Parlamentskorrespondenz Nr. 306 vom 18.04.2012

Maier: Lebensmittelsicherheitsbericht deckt Vollzugsprobleme auf

Gesundheitsausschuss debattiert breite Palette an Themen

Wien (PK) – In der heutigen Sitzung des Gesundheitsausschusses standen zunächst der Lebensmittelsicherheitsbericht 2010 sowie die EU-Jahresvorschau 2012 auf der Tagesordnung. Weiters befassten sich die Ausschussmitglieder mit drei Regierungsvorlagen (Arzneibuch-, Bäderhygniene- und Epidemiegesetz) sowie zahlreichen Anträgen der Opposition. Dabei wurde eine breite Palette von Themen angesprochen, die vom Aufbau einer Hospiz-/Palliativbewegung für Kinder und Jugendliche, weiteren Ausnahmen bei der Rezeptgebührenbefreiung, der Entschädigung von Contergan-Opfern, der Ausweitung der Berufskrankheitenliste bis hin zur Problematik des Stoffes Bisphenol A in Babyschnullern reichte. 

Erstmals umfassende Darstellung über die Lebensmittelsicherheit

Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP wurde der Lebensmittelsicherheitsbericht 2010 zur Kenntnis genommen, der erstmals dem Parlament vorgelegt wurde. Bundesminister Alois Stöger sprach von einem fundierten Nachschlagewerk für alle Interessierten, das vor allem die Ergebnisse des Vollzugs des Proben- und Revisionsplanes enthalte. Der Bericht liefere eine kompakte Darstellung der österreichweit erhobenen Daten zu jenen Waren, die dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) unterliegen. Sodann ging der Ressortchef auf einige wichtige Eckdaten ein und wies unter anderem darauf hin, dass rund 78% der gezogenen Planproben keinen Grund zur Beanstandung gaben. 4,5% wurden hingegen als nicht für den menschlichen Verzehr geeignet bewertet, 0,6% sogar als gesundheitsgefährdend eingestuft. Die Beanstandungsquote lag bei 22%, wobei Kennzeichnungsmängel und irreführende Angaben am häufigsten Grund zur Kritik gaben. Der größte Anteil der als gesundheitsschädlich eingestuften Proben entstammte der Warengruppe Spielzeug (9%). Besonders hohe Beanstandungsquoten wurden bei Nahrungsergänzungsmitteln verzeichnet (39,6%) sowie bei Lebensmittelkontaktmaterialien (29,7%) und nichtalkoholischen Getränken und Säften (mit 28,9%).

Abgeordneter Johann Maier (S) gab eingangs zu bedenken, dass für den Vollzug der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen nicht der Bund, sondern die Länder zuständig sind. Er sei sehr froh, dass der erste Lebensmittelsicherheitsbericht nun vorliege, da er nicht nur sehr gut gestaltet wurde, sondern auch klar aufzeige, dass es beim Vollzug in den Ländern massive Probleme gebe. Ein weiteres Problem sei zudem, dass die von den Bezirksverwaltungsbehörden auferlegten Strafen meistens nur unter 1.000 € betragen und oft vom UVS aus formalen Gründen aufgehoben werden. Auch G-Mandatar Kurt Grünewald hielt es für unerträglich, dass der Bund Gesetze beschließt, die in den Ländern dann schlecht umgesetzt werden.

Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) wollte nähere Informationen zu den Betriebsrevisionen, während seine Fraktionskollegin Ursula Haubner die zahlreichen negativen Proben in den Bereichen Nahrungsergänzungsmittel und Spielzeug ansprach. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) vermisste nähere Informationen bezüglich gentechnisch veränderter Lebensmittel und Enzyme im Bericht.

Wolfgang Pirklhuber (G) erkundigte sich danach, warum das nationale Pestizid-Monitoring noch nicht abgeschlossen ist und wollte wissen, wie hoch die Strafen in Bezug auf die falsche Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln in der Praxis ausfallen. Sehr auffällig sei seiner Meinung nach auch die hohe Beanstandungsquote bei Nahrungsergänzungsmitteln. Außerdem stellte er ein Verlangen auf Nicht-Enderledigung des Berichts.

