsatz und Engagement durch die Phase der Krise begleitet haben.

Den neuen Vizekanzler Michael Spindelegger habe er als Menschen kennengelernt, dem Sachlichkeit, das Fortkommen des Landes, Vernunft und Gemeinsamkeit wichtige Anliegen seien. Er wünsche ihm für seine neue Aufgabe alles erdenklich Gute. Gleiches gelte auch für die neu hinzugekommenen Mitglieder der Bundesregierung und jene, die innerhalb des Teams neue Aufgaben übernehmen. Angesichts der Tatsache, dass alles Mögliche unternommen werden muss, um das Ansehen der Politik wiederherzustellen und die Bekämpfung von Korruption in Angriff zu nehmen, wünsche er vor allem der neuen Justizministerin Beatrix Karl viel Erfolg, hielt Faymann fest.

Alle neuen und alten Mitglieder der Bundesregierung hätten sich dem Kurs der Stabilität, des Sparens am richtigen Platz und der Investition in Zukunftsbereiche verschrieben, versicherte der Bundeskanzler. Dieses Team werde außerdem das Gemeinsame vor das Trennende stellen, schloss Faymann.

Spindelegger: Es gilt, konstruktiv für Österreich zu arbeiten

Vizekanzler Michael SPINDELEGGER nützte seine Erklärung, um das neue ÖVP-Regierungsteam vorzustellen und die Schwerpunktsetzungen der jeweiligen Ressorts zu erläutern. Der neuen Finanzministerin Maria Theresia Fekter attestierte Spindelegger, vor einer großen Herausforderung zu stehen: Sie werde nicht nur sorgsam mit den Steuergeldern umzugehen und die erfolgreiche Krisenbewältigung Josef Prölls fortzuführen, sondern auch die Entwicklung eines neuen Steuersystems nach den Leitmotiven weniger, einfacher und leistungsgerechter zu bewältigen haben. Die neue Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wolle sich vor allem dem Schwerpunkt Sicherheit im Internet widmen, führte der Vizekanzler aus. Die Menschen, die dieses Medium beruflich wie privat nutzten, müssten schließlich ausreichend geschützt werden, wozu es Leitlinien auszuarbeiten gelte. Beatrix Karl bringe nicht nur Erfahrung in der Leitung eines Ressorts, sondern als habilitierte Professorin an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät auch ungemeines Fachwissen für die Bewältigung der Aufgaben einer Justizministerin mit. Sie werde vor allem für die Vorlage eines Lobbyistengesetzes und Maßnahmen zur Beseitigung der Korruption zu sorgen haben, erklärte Spindelegger. Die diesbezüglichen Lösungen sollen vor allem im Hohen Haus erarbeitet werden. Karlheinz Töchterle, der das Wissenschafts- und Forschungsressort von Karl übernimmt, wisse vor dem Hintergrund seiner Erfahrung als Rektor über die universitären Abläufe und die Gespräche, die mit Professoren, Mittelbau und Studierenden zu führen sind, bestens Bescheid. In seiner neuen Funktion werde er sich vor allem des neuen Hochschulplans annehmen, dessen Erarbeitung im Sinne der Bewahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit notwendig sei.

Mit der Schaffung eines Staatssekretariats für Integration im Innenministerium habe man "Neuland" betreten. Dass Sebastian Kurz der geeignete Kandidat für diese Position ist, stehe für ihn, so Spindelegger, außer Frage. Kurz trage dafür Sorge, dass dem Thema Integration in Hinkunft anders und mit neuen Ideen begegnet werde. Außerdem gelte es, Deutsch als Schlüssel zu gelungener Integration zu präsentieren. Wolfgang Waldner, der das Außenressort als Staatssekretär unterstützen werde, sei Diplomat, komme aus dem Kulturmanagement und verfüge über ausgezeichnete internationale Kontakte, führte Spindelegger aus. Als Vertretung des Außenministers werde er "seine Koffer ständig gepackt haben", um Österreich auf dem international Parkett zu repräsentieren.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich bleiben dem Team erhalten, erklärte Spindelegger. Sie werden ihre Tätigkeit in gewohnter Qualität fortsetzen und Schwerpunkte auf Internationalisierung und Energiewende setzen. Er selbst wolle sich als Außenminister unter anderem darum bemühen, dass Österreich in den Menschenrechtsrat gewählt werde und hier Schwerpunkte auf die Themen Religions- und Medienfreiheit legen könne. Außerdem wolle er sich familienpolitischer Fragen annehmen.

Das neue Team sei von Seiten der Opposition bereits im Vorfeld bewertet worden: Man habe von zu weit links oder zu weit rechts gesprochen, erklärte Spindelegger. Er sehe seine Position in der Mitte, von der auch nicht abgegangen werde. Es gehe auch nicht darum zu "kuscheln" oder zu streiten, sondern konstruktiv für Österreich zu arbeiten. Dabei hoffe er auf die Unterstützung durch alle Fraktionen.

