Parlamentskorrespondenz Nr. 406 vom 23.04.2015

Nationalrat diskutiert über Petitionen und Bürgerinitiativen

BürgerInnen fordern u.a. liberaleres Waffenrecht, Erdkabel für Stromleitungen, Sterbehilfe-Verbot und Faschingsdienstag als Feiertag

Wien (PK) – Letzter Tagesordnungspunkt der heutigen Nationalratssitzung war ein Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, der schließlich mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde. Damit ist die parlamentarische Beratung über einen Großteil der vorgelegten Initiativen abgeschlossen. Von den BürgerInnen unter anderem gefordert wurden ein liberaleres Waffenrecht (22/PET), die Teilverkabelung der geplanten 380kV-Leitung in Salzburg (23/PET), Änderungen im Luftfahrtgesetz zur Sicherung des Flugsports (25/PET), die Einführung einer Lehre im Pflegebereich (31/PET, 33/PET), zusätzliche Ausbildungsangebote für Holzbau in Tirol (35/PET) und die Erklärung des Faschingsdienstag zum gesetzlichen Feiertag (36/PET). Zudem machten sich Bürgerinitiativen für den Ausbau der Hospizversorgung und die verfassungsrechtliche Verankerung des Sterbehilfeverbots (48/BI) sowie eine Erhöhung und jährliche Valorisierung des Pflegegelds stark (58/BI).

Drei Initiativen leitete Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer auf Wunsch des Petitionsausschusses an die zuständigen Ausschüsse weiter. So wird sich der Justizausschuss mit einer Petition (42/PET) befassen, die darauf abzielt, Vergewaltigungen auch dann strafrechtlich zu ahnden, wenn es dem Opfer nicht gelingt, Gewaltanwendung, massive Gegenwehr oder gefährliche Drohungen nachzuweisen. Dem Wirtschaftsausschuss wurde eine Bürgerinitiative (51/BI) zugewiesen, deren Anliegen eine Verbesserung der Lehrlingsausbildung ist. Die Forderung nach einem Anti-Wegwerf-Gesetz (57/BI) wird den Umweltausschuss beschäftigen. Die UnterzeichnerInnen wollen unter anderem erreichen, dass unverkäufliche Lebensmittel vor der Entsorgung bedürftigen Menschen angeboten werden müssen.

In der Debatte nahmen die Abgeordneten nicht nur zu einzelnen Initiativen Stellung, sondern gingen auch auf den Umgang des Parlaments mit Bürgeranliegen ein. So bedauerte FPÖ-Abgeordneter Christian Höbart, dass Petitionen und Bürgerinitiativen häufig "schubladisiert" würden. Er plädierte dafür, mehr Initiativen den zuständigen Ausschüssen zuzuweisen. Kritik übte Höbart zudem daran, dass sich manche Ministerien zu viel Zeit mit vom Petitionsausschuss angeforderten Stellungnahmen lassen. Wie Ausschussvorsitzender Michael Pock (N) berichtete, gibt es aber bereits erste Reaktionen auf einen Protestbrief des Ausschusses. Betroffen sind ihm zufolge die Ministerien für Justiz, für Äußeres, für Kunst und Kultur sowie für Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung.

Die Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G) und Martina Schenk (T) orten Willkür bei der Zuweisung von Petitionen und Bürgerinitiativen an den zuständigen Fachausschuss. Konkret kritisierte Pirklhuber etwa, dass die Petition betreffend Teilverkabelung der geplanten 380kV-Leitung in Salzburg nicht dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen wurde. Andere Länder seien, was die Erdverkabelung von Stromleitungen betrifft, schon weiter als Österreich, sagte Pirklhuber und wies etwa auf eine entsprechende Gesetzesinitiative in Deutschland hin. Allgemein bedauerte er, dass Hearings im Petitionsausschuss nicht öffentlich sind.

Abgeordneter Friedrich Ofenauer (V) wies darauf hin, das zur 380kV-Leitung in Salzburg derzeit ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren bei der zuständigen Salzburger Landesbehörde laufe. Er verstehe die Sorgen der BürgerInnen, sagte er, es sei aber nicht möglich, der Behördenentscheidung auf Bundesebene vorzugreifen.

Was die Kritik der Opposition betrifft, versicherte ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr, dass der Petitionsausschuss die Anliegen der BürgerInnen sehr ernst nehme. Er und Hermann Lipitsch (S) wiesen überdies auf ein geplantes Hearing des Petitionsausschusses zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA noch vor dem Sommer hin, welches auch von Pirklhuber ausdrücklich begrüßt wurde. Zu diesem Hearing soll auch ein Vertreter der EU-Kommission eingeladen werden.

Initiative für ein liberales Waffenrecht stößt nur bedingt auf Unterstützung

Abgeordnete Schenk machte sich für ein liberales Waffenrecht stark und kritisierte, dass eine zu diesem Thema vorliegende Petition nicht an den Innenausschuss weitergeleitet wurde. Die Petition habe zwei Kernforderungen, von denen nur eine erledigt sei, skizzierte sie. Nämlich die Forderung nach einer Amnestie für jene, die eine Registrierung ihrer Jagd- bzw. Traditionswaffen verabsäumt haben. Bei der zweiten Forderung, einem leichteren Zugang zum Waffenpass, schalte das Innenministerium jedoch auf stur, klagte Schenk. Es sei mittlerweile fast unmöglich, einen solchen zu bekommen, die Behörden lehnten Anträge oft mit fadenscheinigen Gründen ab.

