Parlamentskorrespondenz Nr. 880 vom 04.10.2011

Zukunft der GAP tritt ab 12. Oktober in "heiße Phase"

Berlakovich: Es wird weniger Geld geben

Wien (PK) – Im Vorfeld des für 12. Oktober angekündigten Legislativvorschlags der Europäischen Kommission zur Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stand dieses Thema bereits heute im Rahmen einer Aktuellen Aussprache auf der Tagesordnung der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses. Bundesminister Nikolaus Berlakovich meinte, die "heiße Phase" der Diskussion werde erst mit dem 12. Oktober beginnen, fix sei derzeit nur, dass es nicht zu den ursprünglich kolportierten Kürzungen von 30% kommen werde, insgesamt werde es aber weniger Geld geben.

Soweit bisher durchgesickert ist, werde die Unterstützung der Bergbauern in der 2. Säule der GAP bleiben, teilte Berlakovich dem Ausschuss weiters mit, eine europaweit einheitliche Flächenprämie werde zudem nicht kommen. Für die österreichischen Bauern werde es in der 1. Säule ein Minus geben, dies werde von Österreich aber "hinterfragt" werden. Kritisch sah Berlakovich auch die geplanten höheren Greening-Auflagen, die seiner Meinung nach vor allem zu mehr Bürokratie führen würden. Wichtig war für den Minister überdies, dass der Bereich Ländliche Entwicklung als ein "Herzstück" für Österreich auch entsprechend ausfinanziert wird.

In der Debatte wandte sich Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) gegen Kürzungen bei den Direktzahlungen und forderte ferner mehr Geld für Österreich in der 2. Säule der GAP. Auch wollte er Klarheit hinsichtlich der Obergrenzen für Förderungen, zumal der Minister für ein Limit von 300 000 € eingetreten war.

Abgeordneter Harald Jannach (F) begrüßte die beabsichtigte Herabsetzung der Obergrenze auf 300 000 €, während Abgeordneter Kurt Gaßner (S) zu bedenken gab, dies würde an der aktuellen Situation in Österreich fast nichts ändern, und ebenso wie sein Fraktionskollege Abgeordneter Josef Muchitsch dafür eintrat, bei den Förderungen auch den Arbeitskräfteeinsatz zu berücksichtigen. Auch sollte Österreich bei etwaigen Obergrenzen seinen nationalen Spielraum nutzen, da die heimische Landwirtschaft anders strukturiert sei als etwa jene in Polen oder Spanien, argumentierte Gaßner.

Abgeordneter Gerhard Huber (B) verlangte eine Inflationsabgeltung bei den Förderungen und meinte überdies, Betriebe bis 25 000 € Förderungsmittel dürften keine Einbußen erfahren. Abgeordneter Franz Eßl (V) wiederum plädierte für eine Gleichbehandlung von Nebenerwerbs- und Vollerwerbsbetrieben.

Schweinezucht: Ferkelschutzkorb sorgt für kontroversielle Debatte

Eine durchaus kontroversiell und emotional geführte Debatte entwickelte sich zum Thema Schweinezucht, nachdem die Abgeordneten Christiane Brunner und Wolfgang Pirklhuber (beide G) Minister Berlakovich vorgeworfen hatten, eine Verordnung des Gesundheitsministers, die auf ein Verbot der Ferkelschutzkörbe hinausläuft, zu blockieren und damit gegen das Tierschutzgesetz zu verstoßen. Brunner übte heftige Kritik an der Massenhaltung von Schweinen, sprach in diesem Zusammenhang von Kastenstandshaltung und forderte Berlakovich mit Nachdruck auf, das Gesetz einzuhalten. Gegen die derzeitigen Schweinezuchtmethoden und für eine Verhandlungslösung zwischen Gesundheits- und Landwirtschaftsressort traten auch die Abgeordneten Kurt Gaßner und Ulrike Königsberger-Ludwig (beide S) ein.

Die Abgeordneten Hermann Schultes und Jakob Auer (beide V) stellten hingegen zunächst klar, dass es sich bei den kritisierten Methoden nicht um den in Österreich bereits verbotenen Kastenstand, sondern um Ferkelschutzkörbe zum Schutz der Ferkel vor Erdrückung durch die Zuchtsau handelt. Ein Verbot der Ferkelschutzkörbe, wie dies ursprünglich von Gesundheitsminister Stöger geplant war, würde die Bauern zu teuren Umbauinvestitionen zwingen, die sich viele kleinere Betriebe nicht leisten könnten. Die Verordnung Stögers würde damit die Existenz zahlreicher kleiner Schweinezüchter gefährden, das Schweinefleisch würde dann, wie Auer und Schultes argumentierten, eben nicht mehr aus Österreich, sondern aus Massenhaltungen im Ausland kommen.

Bundesminister Nikolaus Berlakovich verteidigte die Ferkelschutzkörbe und betonte, es gebe in der Schweinezucht kein alternatives System, was Abgeordnete Christiane Brunner (G) allerdings bestritt. Umbauinvestitionen würden nicht nur zum Zusperren zahlreicher in Österreich vorherrschender Kleinbetriebe führen, sondern auch das Schweinefleisch drastisch verteuern, sodass es für viele Menschen nicht mehr leistbar wäre, warnte der Minister.

Ausschussobmann Abgeordneter Fritz Grillitsch (V) hoffte auf eine Lösung, die, wie er sagte, weder die Bauern noch die Konsumenten schädigt, und bemerkte im Übrigen, wenn man ständig Belastungen und neue Auflagen vorschreibt, "dann wäre auch das österreichische Schnitzel bedroht".

