Parlamentskorrespondenz Nr. 497 vom 12.05.2016

Ostermayer: Wie man mit Kunst, Kultur und Medien umgeht, ist ein Gradmesser für die Demokratie

Aktuelle Stunde im Bundesrat zum Thema "zeitgenössische Kunst"

Wien (PK) – Fern von Regierungsumbildungen und Asylgesetz sowie Kriminalität konzentrierten sich die Mitglieder des Bundesrat am Beginn ihrer Sitzung auf kulturpolitische Fragen. "Stärkung der Zeitgenössischen Kunst: Chancengleichheit, Mobilität, Vermittlung", war der Titel der Aktuellen Stunde mit Kanzleramtsminister Josef Ostermayer. Kunst und Kultur sind ein Kernelement einer aufgeklärten Gesellschaft, stellte Ostermayer eingangs fest; wie man mit Kunst und Kultur und mit den Medien umgeht, sei ein Gradmesser für die Reife einer Demokratie. Es sei daher notwendig, den kulturellen Bereich zu stärken und nicht hintenanzustellen, bekräftigte er gegenüber Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W), die kritisch eingeworfen hatte, dieses Thema sollte man angesichts der Probleme der Republik zweitrangig diskutieren.

Ostermayer: Wir brauchen Spitze und Breite

Ostermayer zeigte sich zufrieden damit, dass im letzten Budget, aber auch im künftigen Finanzrahmen, der Bereich Kunst und Kultur gut dotiert wird und sogar zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen. Dafür wurde ihm auch seitens der Bundesrätinnen und Bundesräte Anerkennung gezollt. Schwerpunktmäßig stünden Mittel für das Haus der Geschichte, das Leopold Museum und die Förderung der zeitgenössischen Kunst zur Verfügung. Ostermayer geht es bei der Kunstförderung auch um Chancengerechtigkeit. Diese betreffe nicht nur die soziale Absicherung der KünstlerInnen, sondern auch die ausreichende Dotierung sowohl der großen Häuser als auch der kleinen regionalen Kulturinitiativen. Die Förderung der zeitgenössischen Kunst ist eine staatliche Aufgabe, stellte er gegenüber Mühlwerth fest und wehrte sich gegen deren Vorwurf, man erziehe sich dadurch Staatskünstler. Dieser Ausdruck stelle eine Verunglimpfung dar, die er dezidiert zurückweisen wolle.

Als einen wesentlichen Faktor, der auch im Kunst und Kulturbereich zu beachten sei, wertete Ostermayer die Digitalisierung. Besonders am Herzen liegt ihm die Kulturvermittlung. Jede Institution müsse sich die Frage stellen, wie die Inhalte besser und verständlicher präsentiert werden können. Man müsse vermeintliche Schwellen senken, gleichzeitig aber eine Verflachung vermeiden, betonte der Minister und unterstrich: "Wir brauchen Spitze und Breite".

Vom österreichischen Buchpreis bis zu einem eigenen Fotomuseum in Wien

Die Einführung des österreichischen Buchpreises sowie einen Wettbewerb um das Thema Kunst und Integration sind für Ostermayer wichtige Initiativen. Kunst und Integration wird auch Schwerpunktthema Österreichs bei der Architekturbiennale in Venedig sein.

Dem innovativen Film schenkt der Minister ein besonderes Augenmerk, wobei in diesem Bereich die Frauen weit mehr als die Männer präsent seien. Um den Frauenanteil in der Filmbranche zu erhöhen, wird auch über die Zusammensetzung der diesbezüglichen Gremien diskutiert, reagierte Ostermayer auf zahlreiche Wortmeldungen zur Geschlechtergerechtigkeit im Kulturbereich. Im Hinblick darauf, dass es in Österreich eine Tradition und lebendige Szene in der Fotografie gibt, werde über ein Museum der Fotografie in Wien nachgedacht, informierte er die Mitglieder des Bundesrats; eine Sammlung des Bundes gibt es bereits in Salzburg.