Gegen ein Liberalisierung des Waffenrechts wandten sich hingegen Hannes Weninger (S) und Norbert Sieber (V). Weninger ist überzeugt, dass die Gefahr für die Bevölkerung steigen würde, wären mehr Waffen im Umlauf. Er begrüßte es daher, dass die Behörden bei der Ausstellung von Waffenpässen sehr restriktiv vorgehen. Auch Sieber sieht keinen Handlungsbedarf. Es gebe grundsätzlich auch keine Notwendigkeit dafür, dass PolizistInnen zu Hause eine Waffe haben, sagte er.

Faschingsdienstag: Winter für, Rauch gegen Feiertag

Mit der Forderung, den Faschingsdienstag zum Feiertag zu erklären, beschäftigte sich Abgeordnete Susanne Winter (F). Sie bedauerte, dass über diese Initiative nicht abgestimmt wird. Sie hätte gerne ihre Zustimmung gegeben, sagte sie. Der Faschingsdienstag wäre ein Feiertag gewesen, der nicht auf Religion oder Tradition zurückzuführen ist, viele Menschen, vor allem Familien, hätten damit eine Freude gehabt, ist sie überzeugt.

Ablehnend äußerte sich hingegen Johannes Rauch (V). Er wies darauf hin, dass es bereits 13 gesetzliche Feiertage in Österreich gebe.

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (F) setzte sich mit der Petition zur Verbesserung des Strafrechts bei Vergewaltigungsdelikten auseinander. Selbstverständlich müsse ein Nein einer Frau genügen, sagte sie. Mühlberghuber fürchtet allerdings, dass ein solches Nein vor Gericht schwer zu beweisen sein wird, wenn keine Gewaltanwendung stattgefunden hat. Das Strafrecht kann ihrer Meinung nach außerdem das menschliche Zusammenleben nicht bis ins kleinste Detail regeln.

23.000 Unterschriften für verfassungsrechtliches Verbot der Sterbehilfe

Wolfgang Gerstl (V) wies darauf hin, dass die Petition "An der Hand - nicht durch die Hand eines Menschen sterben" von 23.000 Personen unterstützt wurde. Sie zielt unter anderem auf eine Ausweitung der Palliativ- und Hospizversorgung und die verfassungsrechtliche Verankerung des Sterbehilfe-Verbots ab. Man habe im Rahmen einer Enquete-Kommission intensivst über die Anliegen diskutiert und 51 Empfehlungen ausgesprochen, skizzierte Gerstl. Über eine Verankerung des Sterbehilfe-Verbots in der Verfassung habe man zwar keinen Konsens erzielen können, es werde sich am Verbot aber nichts ändern, bekräftigte er. Ulrike Königsberger-Ludwig (S) hält nun Anstrengungen für notwendig, um die Finanzierung des notwendigen Ausbaus der Palliativ- und Hospizversorgung sicherzustellen.

Auf die beiden Petitionen zum Thema Pflege ging Martina Diesner-Wais (V) ein. Sie unterstrich, dass sich in den vergangenen Jahren am Pflegesystem in Österreich sehr viel verbessert habe. Es müssten aber weiter Anstrengungen unternommen werden, damit die Pflege auch in Zukunft abgesichert sei und leistbar bleibe.

Abgeordneter Johann Hechtl (S) machte darauf aufmerksam, dass die Petition zur Verbesserung der Lehrlingsausbildung von Jugendlichen initiiert worden ist. Man müsse ständig an einer Weiterentwicklung der Lehrlingsausbildung arbeiten, hielt er zu den Forderungen fest. Auch seine Fraktionskollegen Dietmar Keck und Erwin Preiner hoben die Bedeutung der Initiative hervor. Diese zeige, dass die heutigen Jugendlichen sehr wohl motiviert und engagiert seien, sagte Preiner. Dem Wunsch von Keck, künftig zu einer früheren Tageszeit im Plenum über Bürgeranliegen zu diskutieren schloss sich auch Johannes Rauch (V) an.

Scharfe Kritik am Verkehrsministerium übte Abgeordneter Christian Hafenecker (F). Er fürchtet nach wie vor Probleme für den Flugsport durch die jüngste Luftfahrtnovelle und bemängelte, dass Kritiker übergangen worden seien.

Zum Schluss der Sitzung gab Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer bekannt, dass die Grünen den Antrag gestellt haben, die Vergabeverfahren im Bereich der Sozialversicherungsträger, einschließlich des Hauptverbands, durch den Rechnungshof prüfen zu lassen, insbesondere jene der letzten beiden Jahre. Da das Verlangen ausreichend unterstützt ist, ist es ohne gesonderten Beschluss des Nationalrats durchzuführen.

Eine weitere (71.) Nationalratssitzung diente Zuweisungen und Mitteilungen gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung. (Schluss Nationalrat) gs