Einkommen der Bauern steigen – Stand von 2007/8 noch nicht erreicht

Vor dem Hintergrund von Einkommenssteigerungen in der heimischen Land- und Forstwirtschaft um 20% im Jahr 2010 debattierten die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses heute auch über den aktuellen Grünen Bericht 2011, der einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Der Bericht wird auch im Plenum des Nationalrats zur Diskussion stehen.

Ebenfalls auf der Tagesordnung stand ein Bericht der Bundesregierung über die Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft 2012, der vor allem die Bedeutung der Direktzahlungen unterstrich und das Bekenntnis der österreichischen Agrarpolitik zur verstärkten Förderung des ländlichen Raums untermauerte. Diese Vorlage fand bei der Abstimmung jedoch lediglich die Zustimmung von SPÖ und ÖVP.

Die übrigen für heute vorgesehenen Tagesordnungspunkte wurden einstimmig vertagt, um bei einer weiteren Sitzung des Landwirtschaftsausschusses ausreichend Zeit zu haben, die darin enthaltenen Forderungen und Aspekte ausführlich zu behandeln.

Im Rahmen der Diskussion über die beiden genannten Berichte wurde seitens der Abgeordneten Walter Schopf (S), Gerhard Huber (B), Jakob Auer (V) und Hermann Gahr (V) die Steigerung der bäuerlichen Einkommen begrüßt, wobei sie einräumten, dass trotz dieser Zuwächse die Werte von 2007 und 2008 noch nicht erreicht werden konnten. Abgeordneter Gahr erkannte darin eine Trendwende, Abgeordneter Schopf hielt jedoch die aus seiner Sicht vorhandene Verteilung der Förderungen zwischen Groß- und Kleinbetrieben für unfair. Abgeordneter Maximilian Linder (F) machte darauf aufmerksam, dass die Bergbauernbetriebe in Bezug auf das Einkommen weit weniger aufgeholt haben, während Abgeordneter Harald Jannach (F) in diesem Zusammenhang kritisch bemerkte, dass die durchschnittliche Pension der Bauern und Bäuerinnen von 754 € im Monat weitaus niedriger sei als die anderer Berufsgruppen. Auf seine Frage hinsichtlich der prekären Situation der Bauernsozialversicherung bekräftigte Bundesminister Nikolaus Berlakovich, dass derzeit keine Zusammenlegung mit anderen Sozialversicherungen geplant sei. Die Gegenleistungen für die zusätzliche Arbeit der Bauern sollten nicht mehr in den Bereich der Ermessensausgaben, sondern in jenen der verpflichtenden Ausgaben fallen, forderte Abgeordneter Franz Eßl (V).

Allgemein bedauert wurde das Bauernsterben, wobei Abgeordneter Jakob Auer (V) ins Treffen führte, dass wertvolles Agrarland durch Wohn-, Schienen- und Straßenbau permanent vernichtet werde. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) meinte dazu, das Bauernsterben sei eine Folge der Wertschöpfungskette, in der die Bauern übrig blieben und einen äußerst geringen finanziellen Anteil erhielten. Abgeordneter Gerhard Huber (B) thematisierte die rückläufige landwirtschaftliche Produktion aufgrund der Witterung und stellte die Frage in den Raum, wie sich dazu wohl die Versicherungen zukünftig verhalten werden.

Den Aufnahmestopp von Biobetrieben begründete der Minister gegenüber Abgeordnetem Maximilian Linder (F) mit dem Hinweis, dass man nach derzeitigem Stand keine Sicherheit ab 2013 geben könne. Deshalb würden keine neuen Betriebe zugelassen, wer aber Flächen dazu pachte, könne dies tun.

Nachdem Abgeordnete Christiane Brunner (G) einmal mehr den Tierschutz in der Landwirtschaft eingemahnt und dazu auch Informationen über diesbezügliche gesetzte Maßnahmen im Bericht verlangt hatte, meinte Abgeordneter Jakob Auer (V), man müsse auch über den Schutz der TierhalterInnen sprechen, zumal die Betreuung und Haltung etwa von Kühen und Stieren eine nicht ungefährliche Arbeit darstellt.

Kleineren, aber sehr erfolgreichen Sparten in der Landwirtschaft widmete Abgeordneter Hermann Schultes (V) seine Wortmeldung. Die Schafhaltung entwickle sich außerordentlich gut, sagte er, hier zeige sich, wie viel Ausbildung und Qualität am Markt bringen. Österreichische Imker halten 360.000 Bienenvölker und produzierten mehr als 5.000 t Honig, unterstrich Schultes.

Kritik an der Nitrat-Belastung im Grundwasser übte Abgeordneter Kurt Gaßner (S), wobei der Landwirtschaftsminister geltend machte, dass die Belastung des Grundwassers zurückgegangen ist. Im Steigen begriffen ist jedoch die Verwendung von Pestiziden, was neben Gaßner auch die Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber und Christiane Brunner (beide G) bemängelten. Pirklhuber forderte daher den Minister auf, einen Nationalen Aktionsplan zur Reduzierung der Pestizide zu erstellen. Ein entsprechendes Pflanzenschutzmonitoring hielt Minister Berlakovich aber für eine allzu große Belastung für die Landwirtinnen und Landwirte. Pirklhuber verlangte einmal mehr eine Herkunftsbezeichnung von landwirtschaftlichen Produkten und führte die Verunsicherung der KonsumentInnen ins Treffen, da diese die Bauern nicht mehr kennen, von denen sie ihre Produkte beziehen. Als eine unnötige zusätzliche Belastung bezeichnete Pirklhuber jedoch die AMA-Kontrollen im Rahmen der Digitalisierung. (Schluss)