Parlamentskorrespondenz Nr. 709 vom 07.07.2011

Nationalrat sorgt für mehr Transparenz im Gesellschaftsrecht

Korruptionsstaatsanwälte bearbeiten zunächst die schweren Fälle

Wien (PK) - Ein Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetzes ( 1252 d.B. ) bringt EU-Anpassungen, die Verpflichtung für alle nicht börsennotierten Gesellschaften, Namensaktien auszugeben und die Umstellung der derzeitigen Zeilengebühr bei Abfragen aus dem Grundbuch auf "Flat-Rate" erst mit 7.5.2012, statt - wie bisher vorgesehen - mit 1.10.2011. Der Beschluss folgte einstimmig.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) forderte zunächst in einem Entschließungsantrag eine Rücknahme der Erhöhung der Kopierkosten bei Gericht und nahm im weiteren Verlauf seiner Wortmeldung zum Thema Korruption Stellung. Schwere Vorwürfe erhob er im Zusammenhang mit dem Libro-Prozess, wobei er unter Hinweis auf einen "Kurier"-Artikel berichtete, drei Beschuldigte seien auf Weisung aus der Anklageschrift herausgenommen worden, obwohl die Staatsanwaltschaft gute Gründe hatte, Anklage zu erheben. Er forderte die Ministerin auf, diese "Altlast" aufzuarbeiten.

Abgeordneter Peter Michael IKRATH (V) begrüßte es, dass durch das vorliegende Gesetz eine EU-Richtlinie umgesetzt werde, und erwartete sich für die Unternehmen dadurch eine wesentliche Entlastung von den Verwaltungskosten.

Auch Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) unterstützte die Novelle aus dem Gesichtspunkt der erhöhten Transparenz und der Verwaltungsvereinfachung.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) sah die Gesetzesänderung als wesentliche Maßnahme gegen die Geldwäsche, bedauerte aber, in Österreich reagiere man immer nur dann, wenn internationaler Druck ausgeübt wird.

Bundesministern Beatrix KARL hob ebenfalls die erhöhte Transparenz bei den Aktiengesellschaften sowie die Vereinfachungen bei Umgründungen hervor und meinte, die Maßnahmen würden insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen stärken.

Die Vorlage wurde in Dritter Lesung einstimmig angenommen, der Entschließungsantrag des BZÖ fand keine Mehrheit.

Besserer Schutz für Vorratsdaten, Korruptionsstaatsanwälte widmen sich zunächst den schweren Fällen

  

Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wird der Schutz vor der missbräuchlichen Verwendung der auf diesem Weg gewonnen Informationen auf Antrag der Regierungsparteien ausgeweitet (1507/A ). Datenauskünfte dürfen von den Staatsanwaltschaften nur nach dem "Vier-Augen-Prinzip" angeordnet werden. Personen, die gespeicherte Daten unzulässig veröffentlichen, müssen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen rechnen. Diesen Beschluss fasste der Nationalrat mehrheitlich. Mehrheitlich verabschiedete der Nationalrat einen Antrag von SPÖ und ÖVP auf Änderung der Strafprozessordnung (1580/A ). Der Übergang der Zuständigkeiten auf die neu gegründete Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) soll in den Kernkompetenzen (schwere Wirtschaftsdelikte, Korruption und Bilanzfälschungen in Großunternehmen) bereits mit 1.9.2011 erfolgen. Die übrigen Zuständigkeiten sollen aus organisatorischen Gründen erst mit 1.9.2012 wirksam werden.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) unterstützte die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Korruptions-Staatsanwaltschaft, lehnte allerdings die Änderungen bei der Vorratsdatenspeicherung unter Hinweis auf die ursprüngliche Kritik seiner Fraktion ab. Alarmiert zeigte er sich zudem über Pläne der EU auf Speicherung der Fluggastdaten und warnte vor einer Einschränkung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) begrüßte hingegen die Änderungen bei der Vorratsdatenspeicherung als wichtige Begleitmaßnahme, die einen zusätzlichen Schutz bieten soll. Die Aufschiebung des Inkrafttretens von Bestimmungen hinsichtlich der Korruptions-Staatsanwaltschaft begründete er mit der Notwendigkeit, qualifiziertes Personal einzustellen.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) zeigte sich überzeugt, dass die Vorratsdatenspeicherung den Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletze. Er glaubt auch nicht, dass durch die Pauschalspeicherung von Internet- und Handy-Verbindungsdaten mehr Straftaten aufgeklärt werden können. Der vorgesehenen Strafbestimmung bei widerrechtlicher Veröffentlichung von Vorratsdaten werden die Grünen Steinhauser zufolge in Zweiter Lesung dennoch zustimmen, weil dies ein richtiger Schritt sei. Das geforderte Vier-Augen-Prinzip bei der Staatsanwaltschaft bei der Anforderung von Vorratsdaten lehnte er hingegen ab, da es richterliche Kontrolle nicht ersetzen könne. Insgesamt ortet der Abgeordnete einen gewissen Reformbedarf bei der Staatsanwaltschaft, erachtet generelle Kritik aber nicht für angebracht.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) zeigte kein Verständnis für die Kritik der Opposition an der Vorratsdatenspeicherung. Man könne nicht ignorieren, dass es eine Verpflichtung zur Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie gebe, meinte er. Sollte auf EU-Ebene eine Lockerung der Vorgaben beschlossen werden, werde Österreich das nachvollziehen. Er verwies zudem auf den nunmehr verbesserten Rechtsschutz.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) erklärte, das BZÖ werde wie die Grünen der Strafdrohung für die widerrechtliche Veröffentlichung von gespeicherten Vorratsdaten zustimmen und das Vier-Augen-Prinzip bei der Staatsanwaltschaft ablehnen. In diesem Zusammenhang übte er auch scharfe Kritik an einigen Staatsanwälten, die seiner Ansicht nach eigenmächtig agieren. Es fehle der Staatsanwaltschaft die "Selbstreinigungskraft", klagte er und forderte die Einrichtung eines ständigen Unterausschusses des Nationalrats zur Überprüfung der Tätigkeit der Staatsanwaltschaft. Was die nunmehr vorgesehene gestaffelte Kompetenzübertragung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft betrifft, hielt Stadler fest, offenbar müsse ein weiteres "verunglücktes Gesetz" adaptiert werden.