Kulturpolitik muss auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren

Das Thema Digitalisierung und Ausbau der Kulturvermittlung wurde vor allem auch von den Bundesräten Gottfried Kneifel (V/O) und Ernst Gödl (V/St) artikuliert. Digitalisierung sei ein wesentlicher Partner und Chance für die Optimierung der Kulturpolitik, sagte Kneifel. Gesellschaftliche Veränderungen, wirtschaftliche und technische Entwicklungen verlangen nach einer Neupositionierung der Kulturpolitik auf allen staatlichen Ebenen. In diesem Zusammenhang sprach sich Kneifel auch für eine zielgerichtete Förderung der Kulturinitiativen in den Gemeinden und Regionen aus. Notwendig ist ihm zufolge die Liberalisierung und Ausgewogenheit sowie die Dezentralisierung des Kulturangebots. Großes Augenmerk sei auch dem Ausbau der Kulturvermittlung zu schenken, war er eines Sinnes mit seinem Fraktionskollegen Ernst Gödl. Dieser unterstrich – wie auch Ana Blatnik (S/K) - den Zusammenhang zwischen Kunst und Kultur einerseits und Identität andererseits, da es um die Betrachtung der Vergangenheit und die Schlüsse für die Gegenwart auch im Kulturbereich geht. Durch die Digitalisierung würden alle Lebensbereiche und das Verhalten verändert, sagte Gödl, die Entwicklung gehe weg vom Bildungsbürgertum hin zum "Geschmacksbürger", der das auswählt, was seiner persönlichen Identität am meisten entspricht.

Zeitgenössische moderne kritische Kultur kann vor allem auch im ländlichen Raum auf Widerstand stoßen, knüpfte Blatnik an Ernst Gödl an, man müsse zeitgenössische Kunst stärken. Kunst und Kultur sei mit der Identität eines Landes verbunden und stelle sowohl ein Stück der Geschichte als auch ein Stück der Gegenwart dar. Blatnik ging sowie Elisabeth Grimling (S/W) insbesondere auf die Bedeutung der Geschlechtergerechtigkeit im Kulturbereich ein und zollte Minister Ostermayr Anerkennung dafür, dass er das Genderbudgeting ernst nimmt und sich besonders für die Besserstellung von Künstlerinnen eingesetzt hat. So habe er die Stipendien für Alleinerzieherinnen erhöht. Grimling unterstrich zudem die Notwendigkeit, dass sich die Kulturpolitik mit der Veränderung der kulturellen Bedürfnisse auseinandersetzt. Dies bedeute vor allem eine interkulturelle Kompetenz.

Frauenförderung sei vor allem in der Filmbranche notwendig, hielt Nicole Schreyer (G/T) in ihrer Stellungnahme fest, da dort die Gelder noch immer nicht gendergerecht verteilt seien. Nur ein Viertel der Mittel gingen an weibliche Filmschaffende, es gebe wenig Produzentinnen und Regisseurinnen, obwohl diese international sehr erfolgreich seien. Schreyer sprach sich daher für Quoten in Entscheidungsgremien und ein Quotensystem bei der Filmförderung aus. Sie hält die Stärkung der Frauen im Filmbereich deshalb für wichtig, weil der Film gesellschaftspolitisch von Bedeutung ist.

Eine ganz andere Note brachte Monika Mühlwerth (F/W) in die Diskussion ein. Sie warf dem ORF Parteilichkeit vor und kritisierte Redakteure, ihre persönliche Meinung kundzutun. Dies sei beschämend, wie die Berichterstattung im Präsidentschaftswahlkampf zeige. Die Manipulation der Radiotests bezeichnete sie als "Sittenbild der Medienlandschaft". Grundsätzlich zeigte sich Mühlwerth mit den Plänen für das Haus der Geschichte nicht einverstanden und sprach sich für ein privates Sponsoring aus. Ihr Fraktionskollege Gerhard Dörfler (F/K) spannte den Bogen zur politischen Kultur und meinte, die Ausgrenzung einer politischen Richtung sei politische Unkultur. Als Beispiel für eine neue politische Kultur nannte er die Zusammenarbeit und Diskussionskultur zwischen ihm und Minister Ostermayer, die letztendlich zur Beilegung des Ortstafelstreits geführt hat. (Fortsetzung Bundesrat) jan


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