Der vorliegende Bericht bietet nach Auffassung von Gesundheitsminister Alois Stöger die Chance, dass die Probleme transparent werden und dadurch mehr Druck in Richtung Umsetzung der Vorgaben erzeugt werden könne. Generell hielte er die Einrichtung eines Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit für sinnvoll, aber dies entspreche nicht der österreichischen Verfassungslage. Was die konkreten Fragen angeht, so führte er u.a. aus, dass die Beanstandungen beim Spielzeug vor allem ablösbare Stoffe und verschluckbare Kleinteile betraf. Bei den Nahrungsergänzungsmitteln wurden oft irreführende gesundheitsbezogene Angaben festgestellt. Auf eine Frage des Abgeordneten Josef Riemer (F) hin erklärte der Minister, dass es manche Branchen gebe, wo mehr Kontrollen notwendig sind und dass es insgesamt zehn unterschiedliche Gruppen an risikobasierten Faktoren gibt. Abgeordnetem Pirklhuber teilte Stöger mit, dass die Vorgaben und Erfüllungsquoten des Kontrollplans auf der Homepage des Ressorts veröffentlicht werden. Die angesprochene Herkunftskennzeichnung wurde auf EU-Ebene bereits beschlossen, die Kommission habe aber nun fünf Jahre Zeit, Vorschläge zu entwickeln. Derzeit gehe man davon aus, dass die Tiere jenem Land zugerechnet werden, in dem sie gemästet wurden.

EU-Jahresvorschau: Österreich für Selbstbestimmung bei GVO-Anbau

Die vom Gesundheitsminister für das Jahr 2012 vorgelegte EU-Jahresvorschau stand ganz im Zeichen der Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise. Daher zielen die meisten der in den Anhängen zum Arbeitsprogramm der EU-Kommission angeführten Initiativen darauf ab, einen Beitrag zu einem tragfähigen Wachstum, einer hohen Erwerbsquote und einer gerechten Gesellschaft zu leisten und sind langfristig ausgerichtet. Für das Jahr 2012 werden unter anderem folgende Vorhaben angegeben: ein Maßnahmenpaket zur Innovation im Bereich Gesundheit (z.B. Revision der Medizinprodukte-Richtlinien, die Anpassung der Klassifizierung von In-vitro-Diagnostika, eine bessere Zusammenarbeit im Bereich der neuen psychoaktiven Substanzen, eine Änderung der Tabakprodukte-Richtlinie - z.B. EU-weites Verbot des Internethandels mit Tabakprodukten - sowie Vorhaben im Bereich Tier- und Pflanzengesundheit (z.B. Modernisierung und Straffung von Rechtsvorschriften, stärkere Konzentration auf Krankheitsvorbeugung, Beseitigung des Verwaltungsaufwands beim Transport von Tieren, Überarbeitung der "Kontroll-Verordnung"). Weiters werden auch schon Initiativen angeführt, die für 2013 geplant sind, wie u.a. die Überarbeitung des Basisrechts in Bezug auf die ökologische Landwirtschaft oder die Entwicklung einer EU-weit angeglichenen Regelung zur Kostenbeteiligung und gemeinsamen Verantwortung im Rahmen des neuen EU-Tiergesundheitsgesetzes.

Bundesminister Alois Stöger kam noch auf die Richtlinie in Bezug auf die Information über verschreibungspflichtige Arzneimittel zu sprechen, wo sich in der Substanz nichts geändert habe. Österreich vertrete die Auffassung, dass die Pharmaindustrie keinen direkten Zugang zu den PatientInnen haben soll, weil dies mehr schaden als nutzen würde. Über die EU-Vorschläge hinsichtlich der Preisfestsetzung von Arzneimitteln sei bereits im EU-Unterausschuss ausführlich diskutiert worden, erinnerte Stöger, und er freue sich, dass sich die Abgeordneten einhellig zu einer "Subsidiaritätsrüge" entschlossen haben.

Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) befasste sich mit den Ausnahmebestimmungen für die Anwendung der Klontechnik sowie der geplanten Einführung von "plain packaging" bei Tabakprodukten. Abgeordnete Claudia Durchschlag (V) wollte mehr über die Berufsqualifikations-Richtlinie und ihre Auswirkungen auf den Zugang zu Gesundheits- und Pflegeberufen wissen. Das Thema "psychoaktive Substanzen" sprachen sowohl Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) als auch Johann Maier (S) an, der die Auffassung vertrat, dass Österreich in diesem Bereich eine Vorreiterrolle inne habe.

Bundesminister Alois Stöger ging zunächst auf das Thema Klonen im Bereich der Lebensmittelerzeugung ein, wo Österreich wiederholt auf die Wichtigkeit und Notwendigkeit einer entsprechenden Regelung gedrängt habe. Ausnahmen sollte es nur im Bereich der Forschung geben, wo etwa Stammzellen geklont werden, um künstliche Haut herzustellen. Was das von Karlsböck angesprochene "plain packaging" angeht, so sei dies keine zentrale Priorität, vielmehr gehe es um die generelle Reduktion des Tabakkonsums. Bezüglich der Berufsqualifikations-Richtlinie, die auch eine Ausdehnung der Schulzeit von zehn auf zwölf Jahre beinhalten soll, vertrete er eine eher vorsichtige Haltung. Für ihn stehen eine gute Zugangsmöglichkeit zum Beruf, eine ausreichende Übergangszeit und eine Durchlässigkeit des Ausbildungssystems im Vordergrund. Bei den psychoaktiven Substanzen nehme Österreich mit seiner Regelung in der Tat eine Vorreiterrolle ein; man sei schon gespannt, welche Vorschläge in der EU gemacht werden. Optimistisch zeigte sich Stöger hinsichtlich der Selbstbestimmung der Mitgliedstaaten für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), da diese Forderung derzeit von 19 Ländern sowie vom Kommissionspräsidenten selbst unterstützt wird.

