Parlamentskorrespondenz Nr. 825 vom 29.06.2017

Doskozil: Neuorganisation des Bundesheers soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein

Verfahrenszentren außerhalb der EU als Lösung für steigende Flüchtlingszahlen im Mittelmeer

Wien (PK) – Die Auswirkungen der Causa Eurofighter, die Umstrukturierung des Bundesheeres sowie die Eckpunkte des neuen Bundessportförderungsgesetzes standen im Mittelpunkt einer Fragestunde im Nationalrat, in der Minister Hans Peter Doskozil den Abgeordneten Rede und Antwort stand. Angesprochen auf die steigende Anzahl von Flüchtlingen, die übers Mittelmeer nach Europa kommen, trat der Minister erneut für die Abwicklung der Asylverfahren in Zentren außerhalb der EU ein. Nur auf diese Weise könne der Zustrom gestoppt werden. In humanitären Notfällen müsse aber immer die Rettung der Menschen Vorrang haben.  

Die Abgeordneten erwartet heute noch ein großes Arbeitspensum. Die bereits umfangreiche Tagesordnung musste ergänzt werden, da es eine Einigung zur Änderung des Ökostromgesetzes gibt. Weiters sollen Änträge zu den Themen Ehe für alle sowie Abschaffung des Pflegeregesses im Plenum eingebracht werden.

Doskozil steht für lückenlose Aufklärung der Eurofighter-Causa und für Kompensation des Schadens

Vom Abgeordneten Peter Pilz (G) zu den aus seiner Sicht größten Schwachpunkten in den Eurofighter-Verträgen befragt, stellte Doskozil einleitend fest, dass im Nachhinein natürlich einiges viel leichter zu beurteilen sei. Mit dem heutigen Wissensstand und basierend auf den Ergebnissen der Task Force müsse man sagen, dass mit dem Ankauf der teuren Eurofighter eine falsche Entscheidung getroffen wurde. Besonders problematisch sei die Tatsache, dass die Betriebskosten in keiner Weise berücksichtigt wurden. Aus den Airbus-Unterlagen gehe zudem hervor, dass eine Lieferung der Tranche 2 zu keiner Zeit möglich war. Er gehe davon aus, dass auch 2007 dieses "Täuschungsmoment vorhanden war". Wenn man all das gewusst hätte, wäre sicherlich auch kein Vergleichsvertag zustande gekommen. Nunmehr stehe im Vordergrund, wie man aus diesem Vertrag wieder herauskommt. Ansetzen müsse man dabei bei der Lieferunfähigkeit von Airbus sowie bei der Einpreisung von 183 Mio. €, die mit dem Kaufgegenstand nicht in Verbindung zu bringen sind. Er habe sich von Anfang an für eine lückenlose Aufklärung eingesetzt und u.a. eine Strafanzeige gegen Airbus eingebracht. Der entstandene Schaden müsse jedenfalls kompensiert werden. Im Zuge der Aufarbeitung dieser Causa habe man sich u.a. dazu entschlossen, die Beschaffungsvorgänge zu reformieren und die aktive Luftraumüberwachung neu zu definieren; ein entsprechender Bericht wird noch diese Woche vorgelegt.

Modernisierung und Anpassung der Strukturen an geänderte Sicherheitslage

Auf Fragen des Abgeordneten Otto Pendl (S) bezüglich der Umsetzung der Heeresgliederung NEU informierte der Minister darüber, dass Anfang 2017 provisorisch vier spezialisierte Kommanden (Landstreitkräfte, Luftstreitkräfte, Logistik sowie Einsatzunterstützung und Cyberdefence) eingerichtet wurden. Die dafür vorgesehenen Spitzenpositionen werden in nächster Zeit ausgeschrieben. Um die Regionalität zu stärken, wurden zudem den Militärkommanden genaue Kompetenzen zugeordnet, wie etwa die Verantwortung für den Grundwehrdienst, die Miliz und den Katastrophenschutz. Grundsätzlich sei er aber der Auffassung, dass der Strukturreform noch weitere Schritte folgen müssen. Dabei gehe es etwa um die Optimierung der inneren Abläufe oder um Fragen bezüglich der Beschaffungsvorgänge. Auch der bereits beschlossene Ausbau der Miliz wird weiter fortgesetzt; bis 2025 soll es über 32.000 Milizangehörige geben.