Opposition: Viel Kritik an alter und neuer Regierungsmannschaft

F-Klubobmann Heinz-Christian STRACHE hielt es für durchaus tragisch, wenn ein junger Politiker wie Josef Pröll gesundheitsbedingt aus der Bundesregierung ausscheiden muss. Allerdings hätte man sich die Frage zu stellen, wofür dem Ex-Vizekanzler und –Finanzminister gedankt werden könne. Für ihn stehe fest, dass es nicht viel gebe, wofür man ein solches "Danke" über die Lippen bringe. Für viele Dinge, die getan wurden, gelte es sich schließlich eher zu "genieren". Er glaube auch nicht daran, dass die Personalrochaden innerhalb der ÖVP ihre strukturellen und inhaltlichen Probleme lösen können. Den neuen Vizekanzler habe er zwar als integeren Menschen kennengelernt, doch sei auch mit ihm an der Spitze keine grundsätzliche Wendung zu erwarten. Die ÖVP habe es schließlich aufgegeben, eine wertkonservative Familienpartei zu sein, wie auch die Auflösung des Familienstaatssekretariats unter Beweis stelle. Die Sicherheitsagenden, derer sich nun die Freiheitlichen annehmen, wären außerdem aus dem Blickfeld der Volkspartei geraten, konstatierte Strache.

Kritik übte der F-Klubobmann auch an Aussagen des Außenministers, wonach eine Beteiligung österreichischer Soldaten an EU-Kampfeinsätzen in Libyen denkbar sei. Es gelte aber die österreichische Neutralität zu verteidigen, wofür Tripolis, so Strache, nicht der geeignete Ort wäre. Er wünsche sich ein selbstsichereres Auftreten der Bundesregierung in Brüssel.

Dass Fekter, die im Innenressort "kläglich" gescheitert sei, als Finanzministerin den Kurs Josef Prölls weiterführen werde, hielt Strache für eine "gefährliche Drohung". Insgesamt sei aber abzuwarten, wie sich die neuen Mitglieder des Regierungsteams bewährten. Die Schaffung eines Integrationsstaatssekretariats sei genauso wie die Tatsache, dass man einem jungen Menschen die Möglichkeit eröffne, politisch tätig zu werden, begrüßenswert.

S-Klubobmann Josef CAP forderte die Opposition dazu auf, produktive Vorschläge vorzubringen statt alles schlecht zu reden. Schließlich gebe es auch für sie die Möglichkeit, Alternativen auf den Tisch zu legen und darüber zu diskutieren. Außerdem müsse die Opposition anerkennen, dass die Bundesregierung durchaus Positives erreicht habe: Viele andere Staaten hätten bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise schließlich größere Probleme und derzeit weniger Wachstum zu verzeichnen, erinnerte er. Über wesentliche internationale Entwicklungen gelte es, ökonomisch und politisch nachzudenken und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, wobei auch Anregungen durch die Opposition erwünscht seien. So müsse man sich etwa darüber Gedanken machen, wie eine Energiewende vonstattengehen könne. Die heute von Bundes- und Vizekanzler dargelegten Erklärungen seien schließlich auch als Angebot zu verstehen, zusammen an Veränderungsprozessen zu arbeiten. Das verdiene Anerkennung, nicht "höhnische" Kommentare, schloss Cap.

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) mahnte konkrete Reformen ein und warf Spindelegger vor, sich in seinem Statement lediglich in Platitüden ergangen zu haben. Heftige Kritik übte die Klubchefin an den vorliegenden Gesetzesvorhaben, wie etwa Vorratsdatenspeicherung oder Ökostromgesetz, die sie als Provokation empfand. Empört zeigte sich die Rednerin auch über das Fremdenpaket, während sie im Wissenschaftsbereich wiederum von einer "Bankrotterklärung" sprach, zumal ihrer Meinung nach die Universitäten nun weiter ausgehungert würden.

Insgesamt bot Glawischnig-Piesczek allerdings der neuen Regierungsmannschaft ihre Unterstützung an, "wenn sie konstruktiv arbeiten will". Als ersten Schritt im Sinne dieser konstruktiven Arbeit forderte sie die Koalition zu einem "Runter von der Bildungsbremse" sowie zu sichtbaren Aktivitäten in der Anti-Atompolitik auf.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) stellte angesichts der Kritik die Frage in den Raum, von welchem Land die Opposition eigentlich spreche. Österreich habe die geringste Arbeitslosigkeit, könne sich mit seiner sozialen Situation sehen lassen, gehöre zu den sichersten Ländern der Welt und sei ökologisch bestens positioniert. Dass wir heute am Ende der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich besser dastehen als viele andere Staaten, habe viel mit der Politik der Bundesregierung, insbesondere mit jener Josef Prölls, zu tun und trage somit auch die besondere Handschrift der ÖVP, stand für Kopf fest. Den neuen Vizekanzler Michael Spindelegger würdigte der Redner als einen der erfahrensten Politiker dieses Hauses, der im besonderen Maße für Integrität, Moral, Anstand und Reformfreudigkeit stehe.