Der Bericht wurde sodann einstimmig zur Kenntnis genommen und gilt somit auch als enderledigt.

Arzneibuchgesetz 2012 enthält Anpassungen und Korrekturen

Das geltende Arzneibuchgesetz ist im Jahr 1980 in Kraft getreten und enthält Vorschriften, die mit den später beschlossenen arzneimittel- und apothekenrechtlichen Regelungen nicht übereinstimmen, heißt es im Vorblatt einer Regierungsvorlage. Durch das nun – einstimmig beschlossene - neue Bundesgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 – ABG 2012) kommt es einerseits zu einer materiellen und formellen Anpassung der Bestimmungen, andererseits erfolgt eine Sanierung der europarechtlich bedenklichen Vorgabe betreffend die Veröffentlichung des Europäischen Arzneibuchs und des Österreichischen Arzneibuchs. Zur Lösung dieser Problematik soll die bisher gesetzlich vorgesehene Verpflichtung des Gesundheitsministers, diese beiden Publikationen in der Österreichischen Staatsdruckerei zu verlegen, entfallen.

Abgelehnt wurde ein damit in Zusammenhang stehender F- Antrag des Abgeordneten Norbert Hofer, der befürchtet, dass durch die mit April 2011 in Kraft tretenden Bestimmungen der "Traditional Herbal Medical Product"-Richtlinie der EU massive Einschränkungen in Hinblick auf die Möglichkeit der Abgabe alternativer Heilmittel (z.B. im Rahmen der der traditionellen chinesischen Medizin) und homöopathischer Medikamente auftreten. Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) gab zu bedenken, dass die Argumente von Hofer überhaupt nicht Thema sind und es zu keinen Einschränkungen komme.

Neues Epidemiegesetz – Elektronische Dateneingabe möglich

Der – einstimmig angenommene - Entwurf einer Novelle zum Epidemiegesetz dient dazu, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, damit Ärzte und Ärztinnen sowie Krankenanstalten ihrer Meldepflicht nach diesem Bundesgesetz nicht nur in der bisher vorgesehenen schriftlichen Form, sondern auch auf elektronischem Wege durch Dateneingabe in das Register anzeigepflichtiger Krankheiten nachkommen können. Bund, Ländern, Städten und Gemeinden entstehen dadurch keine neuen Vollzugskosten, heißt es im Vorblatt, vielmehr werde es auf Grund der elektronischen Meldung direkt in das Register – je nach Nutzung dieser neuen Möglichkeit – zu einer Entlastung kommen, da die Dateneingabe bei den Bezirksverwaltungsbehörden in diesen Fällen entfallen wird.

Bundesminister Alois Stöger merkte in Richtung des Abgeordneten Andreas Karlsböck (F) an, dass gerade in Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit höchste Standards angewandt werden.

Bürgernahe Information bezüglich Qualität der Badegewässer

EU-Richtlinien machen eine Änderung des Bäderhygienegesetzes erforderlich, heißt es im Vorblatt einer entsprechenden Regierungsvorlage, die mit S-V-G-Mehrheit beschlossen wurde. Nunmehr muss der jeweils zuständige Landeshauptmann spätestens mit Beginn der Badesaison 2012 sicherstellen, dass der Öffentlichkeit während der Badesaison bestimmte Informationen an leicht zugänglicher Stelle in nächster Nähe jedes Badegewässers zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck ist es auch erforderlich, dass die vom Landeshauptmann herangezogenen Organe und/oder Sachverständigen die den Badegewässern anliegenden Grundstücke betreten und die erforderlichen Maßnahmen (wie das Aufstellen von Informationstafeln, deren Wartung, den Aushang und die Aktualisierung von Informationen) vornehmen.

Abgeordneter Johann Hechtl (S) wies noch darauf hin, dass die Informationen auch im Internet abrufbar sind und erfreulicherweise nun auch die Whirl-Pools vom Gesetz erfasst sind.

Bundesminister Alois Stöger informierte darüber, dass eine Novellierung des Bäderhygienegesetzes notwendig war, da ansonsten ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gedroht hätte. In Hinkunft müssen nun bei jeder der 268 Badestellen, die von Landeshauptleuten in einem Kataster erfasst werden, Informationstafeln aufgestellt werden. Die Einhaltung der Vorschriften werde regelmäßig überprüft und die Ergebnisse im Internet veröffentlicht. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss)