Parlamentskorrespondenz Nr. 981 vom 25.10.2011

Vorlagen: Justiz

Lobbygesetz soll mehr Transparenz in Interessensvertretung bringen

Mit der Vorlage des Lobbying- und Interessensvertretungs-Transparenz-Gesetzes – kurz: Lobbygesetz – will Justizministerin Beatrix Karl klare Verhältnisse für Tätigkeiten schaffen, die darauf abzielen, staatliche Entscheidungsprozesse zu beeinflussen. Reguliertes und transparentes Lobbying bewerte man grundsätzlich positiv, heißt es in den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf, der dieser Tage dem Parlament zugeleitet wurde: Auf diesem Wege könnten schließlich wichtige fachliche Beiträge in die Vorbereitung von Entscheidungen einfließen. Problematisch werde diese Art der Interessensvertretung allerdings dann, wenn es, wie derzeit in Österreich, an hinreichenden Ausübungsregeln und entsprechender Transparenz fehle – ein Makel, den man mit dem vorliegendem Entwurf beseitigen möchte.

Das geplante Lobbygesetz sieht dazu die Einrichtung eines Lobbying- und Interessensvertretungs-Registers, die Festschreibung bestimmter Mindeststandards für die Ausübung derartiger Tätigkeiten, die Etablierung einer Unvereinbarkeitsbestimmung für Funktionsträger der Gebietskörperschaften und der Gemeindeverbände sowie die Statuierung von Sanktionen und Rechtsfolgen für den Fall der Verletzung dieser Regeln vor. Der Anwendungsbereich des Gesetzes sei außerdem gegenüber dem Begutachtungsentwurf erweitert worden: Er stelle nunmehr sowohl auf die Legislative als auch auf die Vollziehung einschließlich Privatwirtschaftsverwaltung und öffentlicher Vergabe ab und könne auch die Tätigkeit der Gerichtsbarkeit umfassen, wenn dort lobbyiert werde.

Abzielen soll das Gesetz aber vor allem auf privatrechtlich tätige Personen, die der Interessenvertretung nachgehen. Den Bestimmungen unterliegen werden diesen neuen Verpflichtungen jedoch auch MitarbeiterInnen von Unternehmen, die im Auftrag ihres Dienstgebers überwiegend Lobbying-Tätigkeiten ausüben. Selbstverwaltungskörper und Interessensverbände sollen ebenfalls bestimmte Mindeststandards einzuhalten haben und einer – wenngleich auf die Grunddaten beschränkten – Registrierungspflicht unterliegen, heißt es im Entwurf. Sogenannte "Vollausnahmen" existieren für politische Parteien, die gesetzlichen Sozialversicherungsträger, den Hauptverband der Sozialversicherungsträger sowie gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften. Letztlich ausgenommen bleiben außerdem auch Interessensverbände, die keine DienstnehmerInnen als InteressensvertreterInnen beschäftigen. Nicht anzuwenden sind die Bestimmungen des Gesetzesentwurfs außerdem auf jene Fälle, in denen sich öffentliche Rechtsträger zur kollektiven Wahrnehmung und Vertretung ihrer Interessen zusammenschließen: Daher bleiben auch der Österreichische Gemeindeverband, der Städtebund, die Verbindungsstellen der Bundesländer und das Institut für Föderalismusforschung ausgenommen.

Die Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Regelungen ist allerdings keineswegs an den Firmensitz oder die österreichische Staatsbürgerschaft geknüpft: Auch ausländische Unternehmen und Lobbyisten, die einem anderen Staat angehören, unterliegen bei der Ausübung von Lobbying-Tätigkeiten gegenüber österreichischen Funktionsträgern, zu denen auch VertreterInnen der österreichischen Gebietskörperschaften in internationalen Organisationen und Gremien gezählt werden, den Regelungen des Gesetzes. Ausgenommen bleiben jedoch Angehörige und Mitglieder internationaler Einrichtungen und Organisationen, die bei ihrer Tätigkeit nicht Österreich, sondern der jeweiligen Institution verpflichtet sind, sowie Mitglieder des EU-Parlaments und ihre MitarbeiterInnen. In letzterem Falle kämen laut Entwurf schließlich die unionsrechtlich vorgesehenen Instrumente zur Anwendung.