Zu den neuen Herausforderungen meinte Kopf, es gehe nach der Krise nun darum, mit Disziplin bei den Ausgaben wieder Spielräume zu schaffen und mit Entlastungen bei den SteuerzahlerInnen dafür zu sorgen, dass die Leistungsbereitschaft weiterhin so hoch bleibt. Finanzministerin Fekter werde Österreich auf dem von Josef Pröll beschrittenen Weg weiterführen, zeigte sich Kopf zuversichtlich. Von der neuen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wiederum erwartete er sich eine effektive Bekämpfung von Kriminalität und Illegalität. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sei ein Garant dafür, dass Wissenschaft und Forschung der gebührende hohe Stellenwert eingeräumt werde. Staatssekretär Kurz werde dafür sorgen, dass jene integriert werden, die bereits legal in Österreich leben. Die neue Justizministerin Karl schließlich begrüßte Kopf als Politikerin, die sicherstellen werde, dass Recht in diesem Land auch Recht bleibe.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) stellte fest, wenn Bundeskanzler Faymann von Stabilität spricht, dann könne dies nur eine gefährliche Drohung sein. Das einzige, was in dieser Regierung stabil ist, sei der Stillstand, von Neustart könne keine Rede sein. Im Grunde habe sich nur das Personenkarussell gedreht, an der Macht die, wie Bucher sagte, in St. Pölten sitzt, habe sich nichts geändert. Spindelegger sei bloß ein Vorgeführter vom Landeshauptmann Pröll.

Insgesamt bezeichnete der BZÖ-Klubobmann die neu formierte Regierungsmannschaft als letztes Aufgebot der ÖVP und erwartete sich eine Fortsetzung der Blockadepolitik. Klare Positionen vermisste Bucher vor allem in der Frage der Wehrpflicht, der Bildungspolitik und der Steuerpolitik. An Finanzministerin Fekter appellierte er mit Nachdruck, in ihrem Ressort eine "eiserne Lady" zu sein, und nicht "Milliarden an Brüssel abzuschieben".

Fekter: Weniger, einfachere und leistungsgerechtere Steuern

Bundesministerin Maria Theresia FEKTER stellte sich als Anwältin der SteuerzahlerInnen und LeistungsträgerInnen vor und bekräftigte, es sei ihr ein großes Anliegen, sorgsam darauf zu achten, wie Steuergelder verwaltet werden, und diese sparsam auszugeben. Von Stillstand könne jedenfalls keine Rede sein, erwiderte sie auf die Kritik der Opposition. Die Regierung habe mit dem Budgetrahmen vielmehr dafür gesorgt, dass die Arbeit fortgesetzt werde, betonte sie. Ihre Steuergesetzgebung sah Fekter unter dem Motto "weniger, einfacher und leistungsgerechter" und mit dem Ziel, den Wohlstand des Landes weiter zu vermehren.

Abgeordneter Herbert KICKL (F) qualifizierte die Regierungsumbildung als "peinliches Herumgeschiebe" zwischen Ländern und Bünden und bemerkte, dieser Postenschacher habe mit einem Neustart nichts zu tun. Die Regierung habe nichts dazu gelernt, lautete Kickls Befund, wobei er heftige Kritik vor allem auch an der bevorstehenden Öffnung des Arbeitsmarkts für EU-BürgerInnen aus den neuen Mitgliedstaaten übte. Der neuen Finanzministerin Fekter warf er vor, als Vertraute Josef Prölls die "Kürzungsorgien" bei Familien und PensionistInnen mitgemacht zu haben.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) rief Fekter dazu auf, die Schieflage im Steuersystem zu beseitigen, und meinte, noch immer würde der Faktor Arbeit stärker belastet als das Vermögen. Insgesamt gelte es nun, von jenen einen höheren Beitrag einzufordern, die diesen bisher noch nicht geleistet haben. Krainer begrüßte in diesem Zusammenhang die Bankenabgabe, die Spekulationssteuer und die Erhöhung der Stiftungssteuer.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) sah die Energiewende, die Korruptionsbekämpfung und die Bildungspolitik als zentrale Herausforderungen für die neue Regierungsmannschaft. Er deponierte die Forderungen seiner Fraktion nach einem Ökostromgesetz, das die Milliardengewinne der Stromerzeuger in Richtung erneuerbare Energien lenkt, sowie nach der Offenlegung der Parteispenden.

Abgeordneter Jakob AUER (V) hielt der Kritik der Opposition entgegen, diese Regierung sei ein Team von Profis und werde positive Arbeit leisten. Besonders erfreut zeigte er sich dabei über die Nominierung Fekters als Finanzministerin. Er würdigte ihre Arbeit in ihren bisherigen Funktionen und appellierte an Fekter, im Finanzressort für einfachere Steuergesetzgebung und einfachere Bürokratie zu sorgen.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) kommentierte die Regierungsumbildung mit den Worten, die ÖVP habe sich nach dem Chaos in die Selbstaufgabe verabschiedet, ihr einziger Daseinsgrund sei nur noch die Mehrheitsbeschaffung für die SPÖ. Hart ins Gericht ging Westenthaler mit dem Neo-Staatssekretär Kurz, den er als selbsternannten Partylöwen und Österreichs teuersten Bummelstudenten qualifizierte. Kurz sollte nicht nach seinem Alter, sondern nach seinem bisher Gesagten zum Thema Integration beurteilt werden, "und das reiche an sich schon", bemerkte er.

Mikl-Leitner: Sachlichkeit, klare Entscheidungen und Menschlichkeit

Bundesministerin Johanna MIKL-LEITNER betonte, sie habe ihre neue Aufgabe mit großem Respekt dem Amt gegenüber angenommen und versprach, sich mit Engagement dafür einzusetzen. Der Bereich der Sicherheit erfordere Sachlichkeit, klare Entscheidungen und Menschlichkeit im Umgang. Sie habe von ihrer Vorgängerin das Innenministerium als ein Ressort übernommen, "das pfeift", wenn sie es so salopp formulieren dürfe. Sie freut sich auch auf die Zusammenarbeit mit Staatssekretär Kurz. Das Ministerium werde weder nach links noch nach rechts gerückt, es werde weder zu einer Massenzuwanderung kommen, noch werde man die Grenzen dicht machen. Als Innenministerin stehe sie für die Einhaltung rechtsstaatlicher Maximen, sie wünsche sich, dass die Arbeit von Respekt und Anerkennung geprägt sei.