Justizministerin Beatrix KARL wies darauf hin, dass die neue Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in einem ersten Schritt für mittlere und schwere Wirtschaftskriminalitätsdelikte und Korruptionsfälle zuständig sein solle. Die anderen Zuständigkeiten sollen ihr erst mit 1. September 2012 übertragen werden. Damit wolle man vorbeugend die Handlungsfähigkeit der neuen Staatsanwaltschaft sicherstellen, selbst wenn nicht alle Planstellen rechtzeitig besetzt werden könnten.

Abgeordnete Karin HAKL (V) wies auf die Bedeutung der Vorratsdatenspeicherung für die Aufklärung von Delikten wie "Stalking" hin. Auch um "Grooming" verfolgen zu können, also die Anbahnung von Kontakten zu Minderjährigen über das Internet, müsse auf Internet-Verbindungsdaten zurückgegriffen werden können.

Abgeordnete Ruth BECHER (S) hielt fest, die personelle Situation bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bereite einiges Kopfzerbrechen. Sie hält eine gestaffelte Übertragung der Zuständigkeiten für sinnvoll, um genug Zeit zu haben, "die besten Experten" für diese Tätigkeit zu bekommen. Generell sprach sie sich dafür aus, die Rahmenbedingungen für die Arbeit von StaatsanwältInnen zu verbessern.

Abgeordneter Bernd SCHÖNEGGER (V) bekannte sich ausdrücklich zur Vorratsdatenspeicherung und hob die Notwendigkeit hervor, dem Staat die Möglichkeit zu geben, auch im Internet Spuren zu sichern. Es sei schwierig, Straftäter zur Verantwortung zu ziehen, wenn keine Spuren hinterlassen würden, meinte er.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) übte Kritik daran, dass Justizministerin Karl in ihrer Wortmeldung nicht auf die gegen die Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe eingegangen sei. Sie könne zu diesem Thema nicht einfach schweigen, bekräftigte er. Das Ansehen der Justiz habe zuletzt stark gelitten, man müsse etwas tun, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wieder zu stärken. Bei Verfehlungen von Staatsanwälten müssten Konsequenzen gezogen werden, forderte Scheibner.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) räumte ein, dass es einen Vertrauensverlust in die Justiz gebe. Seiner Ansicht nach tragen die heute vorliegenden Gesetzesanträge jedoch dazu bei, das Ansehen der Justiz wieder zu stärken. Es sei wichtig, für die Bekämpfung schwerer Wirtschaftskriminalität entsprechend ausgebildete Staatsanwälte zur Verfügung zu haben, sagte er. Weninger wandte sich außerdem gegen ungerechtfertigte Pauschalkritik der Politik an der Justiz.

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) machte geltend, dass Österreich bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung weit über die EU-Vorgaben hinausgegangen sei. Er habe dem Gesetz nur zugestimmt, weil Strafen bei der ungerechtfertigten Veröffentlichung von Vorratsdaten in Aussicht gestellt worden seien, erklärte er. Dem trage man nun Rechnung. Generell wandte sich Wittmann dagegen, aus Angst vor "imaginären Feinden" ständig neue Daten zu speichern, wobei er auch die exzessive Speicherung von Fluggastdaten kritisierte.