Funktionsträger der öffentlichen Hand sollen in Hinkunft außerdem nicht mehr in ihrem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich als Lobbyisten tätig werden dürfen. Der Entwurf schließt jedoch nicht grundsätzlich aus, dass Funktionsträger als Unternehmenslobbyisten oder Interessensvertreter fungieren.

Mit dem Gesetzesentwurf verfolge man auch dezidiert keine strafrechtlichen Ziele. Anknüpfungspunkte zum Strafrecht ergeben sich aber durch die bereits existierenden strafgerichtlich zu ahnenden Korruptionstatbestände, heißt es in den Gesetzeserläuterungen.

In Kraft treten soll das diesbezügliche Gesetz mit 1. März 2012. Lobbyisten und Interessensvertretungen, die bereits vor dieser Zeit tätig waren und ihre Tätigkeit weiter fortsetzen, haben ihre Daten bis zum 31. Mai 2012 zur Eintragung bekannt zu geben.

Registrierungs- und Verhaltenspflichten als Kernstück des Entwurfs

Als eigentlichen Kern des Vorhabens bezeichnet der Entwurf die Etablierung eines elektronischen Lobbying- und Interessensvertretungs-Registers, das in wesentlichen Teilen kostenfrei und öffentlich einsehbar sein wird und der zentralen Führung durch die Justizministerin unterliegt. Für Lobbying-Unternehmen besteht fortan die Verpflichtung, ihre Grunddaten und die Namen der bei ihnen zum Zweck des Lobbying beschäftigten Personen bekanntzugeben. In einem nur eingeschränkt zugänglichen Teil des Registers sollen überdies Auftraggeber und -gegenstand für jeden einzelnen Lobbying-Auftrag ausgewiesen werden. Die Kosten, die die Registrierungsvorschriften nach sich ziehen werden, will man durch entsprechende Gebühren bestreiten.

Die diesbezüglichen Registrierungspflichten begleiten dabei auch spezifische Verhaltenspflichten. So sollen etwa die mit Lobbying bzw. Interessensvertretung befassten Personen und Rechtsträger (mit Ausnahme der Sozial- und Kollektivvertragspartner) dazu angehalten werden, gesetzliche Mindeststandards einzuhalten. In diesem Rahmen sieht man unter anderem die Verpflichtung zur Offenlegung von Aufgabe, Identität und Anliegen des Auftraggebers bei jedem Erstkontakt mit einem Funktionsträger, das Verbot des Einsatzes unlauterer Mittel zur Informationsbeschaffung sowie die Anhaltung zur Unterlassung unlauteren bzw. unangemessenen Drucks auf Funktionsträger vor. Lobbyisten haben sich außerdem über die für den jeweiligen Ansprechpartner kundgemachten Tätigkeitseinschränkungen und Unvereinbarkeitsregeln zu informieren und diese auch entsprechend zu beachten, heißt es im Gesetzesentwurf.

Überdies müssen Lobbying-Unternehmen ihren Auftraggebern eine Schätzung des für den jeweiligen Auftrag voraussichtlich gebührenden Honorars bekanntgeben und eine etwaige Überschreitung dieser Kosten unverzüglich zu melden. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars aus einem Lobbying-Auftrag ist laut den Bestimmungen des gegenständlichen Gesetzesentwurfs nichtig: Ein zugekommenes Erfolgshonorar verfällt zu Gunsten des Bundes. 

Lobbying-Unternehmen oder Unternehmen, die "In-House-Lobbyisten" beschäftigten, haben ihrer Tätigkeit außerdem einen Verhaltenskodex zugrunde zu legen und auf ebendiesen im Rahmen ihres Webauftritts besonders hinzuweisen.

Die Einhaltung der angeführten Registrierungs- und Verhaltenspflichten will man durch Verwaltungsstrafen in Höhe von bis zu 60.000 Euro und in gravierenden Fällen durch die mit einem Tätigkeitsverbot verbundene Streichung aus dem Register absichern. Außerdem sollen Verträge mit nicht registrierten Lobbying-Unternehmen sowie nicht registrierte Lobbying-Aufträge zivilrechtlich nichtig sein. (Schluss)