Abgeordneter Otto PENDL (S) kritisierte, gewisse Äußerungen der Opposition gegenüber Mitgliedern der Bundesregierung würden weder der Würde des Hauses noch der Arbeit der Bundesregierung entsprechen. Er hob hervor, dass unter dieser Bundesregierung erstmals wieder die Zahl der Planstellen der Polizei angehoben wurde. Es sei auch nicht angebracht, in Sicherheitsfragen Ängste zu schüren, da die Aufklärungsquote eindeutig im Steigen begriffen sei. Die neue Innenministerin habe von seiner Fraktion das Bemühen um gute Zusammenarbeit zu erwarten. Wenn es auch nicht ohne harte Auseinandersetzungen abgehe, so werde man sich doch auch immer bemühen, sachlich zu bleiben.

Abgeordneter Günter KÖSSL (V) dankte Bundesministerin Fekter für ihre "großartige Arbeit" in den letzten drei Jahren. In den Bereichen der Sicherheit, des Asyl- und Fremdenrechts und der Regelungen für eine geordnete Zuwanderung habe sie viel auf den Weg gebracht. Die neue Innenministerin Mikl-Leitner zeichne sich ebenfalls durch Engagement und Gestaltungswillen aus, sagte der Abgeordnete und sicherte ihr die volle Unterstützung für ihre Arbeit zu. Er sei überzeugt, dass es mit ihr eine gute Zusammenarbeit geben werde.

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) kündigte an, dass es für die neue Innenministerin keine "Schonzeit" geben werde, die "politische Jagdsaison" auf sie sei ab sofort eröffnet. Die geplante Vorratsdatenspeicherung sei ein völlig untaugliches Mittel, um gegen kriminelle Aktivitäten, beispielsweise von Terroristen und Pädophilen, vorzugehen. Sie treffe nur unbescholtene BürgerInnen. Scharf kritisierte der Abgeordnete Aussagen von Bundesministerin Fekter anlässlich ihres Wechsels ins Finanzressort. Die Polizei verdiene die abwertende Wortwahl, die Fekter dabei verwendet habe, nicht. Angesichts von 320.000 Arbeitslosen seien die Rot-Weiß-Rot-Karte und die Öffnung des Arbeitsmarkts für BürgerInnen aus den neuen Mitgliedsländern völlig verfehlte Maßnahmen. Man öffne nur Tür und Tor für billige Arbeitskräfte. Die Koalition vertrete ein "untergehendes System". Nur die FPÖ stelle sich den Herausforderungen, vor denen Österreich stehe. 

Abgeordneter Peter PILZ (G) wandte sich scharf gegen die Wortwahl seines Vorredners, die in diesem Hause nichts verloren habe. Für die neue Innenministerin werde es aber keine 100 Tage Bewährungsfrist geben, meinte er, da sie eine politische Vorgeschichte hat. Pilz zitierte dazu Unterlagen aus dem Wahlkampf der ÖVP im Jahr 2002, wo von einem geplanten "Dirty Campaigning" in Bezug auf die Gendarmerie die Rede war und forderte von Bundesministerin Mikl-Leitner Aufklärung darüber, was hier gemeint war. Auch dass sie gegen eine Zuweisung von Flüchtlingen an eine Pension in Bad Vöslau interveniert habe, werfe kein positives Licht auf ihr Verständnis von Integrationspolitik. 

Abgeordneter Ewald STADLER (B) richtete an die ÖVP den Vorwurf, eine "schamlose Koppelung von Justiz und Polizeiapparat" zu betreiben. Es sei nicht verwunderlich, wenn auch in der ÖVP massives Unbehagen über diese Regierungsumbildung geäußert werde. Das Vorgehen dieser Bundesregierung berge die Gefahr, die österreichischen Kabarettisten in Zukunft arbeitslos zu machen, formulierte Stadler. Den schon so oft angekündigten Neustart könne er auch diesmal nicht erkennen. Die ÖVP werde immer mehr zu einer reinen Beamten- und Bauernpartei und sollt sich daher eher "Ö-Bau-Be" nennen. Wirtschaftsbelange würden von ihr schon längst nicht mehr vertreten.

