Parlamentskorrespondenz Nr. 501 vom 19.05.2011

Die Volksanwaltschaft ist gefragt wie nie

Bilanz 2010: 11.198 Beschwerden, 6.613 Prüfverfahren, 829 Missstände

Wien (PK) – Seit mehr als drei Jahrzehnten kontrolliert die Volksanwaltschaft die Arbeit der österreichischen Verwaltungsbehörden und prüft die Gesetzmäßigkeit ihrer Entscheidungen. Dass diese Institution nach wie vor gefragt ist, illustriert ihr dieser Tage dem Parlament zugeleiteter, 321 Seiten starker Jahresbericht 2010 (III-214 d.B.), der von einem Kurzbericht begleitet wird.

Erneut Zuwächse bei den eingebrachten Beschwerden

2010 wandten sich insgesamt 15.265 Menschen mit einem Anliegen an die Volksanwaltschaft, womit die konstant hohen Werte der Vorjahre erneut übertroffen werden konnten. Einen signifikanten Anstieg (um mehr als 8%) gab es außerdem bei jenen Fällen zu verzeichnen, in denen sich Personen konkret über schlechte Behandlung oder unzureichende Information durch eine Behörde beklagten: Hielt man 2009 bei einem diesbezüglichen Wert von 10.320, waren es 2010 bereits 11.198.

Dabei leitete die Volksanwaltschaft mit 6.613 Fällen um 6% mehr Prüfverfahren ein als noch im Vorjahr. Eine detaillierte Prüfung wurde bei 59,1% aller Beschwerden initiiert, bei 4.067 Fällen lag die Fragestellung hingegen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Volksanwaltschaft. Für weitere 4.585 Beschwerden zeichnete man zwar verantwortlich, doch konnte kein Missstand in der Verwaltung festgestellt werden.

4.125 Prüfverfahren im Bereich der Bundesverwaltung

2010 führte die Volksanwaltschaft im Bereich der Bundesverwaltung 4.125 Prüfverfahren durch. Dabei zielten die meisten Beschwerden (1.241) auf den Sozialbereich ab, für den Volksanwalt Peter Kostelka verantwortlich zeichnet. Auf diesen Sektor entfielen rund 30% aller eingeleiteten Prüfverfahren.

Volksanwältin Terezija Stoisits verzeichnete 2010 781 Beschwerden aus dem Bereich der inneren Sicherheit, was einem Anstieg des Beschwerdevolumens um 61% gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Hauptverantwortlich dafür sei die große Zahl fremden- und asylrechtlicher Beschwerden, die nicht nur das Innenministerium, sondern vor allem auch den Asylgerichtshof und den Unabhängigen Bundesasylsenat betreffen, heißt es im Bericht. Dabei beanstandeten die Betroffenen vor allem die Dauer von Berufungsverfahren.

An dritter Stelle rangiert der Bereich Justiz: 2010 richtete man 708 Beschwerden an die hierfür zuständige Volksanwältin Gertrude Brinek, womit ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr (2009: 756) verzeichnet werden konnte. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Beschwerden bezog sich auf Akte der unabhängigen Rechtsprechung, heißt es im Bericht.

Zusätzlich zur Einleitung neuer Prüfverfahren konnten 2010 1.336 anhängige Verfahren aus den Vorjahren erledigt werden, womit man im Berichtsjahr 7.949 Prüffälle in der Bundesverwaltung abschloss (plus 15% gegenüber 2009). Angestiegen ist allerdings auch die Missstandsquote: Lag sie 2009 bei 14,9%, erreichte sie 2010 einen Stand von 17,3%.

In 4.021 Fällen konnte kein Missstand in der Bundesverwaltung festgestellt werden, in Hinblick auf 1.141 Beschwerden bestand außerdem kein Anlass, ein Prüfverfahren einzuleiten. 1.240 weitere Fälle betrafen Fragen außerhalb des Prüfauftrags der Volksanwaltschaft. Darüber hinaus leitete man 70 amtswegige Prüfverfahren im Bereich der Bundesverwaltung ein, was einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr gleichkommt.

Landes- und Gemeindeverwaltung: Zahl der Prüffälle bleibt konstant

Mit 2.487 Prüfverfahren auf Ebene der Landes- und Gemeindeverwaltung wurde der Vergleichswert des Vorjahres (2.458) leicht überschritten. Was die Verteilung der Prüfverfahren anbelangt, wiesen erneut die bevölkerungsreichsten Bundesländer (Wien, Niederösterreich und die Steiermark) die höchsten Prüfzahlen auf. Die Entwicklung der Beschwerdezahlen folgt allerdings keinem einheitlichen Trend: Während sie in einigen Bundesländern anstiegen, waren sie in anderen rückläufig.

Was die durchgeführten Prüfverfahren anbelangt, zeigt sich eine Konzentration in den Bereichen Raumordnung und Baurecht (600 Fälle). Die Zahl der Beschwerden über Sozialhilfe und Jugendwohlfahrt, die 2009 enorm angestiegen war, blieb hingegen konstant.

Kommunikationsbilanz: 25.000 Schriftstücke, 11.000 Briefe & E-Mails

Im Berichtszeitraum kontaktierten 7.600 Personen den Auskunftsdienst der Volksanwaltschaft, weitere 15.000 Menschen wandten sich mit einem Schreiben an diese Institution. Die Korrespondenz, die MitarbeiterInnen der Volksanwaltschaft mit Menschen, die einen Missstand in der Verwaltung vermuteten, führten, umfasste mehr als 25.000 Schriftstücke, was einem Anstieg um 8% gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Außerdem wurden 11.000 Briefe und E-Mails mit Behörden auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene ausgetauscht, illustriert der Bericht die eindrucksvolle Kommunikationsbilanz der Volksanwaltschaft.

Ausgebaut wurde auch das traditionell sehr beliebte Angebot an Sprechtagen, in deren Rahmen Betroffene die Möglichkeit erhalten, sich mit ihren Anliegen direkt an eine Volksanwältin bzw. einen Volksanwalt zu wenden: 2010 boten 273 Sprechtage die Möglichkeit für rund 1.800 solcher Gespräche.

Die ORF-Sendung "Bürgeranwalt" erwies sich auch im Berichtsjahr als wichtige Plattform für die Anliegen der Volksanwaltschaft und bilanzierte laut Bericht äußerst erfreulich: So sei es gelungen, den hohen Marktanteil von 28% zu halten und durchschnittlich 317.000 ZuseherInnen pro Woche vor die Fernsehschirme zu bringen.

Im Juli 2010 ging außerdem das neue Internetportal der Volksanwaltschaft (www.volksanwaltschaft.gv.at) online. Es informiert nicht nur detailliert über die Sprechtagtermine der VolksanwältInnen, sondern ermöglicht auch die Einbringung von Beschwerden auf elektronischem Wege.

Neben dieser umfassenden Informationstätigkeit initiierte die Volksanwaltschaft im Berichtszeitraum auch eine neue Schriftenreihe und förderte den öffentlichen Diskurs über die Themen Pflegevorsorge und Einbürgerung.

(Fortsetzung Bericht Volksanwaltschaft)