Abgeordnetem Nikolaus Berlakovich (V), der den Auslandseinsatz des Heeres an der ungarisch-serbischen Grenze ansprach, teilte Doskozil mit, dass es dabei auch eine Kooperation mit einer externen Rettungsorganisation gibt. Grund dafür sei vor allem, dass in diesem Bereich ein Nachholbedarf in Bezug auf die Ressourcen besteht. Der Minister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass derzeit 1.100 SoldatInnen im Auslandseinsatz und 900 – im Rahmen des Assistenzeinsatzes - im Inland tätig sind; überall dort braucht man auch ÄrztInnen und SanitäterInnen. In Hinkunft werde es auch eine Öffnung der Militärspitäler geben müssen, urteilte Doskozil, auch hier erachte er die Kooperation mit externen Partnern als den richtigen Weg.

Was die Höhe der Vergütung für Grundwehrdiener angeht, so gebe es durchaus Überlegungen, diese zu adaptieren, merkte Doskozil in Richtung des FPÖ-Mandatars Reinhard Eugen Bösch an. Dabei müsse man sich aber auch die Entschädigung für die Zivildiener mitdenken. Eine Erhöhung um 100 € im Monat würde etwa 11 Mio. € im Jahr kosten. Weitere Schritte müssen ihm zufolge auch noch bei der Entlohnung der Unteroffiziere und der Offiziere gegangen werden.  

Flüchtlingskrise im Mittelmeer: Doskozil für Verfahrenszentren außerhalb der EU

Anlässlich der Beantwortung einer Frage des Abgeordneten Rainer Hable (N) zur EU-Seeoperation "Sophia" nahm Doskozil generell zum Thema Mittelmeerroute Stellung. Die Entwicklung der letzten Tage zeige erneut, dass europäische Lösungen unabdingbar sind, sagte er. Dazu liegen auch schon klare Vorschläge auf dem Tisch, erinnerte der Minister, wie etwa die Abwicklung der Asylverfahren in Zentren außerhalb der EU. Diese müssten sich natürlich an der Genfer Flüchtlingskonvention orientieren und durch europäische BeamtInnen durchgeführt werden. Nur dadurch könnte man die lebensgefährlichen Fahrten übers Mittelmeer stoppen, war der Minister überzeugt. Sollte es humanitäre Notfälle geben, stehe aber immer die Rettung der Menschen im Vordergrund. Was die konkrete Mission "Sophia" angeht, die sowohl die Bekämpfung des Waffenschmuggels als auch den Grenzschutz zum Ziel hat, so können die Erwartungen nicht erfüllt werden, zumal Libyen derzeit kein stabiler Partner ist.

Hinsichtlich der Blockadehaltung der Türkei bezüglich der Teilnahme Österreichs an der NATO-Initiative Partnership for peace informierte der Minister Abgeordnete Claudia Durchschlag (V) darüber, dass keine laufenden Einsätze gefährdet sind. Mittel- und langfristig gesehen könne es jedoch Probleme geben. Generalsekretär Stoltenberg sei aber sehr bemüht, eine Lösung zu finden.

Sport: Durch neuen Fördermechanismus sollen mehr Veranstaltungen unterstützt werden

Im zweiten Teil der Fragestunde ging Minister Doskozil auf die Eckpunkte des neuen Bundessportförderungsgesetzes ein. Er stimmte mit Abgeordnetem Hermann Krist (S) überein, dass Inklusion und Gleichstellung im Sport sehr wichtige Themen sind, die sich nicht nur im neuen Gesetz finden werden, sondern auch gelebt werden müssen. Als Beispiel dafür führte er an, dass der Heeressport nun auch für Menschen mit Behinderung zugänglich ist. Insgesamt seien dafür 20 Planstellen vorgesehen. Leider war es noch nicht möglich, einen nachhaltigen Sportstättenplan auf den Tisch zu legen, teilte er Johannes Rauch (V) mit, eine harmonisierte Abstimmung zwischen Bund und Ländern sei aber notwendig. Zum Ernst-Happl-Stadion liegt bereits eine Studie vor; die Ergebnisse gehen seiner Meinung nach in Richtung Neubau.

Der Forderung von Abgeordnetem Dieter Brosz (G) nach Öffnung der Schulsportstätten in den Ferien konnte der Minister einiges abgewinnen. Er gab allerdings zu bedenken, dass darüber die Schulerhalter, also in der Regel die Gemeinden, entscheiden müssen.

Bezüglich der von Ulrike Weigerstorfer (T) angesprochenen Halle "Multiversum Schwechat", in der nicht mehr Tischtennis gespielt wird, sei ein Gerichtsverfahren anhängig, erklärte Doskozil. Man habe den Fall der Finanzprokuratur übergeben, die das Ressort in Sachen Rückforderung von ausbezahlten Fördergeldern vertreten wird. (Fortsetzung Nationalrat) sue