Karl: Vertrauen in das Justizsystem stärken und festigen

Bundesministerin Beatrix KARL sagte, auch wenn ihr die Themen Wissenschaft und Forschung ein Anliegen seien, weshalb sie das Ressort mit Bedauern abgebe, so freue sie sich doch auf die neuen Herausforderungen, die im Justizbereich vor ihr lägen. Die Eckpfeiler ihres Amtsverständnisses seien die Ehrfurcht vor den Aufgaben der Justiz, der Respekt vor deren MitarbeiterInnen in allen  Bereichen sowie die Festigung des Vertrauens in das österreichische Justizsystem. Dieses Vertrauen habe zweifellos in letzter Zeit stark gelitten. Sie sehe es daher als ihre vordringliche Aufgabe an, es wieder zu stärken. Sie werde dazu die Mittel des Dialogs, der Diskussion und der genauen Abwägung einsetzen. Die österreichische Justiz sei in vielem besser, als sie in letzter Zeit dargestellt wurde, und bestehe nicht nur aus "großen Verfahren". Sie habe viele Aufgaben zu erledigen, denen sie in Ruhe nachkommen müsse. Dafür erwarte sie sich auch die Unterstützung der Abgeordneten, so der Appell von Bundesministerin Karl.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) sicherte der Ministerin Unterstützung bei der Umsetzung ihres Programmes zu. Was die angesprochenen "großen Verfahren" betreffe, forderte er eine Beschleunigung des Vorgehens der Justiz ein. Es könne nicht angehen, wenn sich in prominenten Causen wenige Staatsanwälte vielen Anwälten, die bereit seien, mit allen Mitteln zu arbeiten, gegenüber sähen und deshalb früher oder später das Handtuch werfen. Hier müsse es mehr Unterstützung für die Staatsanwaltschaft geben. Während in prominenten Wirtschaftsverfahren nahezu Stillstand herrsche, gehe man Tierschützern gegenüber mit übertriebener Härte vor und wende gegen sie gesetzliche Normen an, die man in Hinblick auf Terrorismus und Großkriminalität geschaffen habe. Hier stimmten die Relationen offenbar nicht mehr. Was Justizangelegenheiten anbelange, solle sich Österreich auf europäischer Ebene mehr einbringen, meinte er. In der Frage der Vorratsdatenspeicherung sah Jarolim noch Diskussionsbedarf.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) dankte der scheidenden Justizministerin Bandion-Ortner ausdrücklich für ihre Arbeit. Sie habe viele wichtige Gesetzesinitiativen umgesetzt. Zum Umgang mit Regierungsmitgliedern merkte der Abgeordnete an, es müsse zweifellos harte Auseinandersetzungen geben, persönliche Unterstellungen und haltlose Anschuldigungen hätten hier nichts verloren. Der Justizbereich stehe vor großen Herausforderungen, wie etwa der Evaluierung der Reform der Strafprozessordnung, Regelungen zu Obsorge und Elternrechten. Mit Beatrix Karl verfüge man dafür über eine qualifizierte und kompetente Ministerin, zeigte sich Donnerbauer überzeugt und rief zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf.

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) kritisierte in seiner Wortmeldung den Umgang der ÖVP mit der scheidenden Justizministerin und die eindeutig parteipolitisch motivierte Besetzung des Justizressorts. Das verheiße nichts Gutes für dessen Zukunft, merkte er an. Die ÖVP befinde sich nach Einschätzungen, die sogar aus ihren eigenen Reihen kommen, in einem Führungs-, Diskussions-, Rekrutierungs- und Transparenz-Dilemma. Die Regierung habe keinen Grund, sich selbst zu feiern, wenn man etwa die massiven Probleme auf dem Arbeitsmarkt betrachte. So rechne AMS-Chef Herbert Buchinger erst für 2013 mit sinkenden Arbeitslosenzahlen.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) sah eine problematische Auswahl an neuen Regierungsmitgliedern. Der ÖVP gehe es offenbar nur mehr um "Bünde und Pfründe". Die neue Justizministerin sei um ihre Aufgabe nicht zu beneiden, denn sie sei "zum Erfolg verdammt". Wenn das Ansehen der Justiz leide, sei das letztlich auch schädlich für die Demokratie. Die Justizministerin müsse für eine konsequente Korruptionsbekämpfung sorgen. Es gebe derzeit keine ausreichende Handhabe gegen das sogenannte "Anfüttern" von Abgeordneten und Managern staatsnaher Betriebe. Außerdem müsse die Ministerin für das Funktionieren einer unabhängigen und effizienten Staatsanwaltschaft sorgen. Im Interesse der österreichischen Demokratie sei den Grünen sehr daran gelegen, dass die Ministerin die Justiz rasch aus der Krise führen werde, sagte Steinhauser. Seine Fraktion biete ihr in diesem Sinne ihre Zusammenarbeit an.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) stellte fest, er könne den Aussagen der neuen Regierungsmitglieder nur ein sehr dürftiges Programm entnehmen. Innenministerin, Justizministerin und Finanzministerin hätten außer fragwürdigen und eigenartigen Formulierungen sehr wenig geboten. Leider sei durch die Regierungsumbildung auch das Wirtschaftsministerium geschwächt worden. Die Verwaltungsreform sei durch die Finanzministerin anscheinend überhaupt abgesagt worden. An Vizekanzler Spindelegger richtete Scheibner die Aufforderung, angekündigte Botschaftsschließungen zurückzunehmen, vor allem, wenn es um den sensiblen Bereich des Nahen Ostens gehe. Auch die Streichung der Mittel für die wichtige außeruniversitäre Forschung müsse zurückgenommen werden, forderte Scheibner.

Töchterle: Universitäten brauchen mehr Geld

Wissenschaftsminister Karlheinz TÖCHTERLE betonte, in seinem Ressort gehe es zentral um die Zukunft der Jugend und die Zukunft des Landes. Sein Ziel sei es, die Schwächen im System zu beheben und die Stärken auszubauen. Im Prinzip seien die Differenzen sehr klein, meinte Töchterle, in diesem Sinn wolle er auch mit dem Motto "Viribus Unitis", mit vereinten Kräften, an der Verbesserung der Wissenschaft und der Forschung in Österreich arbeiten.