Justizministerin Beatrix KARL mahnte in einer zweiten Wortmeldung Respekt gegenüber der Justiz ein. Man müsse die Justiz in Ruhe arbeiten lassen, betonte sie. Sie habe nicht vor, in laufende Verfahren einzugreifen. Bei Verfehlungen gebe es selbstverständlich Konsequenzen, versicherte Karl.

Die Stellungnahme Karls provozierte eine zweite Wortmeldung von Abgeordnetem Ewald STADLER (B). Er ging auf verschiedene Fälle ein, in denen er Verfehlungen von Staatsanwälten ortet, und wies u.a. auf seiner Ansicht nach unzulässige Aussageentschlagungen zweier Staatsanwälte im Zusammenhang mit der Causa Kampusch hin.

Die Änderung im Strafgesetzbuch und im Staatsanwaltschaftsgesetz wurden in Dritter Lesung vom Nationalrat mehrheitlich verabschiedet. Auch für eine Novellierung der Strafprozessordnung sprachen sich die Abgeordneten mehrheitlich aus.

Neuer Modus bei der Rückerstattung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge

Mit den Stimmen der Regierungspartien wurde schließlich der Antrag der Abgeordneten Heribert Donnerbauer (V) und Johannes Jarolim (S) für ein Bundesgesetz zur Neuregelung der Rückerstattung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge angenommen (1389/A ).

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) wies darauf hin, dass unerwartet viele ÖsterreicherInnen die Rückerstattung jenes Betrages, den sie ursprünglich für die Entsorgung eines neuen Kühlgeräts gezahlt haben, nicht beantragt hätten. Nun sollten 24 Mio. € treuhändiges Vermögen vom Umweltforum Haushalt an den Bund fließen. Hübner kritisiert, dass das Umweltforum Haushalt mit dem vorliegenden Gesetz aus der Haftung entlassen werde, ohne zuvor die korrekte Abrechnung von bisher getätigten Rückerstattungen belegen zu müssen.

Abgeordneter Michael HAMMER (V) hielt seinem Vorredner entgegen, dass eine gesetzliche Lösung für das bestehende Problem gefunden werden müsse. Ein jahrelanger Rechtsstreit mit der betroffenen Firma habe keinen Sinn, meinte er. Hammer zufolge haben KonsumentInnen noch zehn Jahre Zeit, ihre Kühlgeräteentsorgungspickerl einzulösen, sollten sie das noch nicht getan haben.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) führte aus, im Budgetbegleitgesetz sei ursprünglich geregelt worden, dass die Gelder, die von den KonsumentInnen nicht zurückverlangt worden seien, von der Firma, die die Gelder verwaltet, zur Gänze an die Republik übertragen werden müssen. Seiner Meinung nach wäre das der richtige Weg gewesen. Die Firma habe sich aber dagegen zu wehren begonnen und von Enteignung gesprochen, obwohl das Geld den KonsumentInnen gehöre. Steinhauser versteht nicht, warum nun gerade die Summe von 24 Mio. € an den Bund fließe und der Firma ein Betrag in Millionenhöhe "geschenkt" werden solle, wobei er konkrete Zahlen vermisst.

Abgeordneter Petra BAYR (S) machte geltend, dass in Bezug auf die weitere Einlösung noch offener "Kühlschrankvignetten" und Gutscheine ein konsumentenfreundlicher Weg gefunden worden sei. Ihrer Darstellung nach können Konsumenten den bezahlten Entsorgungsbeitrag noch bis zum Jahr 2035 zurückfordern, wobei bis zum Jahr 2020 das Umweltforum Haushalt die Rückzahlung abwickeln werde. Danach übernehme das Finanzministerium die Verpflichtung. Die an den Bund nunmehr zurückgeführten 24 Mio. € sollen ihr zufolge für Klimaschutz und Umweltschutz verwendet werden.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) brachte einen Entschließungsantrag betreffend Untersuchung der Vergleichsvereinbarung und der Rückzahlungsmodalitäten ein, da er, wie er betonte, massive Zweifel daran hege, dass diese Vorgangsweise vorteilhaft sei. Hier gebe es ein evidentes Kontrolldefizit, und die konkreten Modalitäten seien ein Paradebeispiel dafür, wie man die Auslagerung hoheitlicher Aufgaben nicht vornehmen dürfe.

Bundesministerin Beatrix KARL sprach hingegen von einem rechtssicheren Transfer, der zudem die zukünftige Abwicklung der Rückzahlungsmodalitäten regle. Damit werde Rechtssicherheit geschaffen, und die Republik erspare sich langjährige Rechtsstreitigkeiten. Sodann beantwortete die Ministerin die vom Abgeordneten Steinhauser gestellten Detailfragen. Die gewählte Vorgangsweise habe zudem den Vorteil, dass die Arbeitsplätze in der OFH nicht verloren gingen, unterstrich das Regierungsmitglied abschließend.

Die Vorlage wurde mehrheitlich angenommen, der Entschließungsantrag des BZÖ erhielt keine Mehrheit. (Schluss)