Töchterle sieht etwa breite Einigkeit in der Frage, dass die Universitäten mehr Geld bräuchten. Die Studienplatzfinanzierung werde ein Weg sein, um zu mehr Mitteln zu kommen, zeigte er sich überzeugt. Mit dem Hochschulplan will Töchterle darüber hinaus gewährleisten, dass die Mittel auch möglichst effizient eingesetzt werden. Darin sollen auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen verankert sein. Die Studierenden lud Töchterle zum Dialog ein.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) unterstützte das von Töchterle genannte Ziel, möglichst vielen jungen Menschen eine möglichst gute Ausbildung zu ermöglichen. Die Bildungschancen in Österreich seien nach wie vor stark vererbbar, kritisierte sie, an diesem Problem müsse gearbeitet werden. Der Hochschulzugang dürfe nicht von sozialen Kriterien abhängig sein. Es gebe in Österreich nicht zu viele Studierende, sondern zu schlechte Bedingungen für Studierende, bekräftigte Kuntzl. Zu den größten "Baustellen" gehört ihrer Meinung nach die Budgetfrage, wobei Kuntzl davor warnte, mit dem Modell der Studienplatzfinanzierung Studienplätze zu reduzieren.

Unterbrochen wurde die Debatte durch eine Geschäftsordnungsdiskussion. BZÖ-Abgeordneter Herbert SCHEIBNER wertete es als Affront gegenüber dem Parlament, dass Vizekanzler Michael Spindelegger nach Beendigung der Fernsehübertragung die Regierungsbank verlassen hat. Sein Antrag auf Anwesenheit Spindeleggers wurde auch von FPÖ-Abgeordnetem Norbert HOFER und Grün-Klubobfrau Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK unterstützt, erhielt aber, wie etliche weitere vom BZÖ im Laufe der Debatte eingebrachten Anträge, keine Mehrheit.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF und SPÖ-Klubobmann Josef CAP argumentierten, dass eine Anwesenheit Spindeleggers nicht notwendig sei. Kopf machte überdies die "überflüssige" Einwendungsdebatte gegen die Tagesordnung für den zeitlichen Verzug verantwortlich und warf dem BZÖ vor, getroffene Vereinbarungen gebrochen zu haben.

Im weiteren Verlauf der Debatte zur Regierungsumbildung gratulierte Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) Töchterle zu seinem neuen Amt und machte geltend, dieser habe bereits viel Erfahrung im Hochschulmanagement gesammelt und die Universität Innsbruck "vorbildhaft geführt". Sie wünschte ihm "viel Mut, Kraft und Durchhaltevermögen" und kündigte an, das Vorhaben einer studienplatzbezogenen Finanzierung der Universitäten zu unterstützen. Die Universitäten und Hochschulen bräuchten mehr Geld, sagte Cortolezis-Schlager, sie trat neben höheren öffentlichen Mitteln und dem Lukrieren von Drittmitteln auch für die Einhebung von Studienbeiträgen ein.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) hob die Aussage von Wissenschaftsminister Töchterle hervor, wonach er sich einen Wettbewerb der besten Ideen und weniger Ideologie wünsche. Die Opposition bringe sich mit vielen Ideen in die Diskussion ein, meinte er, scheitere aber stets "am alten verzopften System". Ihre Anträge würden regelmäßig ignoriert. Um mehr Spielraum für notwendige Investitionen zu erhalten, braucht es Hofer zufolge vor allem auch mehr Effizienz in der Verwaltung. Auch die "riesigen Reibungsverluste" im Gesundheitsbereich müssten beseitigt werden. Bundeskanzler Werner Faymann wurde von Hofer als schlechtester Bundeskanzler der Zweiten Republik bezeichnet.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) zeigte sich darüber erfreut, "einen guten Bekannten" als neuen Wissenschaftsminister begrüßen zu können. Dessen Vorteil sei, er kenne die Probleme der Universitäten und habe die prekäre finanzielle Situation im Hochschulsektor am eigenen Leib gespürt, erklärte er. Grünewald bezweifelte allerdings, dass Töchterle seinen Wunsch nach mehr Geld für die Universitäten durchbringen werde. Im Bundesfinanzrahmengesetz stehe "schwarz auf weiß", dass das Budget für die Universitäten laufend weniger werde, skizzierte er.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) meinte, sie hätte sich von der Regierungsbank heute ein Signal für einen Neubeginn erwartet. Gehört habe sie aber nur Danksagungen und "große Phrasen", bemängelte sie. Konkrete Pläne hätte die Regierung vermissen lassen. Auch an der Abwesenheit von Vizekanzler Spindelegger übte Haubner massive Kritik. Für sie ist das ein Zeichen, dass die "Politik der Mutlosigkeit und des Stillstands" weiter geführt werde. Die Familienpolitik sieht Haubner am "Abstellgleis".

Waldner: Außenpolitik soll berechenbar und verlässlich bleiben

Staatssekretär Wolfgang WALDNER  äußerte sich stolz und erfreut darüber, in einer neuen Funktion für die Republik Österreich zu arbeiten. Seine Aufgabe werde die Unterstützung und Vertretung von Außenminister Spindelegger sein, hielt er fest. Die österreichische Außenpolitik werde, so Waldner, unverändert bleiben, verlässlich und berechenbar. Es werde unter anderem um die Vertretung der österreichischen Interessen innerhalb und außerhalb der Europäischen Union gehen, um die weitere Schärfung des Profils Österreich bei den Vereinten Nationen und um die Bereitstellung von Hilfe für ÖsterreicherInnen im Ausland. Ziel ist es ihm zufolge außerdem, Wien als Amtssitz der UNO und anderer internationaler Organisationen zu erhalten und zu einer Drehscheibe des internationalen Dialogs zu machen.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) zog zunächst ein positives Fazit über die Arbeit der Regierung, die in der ersten Hälfte dieser Gesetzgebungsperiode einiges erreicht habe. Sie verband diese Einschätzung mit der Hoffnung, dass die gute Arbeit auch mit veränderter personeller Zusammensetzung erfolgreich fortgesetzt werden könne. Zufrieden zeigte sie sich mit der Arbeit Österreichs im UN-Sicherheitsrat, um sodann ihrer Freude Ausdruck zu verleihen, dass es durch das verdienstvolle Wirken von Staatssekretär Ostermayer gelungen sei, in der Frage der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten zu einem positiven Ergebnis zu kommen. Es sei hoch an der Zeit, diesen Streit aus der Vergangenheit endlich beizulegen, damit dieses schöne Land gemeinsam in die Zukunft blicken könne, um die Chancen, die sich dem Alpen-Adria-Raum böten, gut zu nutzen, sagte Muttonen. Die Rednerin schloss mit einem Rundblick auf die aktuelle weltpolitische Lage und trat dafür ein, dass Österreich auch weiterhin seinen Beitrag zur Lösung von Konflikten leiste.

Abgeordneter Wolfgang SCHÜSSEL (V) bezeichnete die Ernennung Spindeleggers zum Vizekanzler als eine wichtige Aufwertung eines Schlüsselressorts. Dieses trage seinen noch von Ministerin Plassnik angeregten Namen zu Recht, denn es gehe schon lange nicht mehr um eine klassische Außenpolitik, griffen doch viele Themen aus diesem Ressort ineinander, sodass der Minister mit einem breiten Fragenkanon von der Entwicklungszusammenarbeit bis hin zu Menschenrechtsthemen konfrontiert sei. Ein besonderer Fokus liege dabei auch auf der Auslandskultur, weshalb die Ernennung Waldners zum Staatssekretär besonders zu begrüßen sei, habe dieser doch viele Jahre die österreichische Kultur im Ausland bestmöglich vertreten.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) mahnte mehr Realismus in der Betrachtung der österreichischen Bilanz ein. Es gebe zumindest zwei Staaten in Europa, die wesentlich besser dastünden als Österreich, und das seien die Schweiz und Norwegen. Es gebe vor allem in wirtschaftlicher und in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht eine Menge von Problemen, die zur Lösung anstünden. Hier sei die Regierung säumig, denn angesichts von einer Million ÖsterreicherInnen, die von Armut bedroht seien, bleibe die Regierung die erforderlichen Taten schuldig. Ähnliches gelte für die Öffnung des Arbeitsmarkts, die entgegen der veröffentlichen Meinung sehr wohl zu ernsten Problemen führen werde. Die Regierung müsse also endlich handeln, forderte der Redner.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) schlug Staatssekretär Waldner vor, das Ressort "zu durchlüften", um die verkrusteten Strukturen des Außenamtes ein wenig mehr an die Erfordernisse der Zeit anzupassen. Insbesondere verwies die Rednerin dabei auf die EZA, die derzeit ein viel zu geringes Budget aufweise. Gerade hier stehe man vor großen Herausforderungen, und es sei zu hoffen, dass die Regierung in der zweiten Halbzeit dieser Periode mehr Engagement an den Tag lege als in der ersten Hälfte.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) kritisierte, dass der neue Staatssekretär im Innenministerium, ein Bummelstudent im 14. Semester, nun die höchste Studienbeihilfe dieses Landes bekomme. Es gehe, unterstrich der Redner, nicht um das Alter des Staatssekretärs, sondern um dessen Qualifikation für ein derart relevantes Thema wie die Integration. Und diese sei schlicht nicht vorhanden, hielt der Mandatar fest. In den Reihen der ÖVP-Ministerriege regiere die Freude über das persönliche Avancement, doch am meisten Grund zur Freude habe der Bundeskanzler, der angesichts der neuen handzahmen ÖVP de facto Kanzler einer Alleinregierung geworden sei. Zu bedauern seien die MandatarInnen der ÖVP, die ihren WählerInnen dieses Chaos in der Regierungsriege ihrer Partei erklären müssten. Angesichts dieser Umbildung könne man nur rufen: Gute Nacht Österreich.

Kurz ruft zur Sachlichkeit bei Integrationsthemen auf

Staatssekretär Sebastian KURZ erklärte, das Staatssekretariat für Integration sei etwas vollkommen Neues, und es sei auch vollkommen neu, dass jemand von 24 Jahren Staatssekretär werde. Aber wenn man die Politikverdrossenheit unter jungen Menschen wirkungsvoll bekämpfen wolle, dann müsse man die Jugend eben in die Politik einbinden. Das sei durch ihn nun der Fall. Man möge daher dem neuen Amt und ihm als Person eine Chance geben, warb Kurz und meinte, er werde das Gespräch mit den Experten suchen und sich einen Überblick über die Thematik verschaffen.

Für die junge Generation sah Kurz drei Zukunftsfragen, die zu lösen seien: Bildung, Demografische Entwicklung und Integration. Bei der Integration brauche es weder einen Ruck nach links noch einen Ruck nach rechts, sondern einen Ruck nach vorne, sagte er und sprach sich vehement gegen Hetze und Stimmungsmache in diesem Bereich aus. Integrationsfragen müsse man sachlich angehen, Asyl, Flüchtlinge, Migration und Integration dürften nicht weiter in einen Topf geworfen werden. Kurz räumte ein, dass es bei der Integration um eine Politik der kleinen Schritte gehe, aber seine Vision sei es, dass in 20 bis 30 Jahren niemand mehr seine Herkunft leugnen müsse und jeder mit Migrationshintergrund nicht nur auf dem Papier ÖsterreicherIn sei, sondern auch im Herzen.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) sagte, Integration zu gestalten, heiße Vielfalt gewinnen. Österreich sei ein Land der Vielfalt, worauf sie stolz sei. Hier lebten verschiedene Kulturen friedlich zusammen, und so solle es auch bleiben. Für Rassismus dürfe es in Österreich keinen Platz geben. Eine Demokratie sei umso beständiger, je besser ihre BürgerInnen integriert seien, weshalb das neue geschaffene Amt zu begrüßen sei, gelte es doch, eine Gesellschaft, die sich aus verschiedenen Quellen speise, zum gemeinsamen Wohl zu gestalten.

Abgeordneter Johann RÄDLER (V) gratulierte dem Vizekanzler zu seinem Mut, einen Neuanfang in der Integrationspolitik gewagt zu haben, sei dies doch ein Thema, welches das Land auch in Zukunft stark prägen werde. Entsetzt zeigte sich der Abgeordnete darüber, dass man den neuen Staatssekretär derart angegriffen hat, denn er sei ein Vertreter jener Generation, die am meisten vom Thema Integration betroffen sein werde. Man müsse vielmehr froh sein, wenn ein junger Mensch politische Verantwortung übernimmt, unterstrich der Redner.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) kritisierte die Absenz des Vizekanzlers, was umso kritikwürdiger sei, als es ja um seine Regierungsumbildung gehe. Auch verwahrte er sich gegen die Vorwürfe, die FPÖ sei ausländerfeindlich. Die Partei agiere vielmehr nach Hamerlings Maxime: Respektiere jedermanns Vaterland, aber liebe das eigene. Sodann ging der Rosenkranz auf die Aussage des Kanzlers ein, wonach in dieser Regierung das Gemeinsame über dem Trennenden stehe. Das Gemeinsame sei einerseits die EU-Hörigkeit und andererseits das "Prinzip PPP": Postenschacher, Parteibuchwirtschaft und Proporz. Und daran werde sich auch in der zweiten Hälfte dieser Periode nichts ändern, fürchtete er. An die Adresse des Integrationsstaatssekretärs meinte Rosenkranz, es gehe nicht um dessen Jugend, sondern um dessen Einstellung. Und in dieser Hinsicht sei Kurz ein nachgerade klassischer Altpolitiker.

Abgeordnete Alev KORUN (G) begrüßte die Schaffung eines Integrationsstaatssekretariats, bedauerte aber, dass dieses ausgerechnet zum Innenministerium ressortiere. Dies sei ein echter Fehlstart für dieses Amt. Im Übrigen sei es zu wenig, einfach nur ein Staatssekretariat zu schaffen. Es brauche ein klares Konzept, wie man diese Thematik wirksam gestalten wolle, und hier bleibe die neue Regierung entsprechende Visionen schuldig, was sich am aktuellen Fremdenrechtspaket zeige.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) mahnte eine soziale Finanzpolitik ein und verwies dabei darauf, dass sich Arbeit wieder lohnen solle, weshalb man sowohl die ArbeitnehmerInnen als auch die ArbeitgeberInnen entlasten solle. Auch brauche es eine andere Innenpolitik, denn gerade auf diesem Gebiet bestünden zahlreiche Baustellen, sodass dringender Handlungsbedarf konstatiert werden müsse. Angesichts des mangelnden Studienerfolgs des Integrationsstaatssekretärs vermisste der Redner entsprechende Leistungsbereitschaft.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) bezeichnete das Integrationsstaatsekretariat als ein wichtiges Amt, bezweifelte aber die Befähigung des Amtsträgers, entsprechend effiziente Arbeit zu leisten. Dabei erinnerte der Redner daran, dass der Staatssekretär im Wiener Wahlkampf mit einem Hummer durch Wien gefahren sei, der auf 100 Kilometer 30 Liter Sprit benötige. Dies sei wohl kein positives Signal gewesen, ebenso wenig wie der aufgemalte Leitspruch. Es gehe nicht um das Alter des Staatssekretärs, es gehe aber darum, dass der Amtsträger schnell greifbare Erfolge erziele. Und an seinen Taten werde man ihn messen, betonte Markowitz. Seiner Wahrnehmung nach sei die sprachliche Integration von Zuwanderern seltener ein Problem junger Menschen, sondern oft eines von Familienangehörigen, die länger in Österreich arbeitenden Männern nachziehen.

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(Fortsetzung Nationalrat)